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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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diesem Kinderschänder zu tun?
    Sie klickte die Mail an und las den kurzen Text, der am Samstag um 11:43 eingegangen war.
    Hanna, warum meldest du dich nicht?!? Ist etwas passiert? Habe ich etwas gesagt oder getan, was dich verärgert hat? Bitte ruf mich an. Leider konnte ich mit Leonie nicht mehr reden, sie meldet sich auch nicht, aber ich fahre am Montag trotzdem nach A und treffe mich mit den Leuten, zu denen B den Kontakt gemacht hat. Sie sind jetzt endlich bereit, mit mir zu sprechen. Ich denke an dich! Vergiss mich nicht. K.
    Was zum Teufel hatte das denn zu bedeuten? Meike starrte ratlos auf den Bildschirm, las die Mail wieder und wieder. Ich denke an dich. Vergiss mich nicht. Was lief da zwischen Rothemund und ihrer Mutter? Zweifellos handelte es sich bei Kilian Rothemund um »K«, der den Zettel mit der Adresse dieses rabiaten Rockervereins in Langenselbold in den Briefkasten geworfen hatte, aber das ergab alles keinen Sinn. Was hatte Leonie Verges mit Kilian Rothemund und Hanna zu tun? War Hanna an einer Story über die Frankfurt Road Kings dran gewesen? Rothemund war früher Anwalt gewesen und kannte die Rocker, weil er für sie gearbeitet hatte, nur diese verlogene Therapeutin passte nicht ins Bild.
    Nachdenklich stützte Meike das Kinn in die Hand. Sollte sie Wolfgang anrufen und ihm von dieser Nachricht erzählen? Nein. Er hatte heute Morgen versprochen, sie anzurufen. Sie würde sich nicht lächerlich machen und wie ein verliebter Teenie hinter ihm her telefonieren.
    Vielleicht gab es noch mehr Mails. Normalerweise lud Hanna ihre Mails auf ihren Laptop, aber mit etwas Glück war das seit Donnerstag nicht geschehen. Meike durchforstete konzentriert alle Verzeichnisse des Computers. Ihre Mutter gehörte zu der Sorte User, die ein Horror für jeden Computerspezialisten war: Sie löschte so gut wie nie etwas und speicherte Daten nach einem System, das rein intuitiv und ohne jede Logik war. Nach einer Stunde gab Meike enttäuscht auf. Ein paar Minuten saß sie da und dachte nach. Wenn sie irgendetwas erfahren wollte, dann musste sie noch einmal mit dieser Therapeutin sprechen.
    Die Digitalanzeige am unteren Rand des Monitors zeigte 20:23 an. Noch nicht zu spät, um nach Liederbach zu fahren.
    *
    Mit fortschreitender Dämmerung verwandelte sich die hässliche Terrasse der »Main-Riviera« im Licht Hunderter bunter Lämpchen in eine groteske Illusion. Schnulzige Italo-Schlager drangen aus den Lautsprechern und gaukelten den wenigen Gästen, die sich hierher verirrt hatten, italienisches Urlaubsambiente vor. Im Gastraum an der Bar hockten die Stammgäste vom Campingplatz in Badeschlappen und Ballonseide und starrten auf einen überdimensionalen Fernseher, auf dem ein Fußballspiel übertragen wurde. Bodenstein verspürte Lust auf ein kühles Bier, außerdem knurrte sein Magen vernehmlich. Ein warmer Wind war aufgekommen, der nach Regen roch. In der Ferne zuckten Blitze, ein Donner grollte, dennoch entschied er sich für die Terrasse, setzte sich an einen der freien Tische und bestellte ein Weizenbier. Der Kellner brachte wenig später das Bier, machte einen Strich auf den Bierdeckel und hielt Bodenstein wortlos die in klebriges braunes Plastik eingeschlagene Speisekarte hin.
    »Danke, nein. Essen möchte ich nichts.« Obwohl Bodensteins Magen jämmerlich knurrte, konnte er sich nicht überwinden, etwas zu essen zu bestellen. Ein Blick auf die Teller am Nachbartisch hatte ihm den Appetit verschlagen: Riesige Schnitzel, die bis über die Tellerränder hingen, übergossen mit Sauce Hollandaise, lieblos darüber gehäuft fetttriefende Pommes und ein Salat, der den Eindruck erweckte, man habe die Randstreifen der Autobahn abgemäht und mit fertigem Dressing übergossen. Welch ein himmelweiter Unterschied zu den kunstvollen Köstlichkeiten, die Rosalie gestern gezaubert und die ihr einen hervorragenden dritten Platz beim Kochwettbewerb der Chaîne des Rôtisseurs eingebracht hatten!
    »Dann halt net.« Der Kellner zuckte die Schultern und verschwand.
    Bodenstein nahm einen Schluck von seinem Weizenbier.
    Die holländischen Kollegen hatten Kilian Rothemund in Amsterdam verpasst, falls er überhaupt im Zug gesessen hatte. Der Einzelverbindungsnachweis von Hanna Herzmanns Telefon hatte nur wenig hilfreiche Erkenntnisse gebracht, denn bei den Telefonnummern, die am häufigsten auf der Rechnung auftauchten, handelte es sich um anonyme Prepaidverträge, die sich nicht zurückverfolgen ließen. Bernd Prinzler blieb

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