Böser Mann - Provinzkrimi
gucken.
»Sagen Sie mal, Sie sind ja gar nicht bei der Sache«, bemerkte Frau Weibel.
Das junge Paar küsste wieder. Diesmal nestelten die Finger des Jungen am Mädchenrücken.
Lugingers Handy meldete sich. Eine SMS.
Ihre Mutter wird Sie anrufen. Nicht auflegen, auch wenn Sie sich wundern. Dr. Brettmann.
Was sollte das denn? Mama und Brettmann! Heilandszeiten, wusst ich’s doch. Die Spinner haben sich zusammengetan.
»Was ist?«, fragte Clara Weibel.
Brettmanns Handy, dachte Luginger. Die Nummer kenn ich nicht, und Mama hat keins.
»Also, was war das eben?«, fragte Frau Weibel erneut.
Warum kündigt Brettmann ein Telefonat an? Wenn die mich anrufen wollen, sollen sie’s machen.
»Ich habe keine Lust mehr auf Geheimnisse, Herr Luginger.«
Wie will mich Mama mit einem Handy anrufen? Sie hat noch nie eins benutzt.
»Träumen Sie?«
»Nein«, antwortete Luginger.
»Also was?«
»Lassen Sie sich überraschen.«
Frau Weibel atmete tief ein und aus. Dann zog sie ihren Sommermantel über der Brust zusammen, schlug die Beine übereinander und blickte in einen Himmel, der Wolken erkennen ließ.
»Wird regnen«, sagte sie.
Luginger nickte.
»Versuchen Sie, noch mal Mike Menzinger zu erreichen.«
Luginger drückte erneut die grüne Taste. Freizeichen und Ende. Danach legte er sein Handy zwischen sich und die Kommissarin auf die Bank.
»Sie meinen, das hilf?«, fragte sie.
Luginger nickte.
»Warum gibt’s hier eigentlich nur eine Bank?«
»War eine Spende.«
»Aha! Und für zwei Bänke hat’s nicht gereicht?«
»Genau.«
Plötzlich klingelte es.
Nichts außer Rauschen und das schwere Atmen eines Menschen.
Frau Weibel wollte etwas sagen, doch Luginger hielt entschieden
seinen Zeigefinger vor die Lippen und stellte den Lautsprecher ein.
Jetzt war eine Tür ins Schloss gefallen.
»Sie hier? Was machen Sie hier?«
Luginger erkannte die Stimme sofort.
»Ich warte auf Sie, Kindchen.«
»Ihre Mutter«, füsterte Frau Weibel überrascht.
»Ich bin nicht Ihr Kindchen.«
»Machen Sie das Licht wieder aus. Auf die Idee, dass Sie hier aufauchen, können auch andere kommen.«
»Was wollen Sie, Frau Luginger?«
»Als Sie vorhin weggerannt sind, wussten Sie noch gar nicht, was Ihr Freund Axel alles auf seinem Computer gespeichert hat.«
»Und Sie wissen das jetzt, ja?«
»Ja.«
Kurze Pause.
»Wo sind die?«, fragte Frau Weibel leiser als leise.
Luginger hob die Schultern und zeigte erneut auf seine verschlossenen Lippen.
Frau Weibels Augen glühten zornig.
»Er hat euch alle erpresst. Ihr wart zu viert. Er hat Bilder von euch gemacht, ganz viele, hundert oder mehr sogar. Sie hat er besonders oft gezeigt. Dr. Brettmann hat mir erklärt, wie das geht. Am Computer fremde nackte Körper mit bekannten Köpfen zusammenbringen. Ihr Freund Axel konnte das.«
»Wo sind die Bilder jetzt?«, hörte Luginger Britta Höpfner fragen.
»Ich bin am Computer nicht so geschickt. Ich glaub, ich hab sie alle gelöscht.«
Luginger hörte ein Kratzen, als ob Streichhölzer angezündet wurden. Frau Weibel griff sich ins graue Haar.
»So, Kindchen. Mach jetzt das Licht aus. Die Kerze reicht.«
»Was ist mit den Namen?«, fragte Britta Höpfner.
»Die wird nie jemand erfahren. Alles weg, den Jordan runter.«
Luginger hörte Schluchzen.
»Du warst ein paarmal hier. Stimmt’s? Von Madrid nach München mit dem Flugzeug. Axel hat dich gezwungen zu kommen. Er hat das aufgelistet. Die Tage und alles. Du warst auch am Montag da.«
Keine Antwort.
»Wo willst du denn jetzt hin?«, fragte Anna Luginger.
Keine Antwort. Schweigen.
»Der Mord an Axel, meinst da nicht, dass die Polizei das rauskriegt? «
Schweigen.
»Du weißt doch, wie das ist heute. Mit der ganzen Technik. Die finden irgendwas von dir. Wenn die erst mal wissen, dass du am Montag am Gerolsee warst, haben sie dich.«
»Woher wussten Sie von der Werkstatt?«, fragte Britta Höpfner.
Frau Weibel war aufgesprungen. Luginger sah, wie ihre Lippen ein gehauchtes »Wo« formten.
Er nickte.
»Axel hat viele Orte gekannt. Das ist auf seinem Computer. Herrn Geigers Garage, ein Bauwagen, eine Garage in Pötzel und die Werkstatt von Michael.«
Frau Weibel riss der Geduldsfaden. Gleich explodiert sie, dachte Luginger, als er bemerkte, wie sie mit ihren Füßen lautlos auf den Boden stampfe.
»Warum bist du eigentlich nach Madrid?«, fragte Anna Luginger.
Kurze Pause.
»Ich musste weg. Axel hat mich wahnsinnig gemacht, und meine Eltern wollten einen
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