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Boeses mit Boesem

Boeses mit Boesem

Titel: Boeses mit Boesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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Brotkrusten versteckt, überzeugt, dass er verhungern wird, wie viele Festessen auch immer man ihm vorsetzt.
    Da mein Büro der erste Ort war, an dem man nach mir suchen würde, lagerte ich dort nichts, was ich wirklich brauchte. |86| Ich bewahrte den Vorrat in einem beigen Lederkoffer auf, den ich zwischen den Schließfächern verschiedener Einlagerungsgesellschaften hin- und herschleppte. Um die Grand Central Station waren ein Dutzend solcher Firmen emporgeschossen, da die Gepäckaufbewahrung des Bahnhofs aus Sicherheitsgründen geschlossen worden war. Zusammen mit den Medikamenten bewahrte ich dort auch etwas Geld und eine Notausrüstung auf, die das FBI mir für schwierige Zeiten gegeben hatte. Bisher hatte ich sie noch nicht einsetzen müssen.
    Obwohl ich mir sozusagen freigegeben hatte, muss ich innerlich bei Isaac gewesen sein. Sonst hätte ich die Kreuzung Forty-eighth Street und Ninth Street niemals einfach so passiert.
    »Strange«, rief mich eine vertraute Stimme. Ich blickte von meinem Studium des Straßenpflasters auf und sah Rose, die mir aus der offenen Tür des Starlight winkte.
    »Hi, Mrs Rose«, sagte ich. Seit Iris war ich nicht mehr im Starlight gewesen, aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Ich konnte mich dem nicht stellen.
    »Sie waren lange nicht mehr hier. Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
    Ich machte keine Anstalten einzutreten.
    »Kommen Sie schon«, sagte Rose, die mir die Tür noch immer aufhielt. »Hier beißt sie keiner.«
    Rose hatte eines dieser offenen Gesichter, die man heutzutage nicht mehr oft sah. Für die meisten Leute war es zu teuer und zu gefährlich, so ehrlich zu sein. Sollte Rose sich des Risikos bewusst sein, war sie nicht der Typ, der sich darum geschert hätte. Genau das machte sie zu so einer Klassefrau, der man sich nicht widersetzen konnte. Ich nahm den Hut ab und ließ mich von ihrer kleinen Hand nach drinnen lenken.
    »Ihr üblicher Tisch ist leider besetzt«, sagte sie mit einem |87| entschuldigenden Lächeln. »Ich versuche, ihn frei zu halten   …«
    »Meine Stammgastrechte habe ich längst verloren. Ich trinke ein Bier an der Theke«, sagte ich und setzte mich auf einen der am Boden fixierten Hocker.
    »Und wo sind Sie gewesen?«, fragte Rose, trat auf die andere Seite des Tresens und schenkte mir eine Tasse Kaffee ein.
    »Man könnte sagen, dass ich im Urlaub war.«
    Sie warf mir einen Seitenblick zu, während sie die Kaffeekanne wieder in eine Reihe von vier Edelstahlmaschinen hinter dem Tresen zurückstellte. »Sagen Sie mir ihren Namen?«
    Ich lachte. Es war eine Weile her, seit das zum letzten Mal passiert war. »Wenn ich doch nur das fantastische Leben führen könnte, das Sie sich für mich erträumen, Mrs Rose«, sagte ich.
    »Was darf ich Ihnen bringen?«, fragte Rose und hinderte mich mit erhobener Hand an der Antwort. »Rinderfilet auf Roggenbrot.«
    »Sie sollten mit diesem Zauberkunststück auf Tournee gehen.«
    Sie wischte meine Worte mit der einen Hand beiseite, während sie mit der anderen die Bestellung notierte und sie durchs Fenster in die Küche reichte. »Etwas anderes haben Sie noch nie bestellt.«
    Rose ging hinter der Theke entlang, um ein paar andere Kunden zu bedienen. Ich betrachtete das Lokal mithilfe der Wandspiegel. Alles sah so aus wie früher: In den Wänden steckten keine Kugeln mehr und eine neue Täfelung verdeckte alle verbliebenen Einschusslöcher. Die Fenster waren heil und der lange Tresen unter meinen Händen hatte seine alte Pracht zurückerlangt. Die Pflanzen waren immer noch aus Plastik und jede Aluminiumfläche glänzte. Aus der Jukebox tönte Billie Holiday, »I Cover the Waterfront«, und erfüllte |88| den Raum mit ihrer klagenden Stimme. Alles war bis ins letzte Detail wie das alte Starlight, nur dass es nicht mehr mein zweites Zuhause war.
    Ich erkannte niemanden an den Tischen. Die meisten Angestellten waren nach dem Ende ihrer Mittagspause ins Büro zurückgekehrt. Ein paar Touristen studierten Stadtpläne und die Bilder in ihren Kameras. Die anderen Gäste waren Einheimische, die ihre Zeit totschlugen, endlos Kaffee tranken und sich miteinander unterhielten.
    An meinem alten Tisch saß ein junges Pärchen. Ich wusste gleich, dass sie Ausländer waren, selbst wenn ich ihre britischen Stimmen nicht in den Lücken zwischen den Songs herausgehört hätte. Ihnen fehlte das Gespür, diese beinahe außersinnliche Fähigkeit, wahrzunehmen, wer in der Nähe war und wie viel derjenige hören konnte. Dieses Phänomen

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