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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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sich aus, ließ die verschwitzten Kleider einfach auf den Boden fallen und betrat die Dusche. Das heiße Wasser spülte den klebrigen Schweiß von ihrer Haut und vertrieb die Gedanken an Franks schäbige Wohnung, an dessen Verzweiflung und die beängstigende Vorstellung, dass Bodenstein düstere Geheimnisse vor ihr hatte, aus ihrem Kopf.
    Christoph lag schon im Bett, als sie wenig später das Schlafzimmer betrat. Leise Musik drang aus den Lautsprechern, auf dem Nachttisch standen zwei Gläser und eine Flasche Weißwein. Pia schlüpfte zu ihm unter die Decke in seine Arme. Durch die weit geöffneten Fenstertüren des Balkons wirbelte eine feuchtkühle Brise mit dem Duft von frisch gemähtem Gras und Flieder. Die Lampe mit ihrem Papierschirm warf ein mattes, goldenes Licht auf ihre sich bewegenden Gliedmaßen und Pia genoss die Erregung und das wunderbare Lustgefühl, das Christophs Liebkosungen in ihr auslösten. Plötzlich ging die Tür auf. Eine kleine Gestalt mit wirrem blondem Haar erschien im Türrahmen. Christoph und Pia fuhren erschrocken auseinander.
    »Ich hab was Schlimmes geträumt, Opa«, sagte Lilly mit weinerlicher Stimme. »Kann ich bei euch schlafen?«
    »Verdammt«, murmelte Christoph und zog rasch die Decke über sich und Pia.
    »Opa«, kicherte Pia und lehnte ihre Stirn gegen seinen Rücken.
    »Das geht jetzt nicht, Lilly«, sagte Christoph zu seiner Enkeltochter. »Geh zurück in dein Bett. Ich komme gleich noch mal zu dir.«
    »Ihr habt ja gar nichts an«, stellte Lilly fest und kam neugierig näher. »Wollt ihr ein Baby machen?«
    Das verschlug Christoph die Sprache.
    »Mama und Daddy versuchen das auch fast jede Nacht und manchmal sogar tagsüber«, sagte Lilly altklug und setzte sich auf die Bettkante. »Aber bis jetzt hab ich noch keine Geschwister. Opa, wenn Pia ein Baby kriegt, ist das dann mein Enkel?«
    Pia presste die Hand auf den Mund, kämpfte gegen einen Lachanfall.
    »Nein«, seufzte Christoph. »Aber ehrlich gesagt kann ich mich gerade nicht auf mögliche Verwandtschaftsverhältnisse konzentrieren.«
    »Nicht so schlimm, Opa. Du bist ja auch schon alt.« Lilly legte den Kopf schief. »Aber ich darf dann mit dem Baby spielen, oder?«
    »Du darfst jetzt mal in dein Bett verschwinden«, entgegnete Christoph. Lilly gähnte und nickte, doch dann fiel ihr wieder der Alptraum ein.
    »Ich hab aber Angst, alleine nach unten zu gehen«, behauptete sie. »Kannst du mitkommen? Bitte, Opa. Ich schlaf auch ganz schnell ein.«
    »Du bist doch auch alleine hochgekommen«, sagte Christoph, aber er war schon geschlagen.
    »Geh nur«, gluckste Pia. »Ich trink ein Glas Wein, bis du zurück bist.«
    »Verräterin«, beschwerte Christoph sich. »Du torpedierst jeden Erziehungsversuch. Lilly, warte vor der Tür, ich komme sofort.«
    »Okay.« Die Kleine rutschte von der Bettkante. »Gute Nacht, Pia.«
    »Gute Nacht, Lilly«, erwiderte Pia. Als das Mädchen verschwunden war, prustete sie los. Sie lachte, bis ihr die Tränen über das Gesicht liefen.
    Christoph stand auf, schlüpfte in Unterhose und T-Shirt.
    »Dieses Kind!« Er schüttelte in gespielter Verzweiflung den Kopf. »Ich glaube, ich muss mal mit Anna über Kindererziehung sprechen.«
    Pia wälzte sich auf den Rücken und grinste.
    »Junge, komm bald wieder, bald wieder zurück«, sang sie und lachte.
    »Glaub ja nicht, dass du mir so leicht davonkommst«, sagte Christoph und grinste. »Ich bin gleich zurück. Wag es bloß nicht einzuschlafen!«

Freitag, 2. Juli 2010
    Sie hatten ihm die Augen verbunden, seine Hände waren mit Handschellen hinter dem Rücken gefesselt. Niemand sagte ein Wort während der Fahrt, die etwa eine halbe Stunde dauerte. Das Auto war kein Kleinbus wie der, mit dem man ihn vom Amsterdamer Hauptbahnhof zu dem Gebäude mit dem Kellerraum transportiert hatte. Dieses hier war ein Pkw, eine Limousine. Kein BMW oder Mercedes, dafür war die Federung zu weich. Eher etwas Britisches. Jaguar oder Bentley. Kilian Rothemund roch den leichten Duft nach Leder und Holz, er hörte das seidenweiche Schnurren eines 12-Zylinder-Motors und spürte die sanften Neigungen der Karosserie in jeder Kurve. Die Ausschaltung optischer Reize schärfte alle anderen Sinne, und Kilian konzentrierte sich auf das, was er hörte, roch und fühlte. Außer ihm waren mindestens drei andere Männer im Auto, vorne saßen zwei, ein anderer auf dem Rücksitz neben ihm. Er konnte ein teures Rasierwasser riechen, aber auch die Körperausdünstungen eines Mannes,

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