Böses Herz: Thriller (German Edition)
aufgelegt. Ich weiß nicht, wer angerufen hat, und seither ist der Anschluss tot. Das Handy ist verschwunden. Nur sein Diensthandy lag im Flur. Ich weiß nicht, was aus Honor und Emily geworden ist. Von den beiden fehlt jede Spur. Freds Pistole fehlt ebenfalls. Und … und …«
»Gibt es noch mehr Katastrophenmeldungen? Raus mit der Sprache, Doral.«
»Das Haus liegt praktisch in Trümmern. Honor hat Fred erzählt, dass Coburn hergekommen ist, um nach etwas zu suchen, das Eddie seiner Meinung nach versteckt haben muss.«
Ohrenbetäubende Stille antwortete ihm. Beide überlegten, was es zu bedeuten hatte, dass Coburn Honors Haus durchsucht hatte. Als seltsamen Zufall konnte man das keinesfalls abtun.
Doral war klug genug, nichts zu sagen, und hielt das Gesicht mühsam vom Leichnam seines Bruders abgewandt. Trotzdem zuckte sein Blick immer wieder hinüber, und jedes Mal merkte er, wie glühender Zorn in ihm aufkochte. So durfte niemand einen Hawkins demütigen. Dafür würde Coburn bezahlen, und zwar teuer.
»Hat Coburn gefunden, wonach er gesucht hat?«
Das war die Frage, die Doral gefürchtet hatte, denn darauf wusste er keine Antwort. »Wer kann das schon sagen?«
» Du sollst mir das sagen, Doral. Finde sie. Bring in Erfahrung, was sie wissen, nimm ihnen alles ab, was sie mitgenommen haben, und beseitige sie.«
»Das braucht mir niemand extra zu sagen.«
»Wirklich nicht? Eigentlich habe ich dir und deinem Bruder auch erklärt, dass niemand in dieser Lagerhalle am Leben bleiben darf.«
Doral merkte, wie sein Gesicht zu glühen begann.
»Und ich will noch einmal betonen«, die Stimme wurde zunehmend kühler, »dass uns kein weiterer Fehler unterlaufen darf. Nicht, nachdem wir so kurz davorstehen, uns einen ganz neuen Markt zu erschließen.«
Seit Monaten arbeitete die gesamte Organisation wie besessen daran, Geschäftsbeziehungen mit einem neuen mexikanischen Kartell aufzunehmen, das auf der Suche nach einem eingespielten und zuverlässigen Netzwerk war, mit dessen Hilfe es seine Güter quer durch Louisiana transportieren konnte. Drogen und Mädchen in die eine Richtung, Handwaffen und schwere Geschütze in die andere. Das Kartell gehörte zu den Großen in diesem Gewerbe und war bereit, diese Dienstleistungen großzügig zu vergüten.
Der Kopf ihrer Organisation war fest entschlossen, diesen Auftrag an Land zu ziehen. Aber dazu würde es erst kommen, wenn hundertprozentige Zuverlässigkeit garantiert war. Die Hinrichtung von Sam Marset hätte kurz und blutig ein Problem aus der Welt schaffen sollen. »Dabei könnt ihr euch wirklich mit Ruhm bekleckern!«, hatte die halb ironische Erklärung gelautet, die Fred und er bekommen hatten.
Aber obwohl das niemand je zugeben würde, hatten sie mit dieser Aktion in ein Wespennest gestochen. Seither betrieben sie nur noch Schadensbegrenzung, und um seine Interessen zu schützen, würde Doral alle Befehle ausführen, die er bekam. Ihm blieb nichts anderes übrig.
»Wenn ich dich das nächste Mal anrufe, Doral, dann von einem anderen Handy aus. Falls Coburn Freds Handy hat …«
»Hat er auch deine Nummer.«
»Es sei denn, dein Bruder hat seine Anweisungen befolgt und nach jedem unserer Gespräche die Anrufliste gelöscht. Trotzdem werde ich sicherheitshalber das Telefon wechseln.«
»Verstanden.«
»Du findest Coburn.«
»Verstanden.«
Vor der Tat hatten er und Fred einen ahnungslosen Sündenbock auserkoren, dem sie ursprünglich die Morde in der Lagerhalle anhängen wollten. Aber der Lagerarbeiter, der dem Blutbad entkommen war, dieser Lee Coburn, hatte einen noch besseren »Verdächtigen« abgegeben.
Eigentlich hatten sie darauf gesetzt, dass sie ihn weniger als eine Stunde nach der Tat aufspüren würden, in einer Ecke kauernd, am ganzen Leib schlotternd und zu seinem Schöpfer betend, er möge ihn vor dem Tod bewahren. Später hätten sie dann ausgesagt, dass er bei dem Versuch, sich der Verhaftung durch Fred Hawkins zu entziehen, tödlich verletzt wurde.
Aber wie sich herausgestellt hatte, war Coburn gewitzter, als sie angenommen hatten. Er war Fred und ihm entwischt. Und obwohl ihm Bewaffnete und Bluthunde auf den Fersen waren, hatte er sich zu Honor Gillette geflüchtet und dort viel wertvolle Zeit damit zugebracht, ihr Haus zu durchsuchen. Man brauchte kein Superhirn zu sein …
»Ich habe nachgedacht.«
»Ich bezahle dich nicht fürs Nachdenken, Doral.«
Die Beleidigung schmerzte, trotzdem ließ er sich nicht beirren. »Dieser Coburn
Weitere Kostenlose Bücher