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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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verletzen die beiden, töten sie aber nicht. Einer von ihnen wird ein bißchen sauer und schlägt Sie k.o. Und jetzt sind Sie hier.«
    Jennings fixierte Hjelms Blick während der ganzen Darstellung. Hinter den kalten blauen Augen liefen Prozesse ab. Das Gesicht begann anzuschwellen und sich zu verfärben; es schien ihn nicht zu tangieren.
    »Zwei Grundfragen also«, fuhr Hjelm fort. Erstens, was sollte Eric Lindberger verraten? Zweitens, wissen Sie, wen Sie erschossen haben?«
    Pause. Nichts. Gar nichts.
    »Nummer zwei ist keine wirkliche Frage«, fuhr Hjelm fort. »Es war nämlich der Kentuckymörder.«
    Die Eisaugen verengten sich. Hjelm fand, daß sie sich verengten. Vielleicht war es eine optische Täuschung.
    »Sie wissen ja, daß seit einem Jahr ein Doppelgänger von Ihnen sein Unwesen treibt. Jemand hatte sich Ihre alten Zangen angeeignet und sich damit in die Stadt begeben. Sie haben auch in der schwedischen Presse gelesen, daß er nach Schweden gekommen ist; das kann keinem entgangen sein. Jetzt wissen Sie, wer es war. Er war fünfundzwanzig Jahre alt und hatte es auf Sie abgesehen. Sie haben ihn kaltblütig erschossen. Wissen Sie, wer er war?«
    Jennings hielt ihn mit dem Blick fest. War da eine Spur von Neugier zu erkennen? Hatte er es wirklich nicht erraten?
    »Es wird Ihnen nicht gefallen«, sagte Hjelm. »Sein Name war Lamar Jennings.«
    Wayne Jennings lehnte sich einen Dezimeter zurück. Das war viel in diesem Zusammenhang. Der Eisblick überschlug sich fast. Er flog zur Decke. Dann kam er zurück. Felsenfest. »Nein«, sagte er. »Sie lügen.«
    »Denken Sie nach. Was geschah mit Ihren Zangen, nachdem Sie Larner an der Nase herumgeführt hatten und untergetaucht waren? Sie blieben zurück. Ein bemerkenswerter Schnitzer. Wenn Sie weiter morden und Larner austricksen wollten, brauchten Sie sie. Sie mußten ja identisch sein, damit sie identische Spuren hinterließen und zeigten, daß K. lebte. Sie mußten darauf achten, daß die neuen, die angefertigt wurden, wirklich identisch waren, mit den gleichen Scharten und Besonderheiten. Das war sicher ziemlich heikel.«
    Jennings starrte an die Wand.
    »Ihr Sohn überraschte Sie eines Tages unten in Ihrer Folterkammer in Kentucky. Das war der Gipfel nach mehreren Jahren von Mißhandlungen. Warum zum Teufel vergriffen Sie sich an Ihrem Sohn? Einem Kind? Begreifen Sie nicht, was Sie da geschaffen haben? Ein Monster. Er kopierte Sie. Er kam her, um Ihnen Ihre eigene Behandlung zu verpassen, und Sie erschießen ihn wie einen Hund. Böses Blut kehrt wieder und geht um.«
    »›Der Plumpsack geht um‹, heißt es«, sagte Jennings.
    »Jetzt heißt es ›Böses Blut geht um‹. Sie haben eine Redensart verändert.«
    »War es wirklich Lamar?«
    »Ja. Ich habe sein Tagebuch gelesen. Die Hölle. Die reine Hölle. Sie haben ihn zweimal ermordet. Was machten Sie mit ihm, als er Sie da im Keller überraschte? Ein Zehnjähriger, pfui Teufel, was machten Sie mit ihm?«
    »Schlug ihn, natürlich«, sagte Wayne Jennings tonlos.
    Er schloß die Augen. Hinter den Lidern war eine enorme Aktivität. Als sie sich am Ende wieder öffneten, war sein Blick ein anderer, zielbewußter und resignierter zugleich. »Ich war kriegsmüde«, fuhr er fort. »Sie können nicht verstehen, was Kriegsmüdigkeit ist. Sie haben in diesem Land seit zweihundert Jahren keinen Krieg führen müssen. Er war eine Erinnerung daran, was man einmal gewesen war, ein gewöhnlicher, schwacher Mensch. Er ging mir auf die Nerven. Ich verbrannte ihm nur ein bißchen die Haut mit Zigaretten. Er mußte mein Ventil werden. Ich war meinem eigenen Vater nicht so unähnlich.«
    »Erzählen Sie«, sagte Hjelm.
    Jennings beugte sich vor. Er hatte einen Beschluß gefaßt. »Sie haben recht daran getan, dies hier nicht in die Medien kommen zu lassen. Es wäre verheerend gewesen. I´m the good guy. Sie glauben es nicht, aber ich stehe tatsächlich auf der richtigen Seite. Die häßlicheren Teile der richtigen Seite. Die abstoßenden, aber notwendigen. Es ging darum, Feinde zum Sprechen zu bringen.«
    »Auf welche Weise war Eric Lindberger ein Feind?«
    Jennings starrte in Hjelms Augen. Es war ein etwas anderer Blick. »Später. Ich muß über die Konsequenzen nachdenken.«
    »Okay. Wie fing es alles an?«
    Jennings holte tief Luft, beugte sich vor und begann: »Ich weiß nicht, ob Sie verstehen können, was Patriotismus ist. Ich begab mich in den Krieg, weil ich vor meinem Vater floh. Ich war siebzehn Jahre alt. Poor white

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