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Boeses mit Boesem

Boeses mit Boesem

Titel: Boeses mit Boesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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Emerson spielte wahrscheinlich nur ein Doktorspiel mit der falschen Patientin. Nachdem ich seine Frau gesehen hatte, konnte ich sogar fast ein bisschen Empörung aufbringen. Was immer er vorhatte, ich würde etwas haben, womit ich ihm das Leben schwer machen konnte, ob Emerson nun ein Engel war oder das Gegenteil.
    Ein Kundenfänger trieb sich vor dem Hotel herum. Emerson war einfach an ihm vorbeigegangen, also hatte er ein eigenes Zimmer oder kannte jemanden, der eines hatte. Der Kundenfänger sah mein Interesse und trat zu mir.
    »Fünfzig für die Stunde, zweihundert für die Nacht«, krächzte er zwischen gelben Zähnen hindurch. Er trug eine Hose und ein Sakko, die nicht wirklich zusammenpassten, und die Krawatte biss sich mit beiden. Der Mann erinnerte mich an einen Beratungslehrer, der auf den Hund gekommen ist. Nachdem ich ihm einen Fünfziger in die Hand gedrückt hatte, fühlte er sich frei, andere Aspekte seiner Umwelt wahrzunehmen. Erst da fiel ihm auf, dass ich keine Begleiterin hatte.
    »He«, fragte er, als er mir den Schlüssel gab, »was werden Sie da drinnen machen, ganz allein?«
    »Eine Stunde mit jemandem verbringen, den ich liebe«, antwortete ich und ging an ihm vorbei.
    Die Lobby war einmal ein Salon gewesen. Am Empfang saß ein kleiner Angestellter eingeklemmt zwischen einem Schreibtisch vor ihm und einem mit Brettern vernagelten Kamin hinter ihm. Er blickte nicht auf, als ich hereinkam. In |318| diesem Geschäft waren Taubheit und Blindheit der ultimative Service.
    Eine Wendeltreppe bildete das Rückgrat des Gebäudes. Ich ging zwei Stockwerke nach oben. Die Räume gingen in verrückten Winkeln ab, die sich nur ein viktorianischer Baumeister ausgedacht haben konnte. Das Zimmer, das der Kundenfänger mir vermietet hatte, lag im ersten Stock. Dort sah ich Emerson nicht, also ging ich weiter. Er machte es mir leicht, herauszufinden, welches sein Zimmer war, indem er den Leibwächter davorgestellt hatte. Ich blieb vor der Nachbartür stehen – etwa drei Schritte entfernt – und tat so, als suchte ich nach meinem Schlüssel.
    Der erste Fehler, den der Bodyguard beging, war, nicht zu bemerken, dass ich immer noch meinen Fedora trug. Gentlemen nehmen im Haus den Hut ab. Sein zweiter Fehler bestand darin, dass er die dunkle Sonnenbrille ignorierte, die trotz der mitternächtlichen Stunde auf meiner Nase saß. Diese Fehler entsprangen alle der Ursünde, dass er mit seinem Handy herumspielte, statt seine Arbeit zu tun.
    Ich drehte mich um und trat auf ihn zu (es waren nur zwei Schritte, nicht drei), packte den Arm, mit dem er das Handy hielt, und riss ihn vor. Der Leibwächter widersetzte sich dem Ruck wie jeder überraschte Mensch, doch das sorgte nur dafür, dass er mit dem Kopf voran vorwärtsstolperte. Ich schlug ihn mit der Faust in den Nacken und der Titan-Mann brach in meinen Armen zusammen wie eine ohnmächtige Geliebte.
    Ich lehnte ihn gegen die Wand und lauschte. Hinter Emersons Tür rührte sich nichts, keiner hatte sich erschreckt. Der Titan-Mann war mit einem Revolver und einer Elektroschockpistole bewaffnet, sodass er mal Mr Jekyll und mal Mr Hyde spielen konnte. Ich nahm ihm letztere ab: Eine nicht tödliche Option mochte sich gleich als nützlich erweisen. Emerson hatte seinem Aufpasser keinen Schlüssel zu |319| dem Zimmer anvertraut, ich würde also auf die harte Tour anklopfen müssen. Das störte mich nicht besonders; während meiner Zeit bei der Siebzehn hatte ich mich mit dem Geräusch angefreundet, das eine Tür macht, wenn man sie aufbricht. Etwas an dem Zersplittern, das nach dem Krachen erfolgt, mit dem eine Holztür aus dem Schloss fliegt, empfand ich als befriedigend.
    Die Tür brach unter meinem Tritt nach innen. Im Zimmer saß Emerson auf einer verblassten Knautschsamt-Couch. Ein paar Schritte entfernt stand eine Frau Ende zwanzig, die das legale Minimum an Kleidung trug. Sie öffnete den Mund, um zu schreien.
    Ich richtete meine Pistole auf Emerson und hielt der Frau den Elektroschocker ins Gesicht. »Heben Sie sich das für später auf.«
    Ich trat ein und schloss die aufgebrochene Tür. Die von Emerson gemieteten Räumlichkeiten stellten hier wohl das Penthouse dar. Wir befanden uns im Wohnzimmer der Suite. Die Couch, auf der Emerson saß, stand der Tür gegenüber. Daneben gab es noch einen Stuhl. Ein kleiner Tisch, der einmal die Mitte des Zimmers eingenommen hatte, wo jetzt die Frau stand, war gegen die Wand gerückt worden. Die Suite hatte noch zwei weitere

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