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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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ein Bild klar.«
    Sie standen geschlossen auf und folgten ihm. Jetzt würden sie sehen, wie Lamar Jennings aussah.
     
    Kommissar Jan–Olov Hultin sah skeptisch aus. »Hau ab?« sagte er. »Mach, daß du wegkommst?«
    »Das hat er gesagt«, sagte Viggo Norlander.
    Er lag in einem Krankenbett im Karolinen–Krankenhaus. Eine große Kompresse war gegen die Wunde im Nacken gepreßt, und man hatte ihm ein bizarres Nachtgewand angezogen. Er fühlte sich immer noch ein wenig groggy.
    »Er hat also Schwedisch gesprochen?« versuchte Hultin es pädagogisch und beugte sich zu dem aufs neue geschlagenen Helden hinunter.
    »Ja«, sagte Norlander schläfrig.
    »Und sonst erinnerst du dich an nichts?«
    »Er war ganz in Schwarz. Gesichtsmaske. Er hat keinen einzigen Millimeter gezittert, als er mit der Pistole auf mich zielte. Er muß absichtlich danebengezielt haben, als er schoß. Dann ist er in einem großen Wagen abgehauen, möglicherweise Jeep, möglicherweise braun.«
    »Es handelt sich um einen wahnsinnigen Serienmörder mit massenhaft Leben auf dem Gewissen. Und geschossen hat er auch schon mal. Warum hat er dich nicht getötet?«
    »Danke für deine Unterstützung in schwerer Zeit«, sagte Norlander und sackte weg.
    Hultin stand auf und trat an das zweite Bett des Krankenzimmers. Da lag noch ein geschlagener Held. Die beiden Muskelpakete waren von ein und demselben Mann außer Gefecht gesetzt worden; nicht gerade ein Grund zum Jubeln.
    Gunnar Nybergs Verband war von der umfangreicheren Sorte. Sein Nasenbein war an drei Stellen gebrochen; er fand es unglaublich, daß ein so kleiner Knochen an so vielen Stellen brechen konnte. Aber am meisten schmerzte die Seele. Er wußte, daß er nie, wie sehr er es auch versuchen würde, das Schreckensbild von Benny Lundberg aus seinem Bewußtsein verdrängen konnte. Er würde vermutlich mit dem Bild auf der Netzhaut sterben.
    »Wie geht es ihm?« fragte er.
    Hultin setzte sich mit einem Stöhnen auf den Besucherstuhl. »Viggo? Der kommt wieder auf die Beine.«
    »Nicht Viggo. Benny Lundberg.«
    »Ach so. Ja, die letzten Nachrichten sind nicht gut. Er lebt und wird überleben. Aber die Stimmbänder sind schwer beschädigt und die Nervenstränge im Nacken ein einziges Durcheinander. Er liegt in einem Respirator. Doch am schlimmsten ist, daß er sich in einem extremen Schockzustand befindet. Der Täter hat ihn buchstäblich um den Verstand gebracht. Er hat ihn über die Grenze des Menschlichen hinausgetrieben, und die Frage ist, ob es von da einen Weg zurück gibt.«
    Hultin legte eine eigensinnige Weintraube auf Nybergs Tisch und fuhr fort: »Deine Geistesgegenwart hat ihm das Leben gerettet, damit du es weißt. Hättest du angefangen, an den Zangen zu zerren und zu ziehen, wäre er mit Sicherheit auf der Stelle gestorben. Dieser Halsarzt, den du angefordert hast, hat über eine Stunde gekämpft. Er mußte am Tatort operieren. Gut, daß du reingegangen bist und nicht Viggo, das kann ich wohl jetzt sagen, wo er nicht bei Bewußtsein ist.«
    Hultin verstummte. Er blickte in Nybergs Augen. Etwas war verändert.
    »Bist du okay, übrigens?« sagte er.
    »Nein, ich bin nicht okay«, sagte Gunnar Nyberg. »Ich bin rasend. Ich werde diese Figur aus dem Verkehr ziehen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
    Hultin war gespalten; einerseits war es ausgezeichnet, daß Nyberg sich aus der Laschheit der letzten Zeit und der Sehnsucht nach seiner Pensionierung erhob, anderseits war ein rasender Nyberg wie eine durchgegangene Dampflok.
    »Komm zurück, sobald du kannst«, sagte er nur. »Wir brauchen dich.«
    »Ich wäre schon jetzt zurück, wenn diese verdammte Gehirnerschütterung nicht wäre.«
    »Das grassiert im Moment«, sagte Hultin neutral.
    Sie hatten nicht richtig hingesehen, dachte Nyberg. Es waren nicht zwei Lungenentzündungen gewesen, die durch die Luft gesegelt kamen und ihre rechtmäßigen Besitzer suchten, sondern zwei Gehirnerschütterungen.
    »Wenn wir nicht angehalten und gegessen hätten«, sagte er finster, »hätten wir ihn gerettet.«
    Hultin sah ihn einen Moment an, dann verabschiedete er sich, trat hinaus in den Korridor und kehrte zurück in die normale Maßlosigkeit. Bevor er unter die nächtliche Regendusche trat, spannte er einen Schirm mit den Polizeilogos auf, der der Sintflut standhielt, bis Hultin den Volvo Turbo erreichte, das einzige seinem Dienstgrad zukommende Privileg, das zu akzeptieren er sich erlaubte.
    Er fuhr durch die pechschwarze Stadt, die St.

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