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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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hatte das Gefühl, daß sie zitierte. Sie nahm den Hörer ab und drückte auf die Wahlwiederholungstaste. Fräulein Uhr leierte ihr Zahlen ins Ohr. Sie schnitt eine enttäuschte Grimasse. Das einzige, was sie daraus schließen konnte, war, daß Lundberg eine bestimmte Zeit auf gar keinen Fall verpassen wollte.
    Sie wählte eine Nummer.
    »Teleservice? Hier ist Kerstin Holm, Reichskriminalamt. Sehen Sie meine Nummer auf dem Display? Gut. Können Sie eine Eilüberprüfung vornehmen und eine Aufstellung sämtlicher eingegangener und ausgegangener Gespräche der letzten vierundzwanzig  Stunden  an Kommissar Jan–Olov  Hultin
    beim Reichskriminalamt mailen? Höchste Dringlichkeitsstufe. Danke.«
    Sie inspizierte rasch den überfüllten Schreibtisch. Comics, Pornohefte ganz offen, was würde die Mama sagen? Reklamestifte, Militärzeitschriften, Müll. In der obersten Schublade zwei Dinge von Interesse: zum ersten ein kleiner Beutel mit Pillen, ohne Zweifel die guten alten Russeneinser, anabole Steroide; zum zweiten eine kleine Dose mit Schlüsseln, vermutlich Reserveschlüssel: Hausschlüssel, Autoschlüssel, Fahrradschlüssel, Schlangenschloßschlüssel, Kofferschlüssel und schließlich ein Schlüssel, den sie vage kannte. War das nicht ein Schlüssel für ein Bankfach? Was konnte Benny Lundberg in einem Bankfach haben? Seine Waffe? Es lag bestimmt ein ganzes Arsenal unter den Fußbodenbrettern, aber kaum in einem Bankfach. Nein, das paßte nicht ins Profil. Sie griff erneut zum Telefon.
    »Ist da der Kundendienst von Sparbanken? Hej, hier Kerstin Holm, Reichskriminalamt. Haben Sie ein Zentralregister Ihrer Bankfachinhaber? Oder muß ich – okay, ich warte. Hej, Polizei hier, Kerstin Holm, Reichskriminalamt. Haben Sie ein Zentralregister Ihrer Bankfachinhaber? Oder muß ich zu jeder einzelnen Filiale gehen? Aha, ausgezeichnet. Es dreht sich um Lundberg, Benny. Wie man's spricht. Nein, okay. Danke für die Unterstützung.«
    Sie rief mit Hilfe der Auskunft noch einige Banken an. Schließlich hatte sie Glück. Die Handelsbank in der Götgata bei Slussen. Vielen Dank. Sie nahm den Notizblock und den Bankfachschlüssel mit, das mußte reichen. Bennys Mutter stand nicht unerwartet unmittelbar vor der Tür, als Holm sie ohne Vorwarnung aufriß. Sie wischte einen Fleck am Türpfosten fort.
    »Haben Sie ein neueres Bild von Benny?« fragte Kerstin Holm kurz angebunden.
    Die Mutter irrte eine Weile durch die Wohnung und fand ein Bild der ganzen Familie. Benny stand in der Mitte, die Arme um die Eltern gelegt, die unbestreitbar sehr klein aussahen.
    Er lachte breit und ein wenig gekünstelt. Okay, das mußte genügen.
    Als sie die Eltern mit ihrer nach innen gekehrten Trauer verließ – und welche Trauer ist nicht nach innen gekehrt? saß der Vater noch immer wie versteinert auf dem Sofa.
    Sie nahm die U–Bahn nach Slussen. Es ging schnell. Sie kämpfte sich im strömenden Regen den Peter Myndes Backe hinauf und bog in die dort beginnende Götgata ein, ging noch ein paar Meter aufwärts, an den Geldautomaten vorbei und in die Handelsbank. Sie ging an der elektronischen Schranke vorbei, was zu lautstarken Protesten der Mittagspäusler führte, und hielt ihren Polizeiausweis in die Höhe. »Es geht um ein Bankfach«, sagte sie zu der Kassiererin.
    »Das ist dort drüben«, sagte die Kassiererin und zeigt auf einen Mann mit Schlips, der seelenruhig während des Mittagsansturms dasaß und seine Nägel säuberte. Er stand auf, als er den Polizeiausweis sah.
    »Bankfach. Benny Lundberg«, sagte sie kurz.
    »Schon wieder?«
    Sie zuckte zusammen. »Wieso wieder?«
    »Sein Vater war hier, als wir gerade geöffnet hatten, und war am Bankfach. Er hatte eine unterzeichnete gesetzliche Vollmacht und seinen eigenen sowie den Ausweis des Sohns mit.«
    »Verflucht«, sagte sie. »Wie sah er aus? So?«
    Sie hielt dem Bankangestellten das Familienfoto der Lundbergs hin. Er nahm es und gab es sofort zurück. »Absolut nicht«, sagte er. »Dies hier ist ja ein Arbei... ein ganz anderer Typ.«
    »Das ist Benny Lundbergs Vater«, sagte sie. Das Gesicht des Mannes wurde lang und länger. »Wie sah er aus?« wiederholte sie.
    »Ein älterer distinguierter Herr mit Bart.«
    »Da sieht man mal«, sagte sie. »Mit Bart und allem. Sie begleiten mich jetzt ins Präsidium und helfen uns bei der Erstellung eines Phantombilds.«
    »Aber ich arbeite.«
    »Nicht mehr. Zuerst einen schnellen Blick ins Bankfach, das leer sein dürfte. Nummer?«
    »254«,

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