Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
Zoopädagogen gegeben.
»Und? Leben sie noch?«, erkundigte Pia sich mit einem spöttischen Unterton.
»Ja, sie sind ganz begeistert von ihr.«
»Sie werden sich wohl kaum trauen, etwas gegen die Enkeltochter vom Herrn Zoodirektor zu sagen«, behauptete Pia, die nach wie vor insgeheim der Meinung war, Lilly sei eine unerzogene Nervensäge. Eine mitunter liebenswerte zwar, aber trotzdem eine Nervensäge.
»Da kennst du die beiden aber schlecht«, erwiderte Christoph. »Wir haben schließlich keine Diktatur im Zoo.«
Die Kerze des Windlichts auf dem Tisch flackerte, drei suizidgefährdete Motten tanzten gefährlich nah um das Licht. Die vier Hunde lagen dösend auf den Basaltplatten, die die Wärme des Tages ausströmten wie eine Fußbodenheizung. Zu ihnen gesellten sich der dicke schwarze Kater und seine grau getigerte Gefährtin, die im Frühling plötzlich aufgetaucht war und seitdem den Birkenhof als ihr Zuhause ausgesucht hatte. Die Katze hielt sich etwas abseits, aber der Kater stolzierte würdevoll durch das Gewirr ausgestreckter Hundebeine und -leiber, bis er den Platz gefunden hatte, der ihm zusagte. Er rollte sich zwischen Vorderpfoten und Bauch von Simba, dem Huskymischling, zusammen. Ein Knurren drang aus der Kehle des Hundes, doch es war keine Drohung, sondern pures Wohlbehagen.
Pia lächelte beim Anblick dieser ungewöhnlichen Tierfreundschaft und spürte, wie Stress und Anspannung des Tages von ihr abfielen.
»Apropos Diktatur.« Sie nahm einen Schluck Bier. »Da haben wir heute echt den Knaller erlebt. Ein klassischer Fall von Denunziantentum in bester Stasi-Manier, und das in Glashütten.«
»Hört sich spannend an.«
»Hochnotpeinlich, vor allen Dingen.« Pia, die geglaubt hatte, nichts könne sie mehr wirklich erschüttern, war noch immer fassungslos über die abgrundtiefe Schlechtigkeit der Menschen.
»Ein altes Ehepaar aus Glashütten hat uns angerufen«, erzählte sie Christoph. »Ihre Nachbarn hätten das Mädchen, das wir im Main gefunden haben, seit einem halben Jahr in ihrem Haus versteckt gehalten und hätten es als Dienstmädchen ausgenutzt. Das arme Ding hätte erniedrigende Arbeiten verrichten müssen, auch ans Tageslicht sei es nie gekommen. Es sei so bleich wie ein Albino gewesen. Und seit ein paar Tagen sei es nun verschwunden.«
Sie schüttelte bei der Erinnerung an die Situation den Kopf.
»Die Alten haben uns wahre Horrorgeschichten erzählt. Misshandlungen, nächtliche Sexpartys, Schreie, Prügelorgien. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wollten sie den Nachbarn dann dabei beobachtet haben, wie er eine Leiche in den Kofferraum seines Autos geladen habe. Oliver hat gefragt, weshalb sie sich nicht eher bei der Polizei gemeldet hätten, und da sagten sie, sie hätten Angst, weil der Mann gewalttätig sei. Wir sind also zu dem Haus rüber und klingeln, als Verstärkung vier Kollegen von der Streife dabei. Die Frau macht uns auf, ein Kind auf dem Arm. Gott, war das peinlich!« Pia verdrehte die Augen. »Da steht meine frühere Klassenkameradin Moni vor mir, die ich erst auf dem Klassentreffen wiedergesehen hatte! Die lächelt arglos und freut sich. Ich sage dir, ich wäre am liebsten im Erdboden versunken, so habe ich mich geschämt!«
Christoph lauschte mit einer Mischung aus Belustigung und Unglaube.
»Also: Es stellte sich heraus, dass das schwedische Au-Pair-Mädchen, das wir übrigens bei bester Gesundheit angetroffen haben, eine Sonnenallergie hat und deshalb nur ungern ins Freie geht. Und es hatte tatsächlich mehrere Partys in den letzten Wochen gegeben, denn erst hatte Monis Mann Geburtstag, dann sie.«
»Und was war mit der Leiche im Kofferraum?«
»Eine Golftasche.«
»Das gibt’s doch nicht.«
»Leider doch. Moni war erst stinkwütend, dann musste sie lachen. Sie haben vor drei Jahren dort gebaut, dafür wurde das Haus von den ehemals besten Freunden der Nachbarn abgerissen, weil die in ein Altersheim gegangen sind. Und die Alten haben seitdem nichts Besseres zu tun, als nur dummes Zeug zu erzählen. Monis ältesten Sohn haben sie als Drogendealer bezeichnet, woraufhin er Ärger in der Schule bekam, und von der Tochter haben sie in der Kirche erzählt, sie ginge auf den Strich.«
»Das reicht ja aus für eine Verleumdungsklage.«
»Das hat mein Chef Moni auch geraten.« Pia konnte es noch immer nicht fassen. »Sonst kapieren diese boshaften Alten nie, was sie mit ihrem blöden Geschwätz anrichten.«
»Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben,
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