Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
hat sie heute Morgen schwer verletzt und bewusstlos im Kofferraum ihres Autos gefunden. Und der Nachbar Ihrer Frau hat uns eben erzählt, dass Sie gestern am Haus gewesen sind.«
*
Markus Maria Frey hatte den schicken Zwirn gegen Jeans und ein Schul-T-Shirt getauscht und stand mit zwei anderen Vätern am Gasgrill. Er hatte sich die ganze Woche schon auf das Schulfest gefreut. Trotz seines straffen Terminkalenders nahm er sich immer Zeit für seine Kinder, er war der Vorsitzende des Schulelternbeirats und hatte das Fest maßgeblich mit organisiert. Alle Erlöse aus dem Verkauf von Essen und Getränken und sämtliche Spenden sollten dem Neubau der Schulbibliothek zugutekommen. Die Schlange vor dem Grill wollte nicht abreißen. So schnell konnten sie kaum Grillgut nachlegen, wie es ihnen aus den Händen gerissen wurde. Die Königsteiner waren großzügig und spendierfreudig, wenn es um einen wohltätigen Zweck ging, und in der Schulelternschaft hatte man beschlossen, die eingenommene Summe aufzurunden.
Das Wetter spielte mit, die Stimmung war ausgelassen und fröhlich.
Frey blieb am Grill, bis seine Ablösung kam, danach war er als Schiedsrichter und Helfer bei den Wettbewerben am Sportplatz eingeteilt. Sackhüpfen, Schubkarrenrennen, Apfeltauchen, Tauziehen. Die Kinder und ihre Eltern hatten einen Heidenspaß, und Markus Maria Frey machte es mindestens genauso viel Spaß, dabei zuzusehen. Wie eifrig und konzentriert die Kleinen waren! Rote Backen, leuchtende Augen, fröhliches Kinderlachen – was gab es Schöneres? Sie drängten sich um ihn, wenn die Siegerehrung stattfand, aber er hatte auch für die Kinder, die verloren hatten, Trostpreise und aufmunternde Worte. Kinder gaben dem Leben erst einen Sinn.
Der Nachmittag verflog im Nu. Hier galt es Tränen der Enttäuschung zu trocknen, dort ein Pflaster auf ein aufgeschlagenes Knie zu kleben oder einen Streit zu schlichten.
»Also, wenn es Ihnen mal in der Staatsanwaltschaft langweilig wird, dann sind Sie bei uns in der Kita jederzeit herzlich willkommen«, sagte jemand hinter ihm. Frey wandte sich um und blickte in das lächelnde Gesicht von Frau Schirrmacher, der Leiterin des städtischen Kinderhorts.
»Hallo, Frau Schirrmacher.« Er lächelte auch.
»Danke!«, zwitscherte die Kleine, der er gerade einen Zopf neu geflochten hatte und hüpfte davon.
»Die Kinder hängen ja an Ihnen wie die Kletten.«
»Ja, das stimmt.« Er blickte dem Mädchen nach, das sich wieder mit Begeisterung in das Getümmel auf der Hüpfburg stürzte. »Es macht mir einfach Freude und ist eine echte Entspannung für mich.«
»Ich wollte Sie noch einmal wegen der Schirmherrschaft für unser Theaterprojekt ansprechen«, sagte Frau Schirrmacher. »Ich hatte Ihnen deshalb schon eine E-Mail geschrieben, vielleicht erinnern Sie sich.«
Frey schätzte die engagierte Erzieherin sehr. Sie setzte sich mit Phantasie und viel Elan für die ihr anvertrauten Kinder ein, die zum Teil aus Problemfamilien kamen, und musste ständig gegen das schrumpfende Budget der knappen Gemeindekasse kämpfen.
»Selbstverständlich erinnere ich mich. Ich habe schon mit Herrn Wiesner von der Finkbeiner-Stiftung darüber gesprochen.«
Sie schlenderten über die Wiese hinüber zu den Zelten, wo noch immer eine Schlange am Getränke- und Grillstand wartete.
»Normalerweise unterstützen wir keine externen Projekte, aber in diesem Fall haben wir beschlossen, eine Ausnahme zu machen«, fuhr Frey fort. »Es ist ein sehr ambitioniertes Projekt, von dem auch Kinder aus sozial schwächeren Familien profitieren. Sie können mich also einplanen. Und dazu eine Spende in Höhe von fünftausend Euro.«
»Ach, das ist ja großartig! Vielen, vielen Dank!« Frau Schirrmacher bekam feuchte Augen und drückte ihm in ihrer Begeisterung einen Kuss auf die Wange. »Wir haben schon befürchtet, wir müssten die ganze Sache sein lassen, weil uns die Mittel fehlen.«
Markus Maria Frey lächelte ein wenig verlegen. Es war ihm immer peinlich, wegen einer solchen Kleinigkeit so gefeiert zu werden.
»Papa?« Jerome, sein ältester Sohn, kam atemlos angerannt, in der Hand ein Handy. »Das hat schon ein paar Mal geklingelt. Du hattest es vorne am Grillstand liegenlassen.«
»Danke, mein Großer.« Er nahm sein Handy entgegen und fuhr seinem Sohn über das zerzauste Haar. Prompt klingelte das Telefon wieder.
»Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte Frey, als er den Namen im Display las. »Da muss ich leider
Weitere Kostenlose Bücher