Böser Mann - Provinzkrimi
abzuwenden, ging Sammy auf Heider zu. »Mit oder ohne Knochen?«
Faulhuber klopfe sich auf die Schenkel und gackerte: »Gut gebrüllt, Löwe.«
Heider schaute dämlich. »Mach einfach hin, ja.«
Während Sammy in der Küche verschwand, trug Luginger leere Gläser zur Spüle. Dann nahm er Faulhubers Kippe vom Aschenbecher, drückte sie aus und sagte: »Bernie, kannst auch rausgehen zum Rauchen.«
Niemand außer Luginger nannte Faulhuber Bernie. Sie kannten sich von Kindheit an. Schule, Tischtennis, Fußball, Discos, erste Joints, nach der Bundeswehr hatten sich ihre Wege schließlich getrennt. Bernie ging nach Heidelberg und studierte, Luginger blieb zu Hause. Der eine wurde Zahnarzt, machte Kohle, heiratete eine schicke Braut aus Garmisch und zeugte bildschöne Töchter, der andere übernahm Vaters Kneipe, war meistens pleite, heiratete nie und war froh, dass er seine Kondome direkt aus dem Automaten neben dem Pinkelbecken ziehen konnte. Bernie war 52, Luginger ein Jahr jünger. Bernies Eltern hatte die Apotheke gegenüber dem Rathaus gehört, Lugingers Vater war Metzger gewesen, ehe er das Wirtshaus vom alten Garchinger übernommen hatte. Und seit Bernies Frau aus Gründen, die Luginger bis heute nicht kannte, ausgezogen war, war er Stammgast im Hammer-Eck.
Halbzeit. Gebrummel und Stühlerücken. Die einen nach draußen, die andern zum Klo.
»Gutes Spiel«, bemerkte Faulhuber.
»Stimmt«, sagte Luginger.
»Magst nicht mal die alten Flaschen da oben wegräumen? Southern Comfort trinkt doch kein Mensch mehr.«
»Moni«, rief Luginger, »magst den Southern Comfort mitnehmen? Der Bernie trinkt den nicht mehr.«
Während Moni Gläser füllte, lachte sie Richtung Zapfhahn. »Alles bleibt, wie es ist«, sagte sie. »Es gibt immer Flaschen, die brauchst nur zur Deko. Gell, Heider.«
Erika griff Heider von hinten in seine Dieter-Bohlen-Gedächtnis-Frisur. »Hat ein loses Mundwerk, die Moni«, fötete sie, während Heider ungerührt auf seinem Hocker saß und in seine Schnitzelsemmel biss.
»Beleidigen kann ich mich selbst«, zischelte er kauend.
»Tapfer«, frotzelte Faulhuber.
»Stehvermögen«, ergänzte Luginger.
»Fräulein«, hörte Luginger, »Fräulein, bitte drei Russn und drei Neger.«
Luginger sah ein Pickelgesicht mit Gel im Haar.
»Kennst den?«, fragte Moni.
Luginger schüttelte den Kopf.
»Der Neue bei der Sparkasse«, sagte Moni mehr zu sich als zu Luginger.
»Woher kennst denn den?«, fragte Erika überrascht.
»Darf ich den denn nicht kennen?«
Heider, Faulhuber und Gernot blickten abwechselnd auf Monis schnelle Hände beim Zapfen und in ihr Gesicht.
»Schaut nicht so blöd. Mit eurer Riester-Scheiße kommt ihr nicht weit.«
»Sitzt der bei den Bartsch-Zwillingen?«, fragte Luginger. »Da hinten an dem Ecktisch, da hängt doch die ganze Korona.«
»Riester-Scheiße«, knurrte Heider.
»Riester-Scheiße«, grummelte Faulhuber.
»Machst wirklich drei Neger, Moni?«, fragte Heider.
»Sammy«, rief Faulhuber Richtung Küche, »darf die Moni drei Neger machen?«
Keine Antwort. Moni lächelte und füllte Weißbier in ein Glas mit Cola.
Dann sagte sie: »Sammy wird’s verkrafen.«
Luginger nickte und beobachtete, wie die meisten Gäste zu ihren Stühlen zurückkehrten.
»Moni, Moni«, stöhnte Heider.
Sammy brachte Fleischpfanzerl aus der Küche.
»Sehen gut aus«, bemerkte Faulhuber.
Sammy zog die Schultern hoch, verschränkte die Arme und blickte zur Leinwand. Ribéry passte auf Kroos, Direktabnahme mit rechts, schöne Flugbahn, technisch einwandfei, doch wieder knapp vorbei. Sammy krümmte sich, Faulhuber schlug beide Hände vors Gesicht, und Gernots Knie zappelte hektisch unterm Barhocker.
Luginger lief an seinen Tischen vorbei und nahm Bestellungen entgegen. Ganz vorne saßen Herbert und Uschi vom Getränkemarkt, daneben der kleine Rolf mit seinem Bruder Mike. Rolf und Mike kamen immer nur zum Fußballschauen, kannten den Knast von innen und schlugen sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Uschi half aus, wenn Moni alles zu viel wurde oder Sammy für ein paar Tage verschwunden war. Seit oben an der Hauptstraße Orterer eine Filiale aufgemacht hatte, lief ihr Getränkemarkt beschissen. Herbert war Privatier. Als seine Mutter im letzten Winter gestorben war, hatte er den elterlichen Hof am Ortsrand von Leuterding verkauf, seinen Job bei Siemens geschmissen und war mit seiner 850er Guzzi quer
durch Europa gebrettert. Jetzt machte er nur noch Musik und hielt Uschi bei
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