Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boeses mit Boesem

Boeses mit Boesem

Titel: Boeses mit Boesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
Vom Netzwerk:
es gesehen hatte oder ob er überhaupt irgendwas gesehen hatte. Ich hatte nur Scalias Wort, dass Isaac für diesen Campbell gearbeitet hatte, und Titan würde mir keine Bestätigung liefern. Es sah so aus, als wäre Campbell der Nächste auf |134| meiner Liste. Ich hatte nichts, was ich ihm als Gegenleistung anbieten konnte; ich musste herausfinden, wie weit Charme und gutes Aussehen mich bringen würden. Das war der Moment, in dem jemand ein dickes Kantholz auf meinen Schädel drosch.
     
    Ich erwachte nicht viel später. Ich befand mich in derselben Gasse, aber mit einigen neuen Freunden, von denen einer mich aufrecht hielt. In der Gruppe befand sich auch der Mann, mit dem ich vor dem Lokal zusammengestoßen war. Ich erkannte ihn beinahe nicht wieder; jetzt, wo sieben Mann ihn unterstützten, sah er viel tapferer aus.
    »Sie wissen nicht, wer wir sind, oder?«, fragte er.
    »Tut mir leid«, antwortete ich. »Hätte ich einen Knicks machen sollen?«
    Der Mann schlug mich ins Gesicht. »Schauen Sie uns an.«
    Da war nicht viel zu sehen. Die Männer waren zwischen Anfang zwanzig und Ende vierzig. Alle waren weiß und alle wütend. Manche trugen dieselben schäbigen Businessklamotten wie der Mann, der mich befragte. Einer hatte ein schmutziges T-Shirt an und der Rest trug Uniformen einer Autowerkstatt, eines Kleidergeschäfts und einer Fast-Food-Kette. Es war, als wäre eines dieser »Wir sind Amerika«-Poster, die die Erweckungsbewegung immer aufhängte, von der Wand gesprungen und hätte mich angegriffen.
    »Was ist mit denen passiert?«, fragte ich und zeigte auf die beiden Männer, die am Boden lagen. Der eine war bewusstlos und hatte eine hässliche Prellung im Gesicht. Der andere hielt sich das Bein und stöhnte gelegentlich.
    »Sie erinnern sich nicht?«
    Bruchstückhaft kam die Erinnerung zurück. Wild geschwungene Fäuste waren auf mich zugeflogen, wie mir jetzt einfiel, wo ich die Zeit hatte, darüber nachzudenken. Ich war wohl lange genug auf den Beinen geblieben, um den Kerl dort |135| k. o. zu schlagen. Ich erinnerte mich auch an das Gefühl, mit dem meine Ferse das Knie des anderen getroffen hatte, daran, dass sein Gelenk nachgegeben hatte, und an einen Schrei. Wer immer mir den Hieb mit diesem Kantholz verpasst hatte, hatte seine Sache nicht gut gemacht.
    Selbst wenn man keine Beule am Kopf hatte, spielte das Adrenalin der Erinnerung gerne einen Streich. In einem Kampf übernahm der Körper das Kommando und das Körpergedächtnis veranlasste die Muskeln zum Zuschlagen, ohne auf Anweisungen aus dem Oberstübchen zu warten. Das Gehirn, das nicht gefragt wurde, vergaß dann gerne, dass überhaupt etwas vorgefallen war. Ob das so war, um mir die psychische Belastung zu ersparen oder um mir in einem Verhörraum das Leben leichter zu machen, konnte nur ein Neurowissenschaftler sagen.
    »Beide?«, fragte ich, nur um sicherzugehen.
    Der Mann, der mich befragte, nickte.
    »Ich schätze, alles Schlechte hat auch sein Gutes.« Ich wurde von jemand Neuem geschlagen.
    »Wir sind das, was vom Komitee für Kinderschutz übrig geblieben ist«, sagte der Mann. »Zumindest in New York.«
    »Sie haben Ezekiel White getötet«, sagte ein junger Mann mit tiefen Aknenarben. »Sie haben das Komitee aufgelöst und unser Leben zerstört.«
    »Erstens hatte er es verdient.« Keiner außer mir wusste, dass Iris White erschossen hatte, und ich war fest entschlossen, es dabei zu belassen.
    »Zweitens haben die Ältesten die Holy Rollers aufgelöst, nicht ich. Und drittens, wenn es Ihr Leben zerstört, die Holy Rollers zu verlassen   …«
    Der junge Mann mit den Aknenarben unterbrach meinen Vortrag mit einem Tritt in den Solarplexus. Ich keuchte und röchelte, aber der Mann hinter mir hielt mich aufrecht.
    |136| »Warum bringen wir ihn nicht einfach um?«, fragte der junge Mann.
    »Noch nicht«, entgegnete der andere. Er sah mich eine Zeit lang forschend an. »Warum jagt man uns?«
    Ich wäre weniger überrascht gewesen, wenn er mir gesagt hätte, er sei der Kaiser von China. »Wovon reden Sie?«
    »Wir verschwinden«, behauptete er. »Alle ehemaligen Rollers, einer nach dem anderen. Freunde von mir sind zur Arbeit oder nach Hause gegangen und weder da noch dort eingetroffen. Sie sind einfach verschwunden.«
    »Die Polizei nimmt unsere Aussagen auf und benutzt sie dann als Klopapier«, meinte der junge Mann. »Denen ist das scheißegal.«
    »Jeder von uns könnte der Nächste sein«, sagte der andere Mann. »Und einer wird es

Weitere Kostenlose Bücher