Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
gesagt.«
»Das hast du nicht umsonst gesagt«, zischte Behnke, dem dämmerte, welche Blöße er sich gegeben hatte. Er drehte sich auf dem Absatz um und marschierte davon.
»Das hätten Sie sich wirklich sparen können, Kathrin«, tadelte Bodenstein seine jüngere Kollegin scharf. »Ich will keinen unnötigen Ärger haben.«
»Tut mir leid, Chef«, antwortete Kathrin ohne jedes Bedauern. »Aber dieser Giftzwerg wird mir keinen Ärger machen. Dafür weiß ich zu viel über ihn … und über Erik Lessing.«
Diese kryptische Bemerkung ließ Bodenstein innehalten. Er hob die Augenbrauen.
»Darüber reden wir noch«, sagte er mit einem warnenden Unterton.
»Gerne.« Kathrin steckte die Hände in die Hosentaschen ihrer Jeans und schob kampfeslustig das Kinn vor. »Nichts lieber als das.«
*
»Sie war eben wütend, weil sie ihren Willen nicht bekommen hat. So was ist doch in dem Alter völlig normal, da trotzen alle Kinder hin und wieder.« Florian stand auf und stellte seine Kaffeetasse in die Spüle. »Wirklich, Emmi, ich glaube, du solltest das nicht überbewerten. Heute war sie doch wieder ganz normal, oder?«
Emma sah ihren Mann zweifelnd an.
»Ja. Ziemlich.«
»Das sind Phasen.« Florian nahm sie in die Arme. »Es ist gerade für keinen von uns einfach.«
Emma schlang ihre Arme um seine Mitte und lehnte sich an ihn. Momente der Vertrautheit wie dieser waren rar, und sie fürchtete, dass sie noch seltener werden würden, wenn erst das Baby da war.
»Wir sollten für ein paar Tage wegfahren. Nur du und Louisa und ich«, sagte er zu ihrem Erstaunen.
»Hast du denn Zeit?«
»Vier, fünf Tage werde ich schon herausschinden können.« Er ließ sie los, seine Hände lagen auf ihren Schultern. »Ich hatte seit zehn Monaten keinen Urlaub mehr, und ich war in den letzten Wochen nicht besonders nett.«
»Stimmt.« Emma lächelte.
»Es ist, weil …« Er verstummte, suchte nach den passenden Worten. »Ich weiß, dass du dich hier wohl fühlst, aber für mich ist es irgendwie … ein klaustrophobisches Gefühl, plötzlich wieder im Haus meiner Eltern zu leben.«
»Aber es ist doch nur eine vorübergehende Lösung«, sagte Emma, eigentlich gegen ihre Überzeugung.
»Siehst du das so?«
Sie las Skepsis in seinen Augen.
»Na ja, ich fühl mich hier schon ziemlich wohl«, räumte sie ein, »aber ich kann verstehen, dass es für dich komisch ist. Wenn du wieder einen Job im Ausland bekommst, können die Kinder und ich ja erst mal hierbleiben, aber wenn du in Deutschland bleibst, sollten wir uns etwas Eigenes suchen.«
Endlich erreichte das Lächeln seine Augen. Er wirkte regelrecht erleichtert.
»Danke für dein Verständnis«, sagte er und wurde wieder ernst. »In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, wie es für mich in Zukunft weitergeht, und dann können wir planen.«
Er verschwand im Schlafzimmer, um seinen Koffer zu packen, denn er musste gleich zu einer Vortragsreise in die neuen Bundesländer aufbrechen. Auch wenn er wieder für ein paar Tage weg sein würde, so war es Emma leichter ums Herz als seit Wochen. Sie legte beide Hände auf ihren Bauch.
Noch fünf Wochen, dann war das Baby da.
Florian hatte endlich zugegeben, dass er sich hier nicht wohl fühlte, nachdem er wochenlang so gut wie gar nicht mit ihr gesprochen hatte, mal abgesehen von der alltäglichen Verständigung über Kleinigkeiten.
Alles würde gut werden.
Eine halbe Stunde später verabschiedeten sie sich, und sie widerstand erfolgreich dem Drang, sich an ihn zu klammern und nicht mehr loszulassen.
»Ich ruf dich an, wenn ich angekommen bin. Okay?«
»Ja, okay. Gute Fahrt.«
»Danke. Pass auf dich auf.«
Wenig später polterte er die Holztreppe hinunter, die Haustür öffnete sich mit dem leisen Quietschen ungeölter Scharniere und fiel dann mit einem sanften Ploppen ins Schloss.
Emma stieß einen Seufzer aus, dann machte sie sich auf den Weg in die Waschküche. Vielleicht war sie einfach zu sensibel im Moment. Corinna hatte sicher recht: Für Florian war die ganze Situation schließlich auch nicht leicht. Und wenn das Baby erst da war …
Emma öffnete die Tür zur Waschküche und drehte den altmodischen Lichtschalter, bis es klackte und die Neonröhre an der Decke ansprang. Durch ein Oberlicht fiel etwas Tageslicht in den Raum, in dem Waschmaschine und Wäschetrockner standen. Wäscheleinen waren quer durch den Raum gespannt, es duftete nach Waschpulver und Weichspüler. Während sie die Wäscheberge nach dunkel,
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