Böser Mann - Provinzkrimi
Nasenspitze. Die Weibel’sche Version des Tathergangs überzeugte ihn nicht. Andererseits kam ihm die Wendung der Unterhaltung gerade recht. Wer über eine Frau als möglichen Mörder nachdenkt, hat nicht unbedingt Sammy im Visier.
»Was haben Sie denn auf dem Computer von Axel Strauss gefunden? «, fragte er, nachdem er aufgestanden war, um seinen Stuhl weiter in die Mitte des Zimmers zu rücken.
Frau Weibel nahm die letzte volle Wasserfasche vom Schreibtisch und trank einen großen Schluck. Dann schaute sie Luginger lange an, ehe sie antwortete: »Herr Strauss hat mit Ihrem Lokal und Ihren Gästen nichts zu tun. Herrn Strauss muss auch keiner mehr helfen. Er ist tot. Was bleibt, ist ein Mord, den wir auch ohne Sie aufklären werden.«
Luginger nickte. Dann nickte er noch einmal und noch einmal. »Ich biete Ihnen einen Deal an«, sagte er schließlich.
»Niemand kann mir einen Deal anbieten, Herr Luginger«, kam es entschieden zurück. »Und Sie schon gar nicht. Wenn Sie etwas wissen und uns vorenthalten, machen Sie sich strafbar.«
Luginger schwieg und kramte seinen Tabak aus der Hosentasche. Dann drehte er eine Zigarette. Und noch eine. Die zweite bot er der Kommissarin an.
»Danke, nein, sehr freundlich von Ihnen, aber ich habe noch nie geraucht.«
»Meine Mutter hat auch erst mit 60 angefangen. Wir rauchen
ab und an zusammen. Ihr schmeckt’s, und ich rauch gern in Gesellschaft.«
»Was wollen Sie?«
»Wir können die Tür abschließen und später die Fenster aufmachen. «
»Seien Sie nicht kindisch, ja.«
Luginger steckte sich seine Zigarette an und formte ein Blatt Papier zu einem Aschenbecher.
»Reden Sie mit meiner Mutter. Die hilf Ihnen gerne. Sie weiß was.«
»Was weiß sie? Herr Luginger hören Sie auf, einen Affen aus mir zu machen.«
»Die Schülerinnen, die Hurerei, die Zusammenhänge, sie weiß was, sagt’s mir aber nicht. Frauenkram eben.«
Frau Weibel kniff die Augen zusammen. Dann lief sie zum Fenster und riss es sperrangelweit auf. »Sie deuten an, dass Ihre Mutter Namen von Betroffenen kennt, Hintergründe, Einzelheiten. Richtig?«
Luginger nickte.
»Und was ist der Deal?«, fragte sie, als plötzlich die Tür aufging und Herr Fröhlich empört lospolterte: »Hier wird nicht geraucht.«
»Wenn’s der Wahrheitsfindung dient, Herr Kollege, gönnen wir Herrn Luginger noch einen Zug. Dann wird er sich wieder an die Regeln halten.« Frau Weibel blickte um Verständnis bittend auf Fröhlichs Tränensäcke. »Kommen Sie, Lungenkrebs durch Passivrauchen für Ermittlungsfortschritte in einer schmutzigen Sache, die unbedingt aus der Welt muss«, schob sie nach, und Luginger beobachtete, wie zum ersten Mal an diesem Morgen ein Lächeln über ihr Gesicht huschte.
Fröhlich ließ kommentarlos einige Schnellhefter auf Frau Weibels Schreibtisch fallen, hob die Hände über den Kopf, um anzudeuten, wie sehr er missbilligte, was er sah, und verschwand.
»Welcher Deal?«, wiederholte sie ihre Frage.
»Ich möchte wissen, was Sie bei Axel Strauss gefunden haben. Was war auf seinem Computer, was in seinem Zimmer, was sonst wo?«
»Ich soll Ihnen polizeiliche Ermittlungsergebnisse mitteilen? «, fragte Frau Weibel verblüfft. »Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?« Und mit wachsender Empörung fügte sie hinzu: »Sie sind übergeschnappt, völlig gaga, was geht in Ihrem Hirn eigentlich gerade vor?«
Luginger schnippte die Zigarette aus dem Fenster. »Machen Sie mal halblang, Sie erzählen mir sonst auch einiges.«
»Ich erzähle Ihnen nur, was Sie auch sonst erfahren würden«, stellte Frau Weibel energisch klar. »Was Ihnen Herr Menzinger oder das Weber-Mädchen auch erzählen würden. Nicht mehr und nicht weniger.«
Luginger stand am offenen Fenster und atmete warme Spätsommerluf.
»Müsste mal wieder regnen«, sagte er.
»Geht es Ihrer Mutter denn besser?«, fragte Frau Weibel.
»Meiner Mutter machen diese jungen, dummen Hühner mehr zu schaffen als ihr blauer Fleck«, erwiderte Luginger.
Frau Weibel stöhnte kurz, lief um den Schreibtisch, ließ ihren Bürostuhl kreisen und gab Luginger die Zigarette zurück, die er ihr gedreht hatte.
»Eine Frage«, sagte sie schließlich.
»Haben Sie irgendwas gefunden, womit Axel Strauss die
Mädchen erpressen könnte? Nacktaufnahmen, Adresslisten, so was?«
»Nein.«
»Nein?«, fragte Luginger erstaunt.
»Nein«, wiederholte Frau Weibel.
»Nein«, brummte Luginger vor sich hin. »Wie erklären Sie sich das?«, fragte er
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