Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
Kindesmissbrauch, er lebt in einem Wohnwagen auf einem heruntergekommenen Campingplatz ohne soziale Bindungen und bekam mehrfach Besuch von minderjährigen Mädchen. Es würde mich nicht wundern, wenn er nicht auch etwas mit unserer Nixe zu tun hätte.«
»Was ist sein Motiv?«, fragte Pia. »Er steht auf kleine Kinder, vergewaltigt aber eine erwachsene Frau. Und dann lässt er deren Therapeutin qualvoll sterben. Wieso?«
»Weil er krank ist«, behauptete Kathrin. »Vielleicht haben Hanna oder Leonie herausgefunden, dass er wieder rückfällig geworden ist und gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen hat. Oder sie haben erfahren, dass er ein Mädchen umgebracht hat, und er wollte verhindern, dass sie zur Polizei gehen.«
Einen Moment lang sagte niemand etwas, jeder dachte über diese Vermutung nach.
»Und Prinzler deckt ihn oder hilft ihm sogar«, ergänzte Kai. »Er ist Rothemund aus alten Zeiten verpflichtet.«
»Aber woher kannten die beiden Leonie?«, rätselte Bodenstein.
Gute Frage. Keine Antwort.
»Wenn das so ist, wie Kathrin vermutet«, gab Pia zu bedenken, »dann schwebt Hanna Herzmann in großer Gefahr. Sie ist schließlich nicht tot und kann sich erinnern.«
»Du hast recht.« Bodenstein nickte. »Sie muss ab sofort geschützt werden.«
Das Telefon auf dem Tisch klingelte. Meike Herzmann wartete unten. Gestern Abend hatte sie unter Schock gestanden und kaum ein paar zusammenhängende Sätze herausgebracht, aber sie hatte versprochen, heute aufs Kommissariat zu kommen. Kathrin ging los, um sie an der Wache abzuholen.
»Wir machen später weiter«, entschied Bodenstein. »Pia und ich reden mit der jungen Dame. Kai, Sie kümmern sich um Schutz für Hanna Herzmann, Cem, Sie und Kathrin gehen um elf zur Obduktion von Leonie Verges.«
Alle nickten, Cem und Kai standen auf und verließen den Besprechungsraum.
»Jetzt bin ich ja mal gespannt, ob sie endlich mit dem herausrückt, was sie weiß.« Pia erhob sich, schloss das Fenster und ließ die Jalousien herunter, damit der Raum sich nicht sofort wieder aufheizte.
Wenig später saß Meike Herzmann am Besprechungstisch, blass und sichtlich mitgenommen.
»Ich war letzte Nacht bei meiner Mutter«, begann sie mit leiser Stimme. »Ihr geht es immer noch ziemlich schlecht und sie kann sich an nichts erinnern. Aber … ich … ich weiß, dass es dumm von mir war, nicht eher zu Ihnen zu kommen. Mir … mir war nicht klar, wie schlimm das alles …«
Ihre Stimme zitterte, sie verstummte. Sie öffnete ihren Rucksack und holte zwei Zettel heraus.
»Das ist der Ausdruck einer E-Mail von Kilian Rothemund, die ich im Computer meiner Mutter gefunden habe«, sagte sie und schob das erste Blatt über den Tisch. »Und das hier … das ist der Zettel, den er bei meiner Mutter in den Briefkasten geworfen hat.«
Pia betrachtete das Blatt, das offenbar aus einem Notizbuch herausgerissen worden war, und las die paar Sätze.
Habe bis 1:30 gewartet , las sie. Hätte dich gerne noch gesehen. Akku vom Handy leer! Hier die Adresse, BP weiß Bescheid. Ruf mich an. K.
Sie drehte den Zettel um und las die Adresse. Dann überflog sie den Ausdruck der E-Mail.
Hanna, warum meldest du dich nicht?!? Ist etwas passiert? Habe ich etwas gesagt oder getan, was dich verärgert hat? Bitte ruf mich an. Leider konnte ich mit Leonie nicht mehr reden, sie meldet sich auch nicht, aber ich fahre am Montag trotzdem nach A und treffe mich mit den Leuten, zu denen B den Kontakt gemacht hat. Sie sind jetzt endlich bereit, mit mir zu sprechen. Ich denke an dich! Vergiss mich nicht. K.
Ihre Verärgerung über die junge Frau, die nun kleinlaut und eingeschüchtert dasaß, als habe man sie bei einer Klassenarbeit mit einem Spicker erwischt, verwandelte sich in heißen Zorn. Dieses dumme kleine Weibsstück!
»Wissen Sie, was Sie angerichtet haben, weil Sie uns diese Informationen vorenthalten haben?«, sagte sie mit mühsamer Beherrschung und schob ihrem Chef den Zettel hin. »Wir suchen seit Tagen nach Prinzler und Rothemund. Leonie Verges könnte vielleicht noch leben, wenn Sie nicht so unkooperativ gewesen wären.«
Meike Herzmann biss sich auf die Unterlippe und senkte schuldbewusst den Kopf.
»Gibt es sonst noch etwas, was Sie uns bisher verschwiegen haben?«, fragte Bodenstein. Pia hörte an dem scharfen Unterton in seiner Stimme, wie wütend auch er war. Im Gegensatz zu ihr besaß er jedoch die Fähigkeit zu eiserner Beherrschung, mit der er seine Emotionen unter Kontrolle
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