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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.« Christoph stand auf. Er streckte sich und gähnte. »Das war heute ein langer Tag, und Lilly ist sicherlich morgen um sechs Uhr wieder topfit. Der Opa muss allmählich ins Bett.«
    Pia betrachtete ihn und kicherte.
    »Bitte gewöhne dir das bloß nicht an!«, warnte sie.
    »Was meinst du?«, fragte Christoph irritiert.
    »Dass du von dir selbst in der dritten Person vom ›Opa‹ sprichst. Das ist dermaßen unsexy …«
    Christoph grinste. Seine Zähne schimmerten weiß in der Dunkelheit. Er packte die Zeitschriften und Papiere zusammen, ergriff sein leeres Glas und die Rotweinflasche.
    »Wie wär’s denn damit, dass Mutti fix unter die Dusche springt und dann zum Opa ins Bett kommt?«, neckte er sie.
    »Nur, wenn ich unter deine Rheumadecke kriechen darf«, konterte Pia.
    »Nichts lieber als das«, erwiderte er und löschte die Kerze. Die Hunde sprangen auf, gähnten, schüttelten sich und trotteten ins Haus, die Katzen bevorzugten Schlafplätze im Freien.
    »Lass uns noch einmal nach Lilly schauen«, sagte Christoph.
    Sie gingen in ihr ehemaliges Schlafzimmer, das nun als Gästezimmer diente. Er legte Pia den Arm um die Schulter, und einen Moment lang betrachteten sie das friedlich schlafende Kind.
    »Sie ist wirklich nicht so übel«, sagte Christoph leise. »Sie hat dir heute übrigens ein Bild gemalt.«
    Er wies auf den Schreibtisch.
    »Ach, das ist ja süß.« Pia war gerührt, dann betrachtete sie das Bild genauer. Mit der Rührung war es schlagartig vorbei. »Hast du das Bild gesehen?«
    »Nein«, antwortete Christoph. »Sie hat ganz geheimnisvoll getan.«
    Pia hielt ihm das Blatt hin, und Christoph musste das Zimmer verlassen, weil er einen Lachanfall bekam.
    »So ein kleines Monster!«, murmelte sie.
    Das Bild zeigte eine ziemlich dicke Figur mit einem blonden Pferdeschwanz neben einem Pferd und vier Hunden und darüber stand: Für Pia, maine libe Stifoma .
    *
    Das große Hoftor war geschlossen, und Hanna brauchte einen Moment, bis sie im schwachen Schein einer Straßenlaterne die Klingel fand. Üblicherweise stand das Tor der Hofreite weit offen und gestattete jedem Vorbeikommenden einen Blick in den liebevoll gestalteten Innenhof. Leonie Verges besaß zweifellos einen grünen Daumen. Wäre sie nicht Psychotherapeutin, so hätte sie leicht einen Job als Gärtnerin bekommen können. Im Hof blühte und grünte es in verschwenderischer Fülle, Figuren standen zwischen Töpfen, Trögen und Beeten, in denen Blumen und Büsche wuchsen. An einer geschützten Stelle direkt an der Hauswand stand sogar ein Aprikosenbaum.
    Hinter dem Tor erklangen Schritte, dann wurde ein Riegel zurückgeschoben, und die kleine Pforte links im Tor öffnete sich.
    »Ah, Sie sind’s«, sagte Frau Verges mit gedämpfter Stimme.
    Erwartete sie um diese Uhrzeit etwa noch anderen Besuch? Sie streckte den Kopf hinaus und blickte an Hanna vorbei die leere Straße hinauf und hinunter.
    »Ist irgendwas passiert?« Hanna war leicht irritiert durch das seltsame Verhalten ihrer Therapeutin, die sie nur als ruhige und besonnene Frau kannte.
    »Kommen Sie rein«, erwiderte Frau Verges und verschloss die Tür hinter ihr wieder mit dem Riegel. Hannas Blick fiel auf ein gewaltiges Auto, das wie ein Schützenpanzer mitten im kopfsteingepflasterten Hof stand und den Zauber dieses friedlichen Garten Edens mit seiner bedrohlichen Monstrosität entweihte. Das Licht der Hoflampen spiegelte sich in schwarzem Lack, verdunkelten Scheiben und Chrom.
    Die Glocke der benachbarten Kirche schlug elf Mal, und ganz plötzlich hatte Hanna ein ungutes Gefühl. Sie zögerte.
    »Was …?«, begann sie, doch die Therapeutin schob sie sanft, aber bestimmt vor sich her Richtung Haustür.
    Im Haus staute sich die Hitze des Tages, es war stickig, und Hanna brach der Schweiß aus. Warum hockte Leonie Verges mit ihrem Besuch hier drin statt draußen im Hof?
    Im Flur blieb die Therapeutin stehen und ergriff Hannas Handgelenk.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, Sie in die Sache mit hineinzuziehen.« Sie flüsterte fast. Ihre dunklen Augen wirkten unnatürlich groß. »Aber die anderen sind da … nun ja … anderer Meinung.«
    Die anderen ! In Kombination mit dem geschlossenen Hoftor, diesem schwarzen Monsterauto und Frau Verges’ eigenartigem Benehmen klang das beinahe so, als ob im Haus irgendein Geheimbund darauf wartete, sie mit einem abstoßenden Initiationsritus in seiner Mitte aufzunehmen.
    »Leonie,

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