Böser Mann - Provinzkrimi
zu sehen war. Er lief vom Weg weg Richtung See und hat Herrn Strauss tot hinter einem Gebüsch gefunden. Als seine Begleiterin nachgekommen ist, hat er neben der Leiche gekniet und gekichert, so hat sich Fräulein Weber wenigstens ausgedrückt. Der Tote lag da mit heruntergezogener Hose, und Herr Menzinger hat ihm, immer noch kichernd und merkwürdig geistesabwesend, den Zapfhahn in den Hintern geschoben. Das war’s.«
Luginger fühlte sich besser. Viel besser sogar. Das waren gute Nachrichten. Für Leichenverschönerung in bekifftem Zustand gab’s Ohrfeigen, aber nicht lebenslänglich.
»Und wo soll er den Zapfhahn hergenommen haben?«, fragte er schließlich.
»Herr Strauss soll darauf gelegen haben. Wenn Sie so wollen, hat er ihn nur wenige Zentimeter bewegt, um ihn dorthin zu schaffen, wo er sich schlussendlich befand.«
»Und keine Fingerabdrücke?«
»Nichts, was wir verwerten könnten.«
»Wieso?«
»Tja, das bleibt etwas dunkel. Beide haben ausgesagt, dass Jessica Weber an dem Zapfhahn rumgewischt hat.«
»Das junge Ding?«, fragte Luginger erstaunt.
»Das Paar hatte gekifft, und sie war bedröhnt. Da mag einiges verrutschen.«
»Und dann?«, wollte Luginger wissen.
»Haben sie sich getäuscht, zum Glück, möchte ich sagen.«
»Was heißt getäuscht?«
»Sie glaubten, gesehen worden zu sein, haben Stimmen gehört und Panik geschoben. Kann sein, kann nicht sein. Wenigstens haben sie dann die Polizei verständigt, um nicht in Verdacht zu geraten.«
»Haben denn die Polizisten vor Ort nicht mitgekriegt, dass die zwei was geraucht hatten?«
»Offensichtlich nicht. Herr Menzinger hat das wohl gut unter Kontrolle, er raucht ja öfer mal was, und die junge Weber war so durcheinander, dass jeder glauben musste, sie stehe unter Schock.«
»Und jetzt lassen Sie Mike einfach laufen?«
»Ihnen sagt der Name Weber nichts, oder?«
»Nein«, erwiderte Luginger.
»Also Wolfgang Weber ist Oberstaatsanwalt in München. Zusammen mit seiner Tochter war er hier, und sie hat ihre Aussage gemacht. Alles hieb- und stichfest inklusive ärztlichem Attest, dass seine Tochter tagelang unter Schock stand und sich deshalb nur bruchstückhaft erinnern konnte.«
Luginger nickte.
»Sehen Sie, das ist ganz prima für Herrn Menzinger. Er hat nämlich nur geschwiegen, um das junge Ding nicht in Verlegenheit zu bringen. Er hat sie beschützt, vor uns, vor der Presse, vor Freunden und so weiter.«
»Ein guter Mensch, der Mike«, ergänzte Luginger.
»Das behauptet auch Herr Weber. Das Einzige, was ihn gestört
hat, ist die Kifferei, zu der Mike Menzinger seine Tochter angestiftet hat.«
Luginger suchte eine bequemere Sitzposition und schlug die Beine übereinander. Dann bemerkte er trocken: »Und Sie glauben das?«
Frau Weibel schob sich etwas Rotes in den Mund. Sie lutschte bedächtig und schwieg eine Weile.
»Na ja«, sagte sie schließlich, »wenn ich bei dem bleibe, was wichtig ist, bleibt wenig, worüber zu grübeln sich lohnt. Herr Menzinger wird kein junges Mädchen mit zum Gerolsee nehmen, um Herrn Strauss umzubringen. Mord aus Eifersucht wegen verschmähter Liebe, nachdem Britta Höpfner gar nicht mehr hier wohnt? Nimmt man zum Abstechen des Nebenbuhlers das Töchterchen des Oberstaatsanwalts mit? Irgendwie nicht. Und das Töchterchen selbst? Warum, wieso? Hinzu kommt die fehlende Tatwaffe. Bleiben die blöde Kifferei und die Unvollständigkeit der Aussagen. Dass sich Herr Menzinger nach dem Tod von Herrn Strauss zu einer dummen Aktion hat hinreißen lassen, ist sogar in Anbetracht dessen, was wir über Herrn Strauss in Erfahrung gebracht haben, so unverständlich auch nicht.«
»Und so ein Oberstaatsanwalt, der mit allen Mitteln seine Tochter schützen wird, tut ein Übriges«, ergänzte Luginger.
Frau Weibel lächelte süffisant.
»Ein Punkt bleibt allerdings widersprüchlich«, sagte sie nach einer kleinen Pause. »Jessica Weber glaubt, die davongeeilte Person könnte auch eine Frau gewesen sein, während Herr Menzinger das ausschließt. Eine Frau würde aber mehr Sinn machen. Zum Beispiel eine, die von Herrn Strauss erpresst wurde, eine der Schülerinnen, die sich prostituiert hat und nicht mehr
mitmachen wollte. Die heruntergezogene Hose, kein schlechtes Indiz für den Versuch, jemanden zu sexuellen Handlungen zu nötigen. Dann brennt der Frau die Sicherung durch, sie greift nach einem Messer, das Herr Strauss zum Grillen mitgebracht hat, und sticht zu.«
Luginger strich sich mehrmals über die
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