Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
in Frankfurt am Main hatte, wurde er als Mitglied des Vorstandes geführt, war in Personalunion Programmdirektor und Geschäftsführer mehrerer Privatsender, die zum Firmenkonglomerat gehörten. Pia fand unzählige Fotos von ihm, die ihn meist mit seinem Vater bei öffentlichen Veranstaltungen, Vorträgen, Preisverleihungen oder Fernsehgalas zeigten. Über das private Leben der Materns gab das Internet überhaupt nichts her. Als echte Medienprofis wussten sie wohl gut, wie man seine Privatsphäre schützte. Das änderte sich auch nicht großartig, als Pia nur Wolfgang Materns Namen eingab. Reine Zeitverschwendung. Aus dem Krankenhaus gab es keine Neuigkeiten, Hanna Herzmann war noch immer nicht vernehmungsfähig, Kilian Rothemund blieb verschwunden und auf dem Hanauer Postamt hatte noch niemand die Post aus Prinzlers Schließfach abgeholt.
Da sie nichts Besseres zu tun hatte, durchstöberte Pia alle verfügbaren sozialen Netzwerke, aber Wolfgang Matern war weder bei XING , noch bei Facebook oder Wer kennt wen.
»Fällt dir noch irgendetwas ein, wo ich Informationen über diesen Mann finden könnte?«, fragte Pia ihren Kollegen.
»LinkedIn, 123people, yasni, cylex, firma24.de«, ratterte Kai herunter, ohne von seinem Monitor aufzublicken.
»Alles schon probiert.« Pia lehnte sich zurück und verschränkte resigniert die Arme hinter dem Kopf. »Verdammt, der Kerl war meine letzte Hoffnung. Es ist aber auch zu vertrackt. Irgendjemand muss doch wissen, woran Hanna Herzmann gearbeitet hat! Das gibt’s doch einfach nicht.«
»Hast du die Tochter schon gecheckt?«
»Ja, klar. Aber die ist auch quasi nicht existent im Internet.«
»Stayfriends«, schlug Kai vor und blickte auf. »Oh Mann, ich hab Hunger wie ein Bär. Hast du noch irgendwelche Vorräte?«
»Nee. Meine letzte Tüte Chips hast du weggefuttert. Geh dir was holen, bevor du schlechte Laune kriegst.« Pia legte ihre Finger wieder auf die Tastatur und gab die Webadresse von Stayfriends ein, die sich selbst als »Freunde-Suchmaschine« bezeichnete.
»Döner oder Burger?« Kai erhob sich von seinem Stuhl.
»Döner. Extra scharf mit doppelt Fleisch und Schafskäse«, erwiderte Pia. »Ich hab’s doch gewusst!«
»Wie bitte?«
»Ich hab gewusst, dass mit diesem Wolfgang Matern etwas faul ist!« Pia grinste triumphierend und wies auf ihren Bildschirm. »Er ist tatsächlich bei Stayfriends registriert, genau wie Hanna Herzmann. Stell dir vor, die beiden waren sogar auf derselben Schule, und der behauptet doch glatt, er würde Hanna nur flüchtig kennen! Warum tut er das?«
»Vielleicht hat er Angst, in irgendetwas reingezogen zu werden«, vermutete Kai. »Bin gleich zurück.«
Pia vertiefte sich in die Seite, klickte die Profile von Hanna Herzmann und Wolfgang Matern sowie das Klassenfoto der elften Jahrgangsstufe 1982 des Privatgymnasiums Königshofen in Niedernhausen an. Da sie kein »Goldmitglied« war, konnte sie nichts darauf erkennen, aber das spielte keine Rolle, die Verbindung war da, und Wolfgang Matern hatte Bodenstein belogen. Er kannte Hanna Herzmann länger und besser, als er behauptet hatte. Doch es kam noch besser: Hanna und er hatten an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert und waren beide Mitglieder des gleichen Ehemaligenvereins. Die nächsten anderthalb Stunden verbrachte Pia damit, Fotos von Hanna Herzmann im Internet zu durchforsten, von denen es unglücklicherweise Tausende gab. Sie aß gerade den Rest ihres mittlerweile erkalteten Döners, als sie fand, wonach sie gesucht hatte. Es war ein Foto von 1998, das in einer Illustrierten erschienen war, und es zeigte eine strahlende Hanna im Hochzeitskleid mit ihrem zweiten oder dritten Ehemann. Auf ihrer anderen Seite stand Wolfgang Matern, vor ihm Meike als mürrischer, dicklicher Teenager. Wolfgang Matern (34), Sohn von Medienmogul Hartmut Matern, enger Freund der Braut und Patenonkel ihrer Tochter Meike (11), fungierte als Trauzeuge , lautete die Bildunterschrift.
»Ha!«, machte sie, klickte das Foto an und gab einen Druckbefehl. Sie war schon jetzt äußerst gespannt auf die Erklärung des Programmdirektors von Antenne Pro. Mit dem noch warmen Ausdruck ging sie zum Büro von Bodenstein und stieß im Türrahmen beinahe mit ihm zusammen.
»Guck mal, was ich …«, begann sie, aber Bodenstein ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Der Roller von Kilian Rothemund ist am Hauptbahnhof gefunden und sichergestellt worden«, unterbrach er sie wenig höflich. »Und ein Zeuge
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