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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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nach der Ansage aufgelegt worden, aber dann ertönte eine Stimme vom Band.
    »Hast du Durst, Leonie?« , sagte der Anrufer. »Du wirst noch viel mehr Durst kriegen. Wusstest du, dass Verdursten so ziemlich der schmerzhafteste Tod ist, den es gibt? Nein? Hm … Die Faustregel ist: Drei bis vier Tage ohne Wasser, und du bist tot. Aber wenn es so warm ist wie jetzt, dann geht das viel schneller.«
    Pia und Christian Kröger wechselten einen Blick.
    »Das ist ja widerlich«, sagte Pia. »Immer, wenn ich denke, ich habe schon alles gesehen, dann kommt etwas, was alles bisher Dagewesene toppt. Die Frau wurde wirklich beim Sterben beobachtet.«
    »Oder sogar gefilmt«, ergänzte Kröger. »Nennt sich Snuff-Movie, wenn in einem Film wirklich jemand umgebracht wird. Es gibt sicher genug kranke Idioten, die dafür viel Geld lockermachen.«

Dienstag, 29. Juni 2010
    Emma fand keine Ruhe mehr. Sie vermisste ihre kleine Tochter und fürchtete sich gleichzeitig vor dem Moment, wenn Louisa wieder zu Hause sein würde. Bisher hatte sie die Verantwortung für ihr Kind nie als Bürde empfunden, aber jetzt war sie zu einer geworden. Zu einer Bürde, die sie ganz allein tragen musste. Es war ihre Aufgabe, Louisa und das noch ungeborene Baby zu beschützen.
    Emma konnte nicht begreifen, weshalb Florian ihr nie von seiner Zwillingsschwester erzählt hatte. Was hatte er ihr noch verschwiegen? Wie konnte ihr Leben in Zukunft weitergehen? Sie hatte Geld gespart, und ihr Vater hatte ihr nach seinem Tod eine Eigentumswohnung in Frankfurt vermacht, von den Mieteinkünften würde sie sich eine Weile über Wasser halten können. Mitten in der Nacht hatte Emma sogar eine E-Mail an ihre frühere Chefin geschrieben und vorsichtig angefragt, ob sie nicht einen Job für sie im Innendienst hätte. Bis zum Morgengrauen surfte sie im Internet, besuchte Foren, in denen sich Frauen austauschten, deren Kinder missbraucht worden waren, las Horrorgeschichten von liebevollen Ehemännern und Vätern, die sich als Kinderschänder entpuppt hatten. In all diesen Berichten versuchte sie, Parallelen zu ihrem Leben und zu Florian zu finden. Männer, die Kinder missbrauchten, hätten oft eine traumatische Kindheit gehabt oder seien selbst Missbrauchsopfer gewesen, die Veranlagung zu Pädophilie sei auch häufig genetisch bedingt, hieß es irgendwo.
    Um halb sieben klappte Emma den Laptop zu. Erst in den letzten Stunden war ihr die ganze Tragweite des Verdachts, Florian könne Louisa missbraucht haben, wirklich bewusst geworden, und die Tatsache, dass sie dies überhaupt für möglich hielt, war die Bankrotterklärung für ihre Ehe. Nie mehr würde sie ihm vertrauen, nie mehr ein ruhiges Gefühl dabei haben, wenn er mit dem Kind allein war. Das war alles so widerlich, so krank! Und es gab niemanden, mit dem sie darüber sprechen konnte. Richtig sprechen. Die Therapeutin und auch die Frau vom Jugendamt hatten ihr zwar zugehört und Ratschläge gegeben, wie sie sich verhalten sollte, aber eigentlich wollte Emma mit jemandem reden, der Florian kannte, der sie beruhigen und ihr sagen würde, dass das alles totaler Unsinn war. Ihre Schwiegereltern fielen aus. Unmöglich, die alten Herrschaften mit einem solchen Thema zu konfrontieren, und das ein paar Tage vor Josefs großer Geburtstagsfeier!
    Da fiel ihr Corinna ein. Florians Adoptivschwester war immer ehrlich zu ihr, sie war eine Freundin geworden, und Emma schätzte ihren Rat und ihre Meinung. Vielleicht würde sie ihr etwas über die mysteriöse Zwillingsschwester erzählen können! Kurz entschlossen tippte Emma eine SMS und bat Corinna um eine Viertelstunde Zeit.
    Keine Minute später kam schon die Antwort.
    Bist ja früh auf den Beinen!  Komm doch heute Mittag um eins zu uns nach Hause. Mittagessen und Gespräch. Okay? LG C ., hatte sie geschrieben.
    Okay. Danke , simste Emma zurück. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Es widerstrebte ihr zutiefst, andere Menschen über ihren eigenen Mann auszuhorchen, aber er selbst hatte ihr mit seiner Unehrlichkeit keine andere Wahl gelassen.
    *
    »Mach bitte wieder zu. Mir ist kalt«, sagte Kathrin Fachinger gereizt, als Christian Kröger das Fenster im Besprechungsraum weit öffnete. Das Gewitter der letzten Nacht hatte ein wenig Abkühlung gebracht, angenehm kühle Luft strömte herein und vertrieb die stickige Wärme.
    »Es sind einundzwanzig Grad«, erwiderte Kröger. »Und hier drin steht die Luft.«
    »Trotzdem. Ich sitze direkt im Zug. Heute Abend hab ich ein steifes

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