Boeses mit Boesem
Krankenhauskittels, damit ich ihn bis zur Taille herunterziehen konnte. Die Schwester untersuchte meinen Oberkörper und sog die Luft durch die Zähne ein. »Werfen Sie sich berufsmäßig vor fahrende Autos?«
Die alten Narben, die die Schwester da bewunderte, waren der Lohn eines Jahrzehnts harten Broterwerbs. Sie berührte ein lange, weiße Narbe unten an meinem Hals, unmittelbar über dem Schlüsselbein.
»Das war ein Ehemann, der seine Frau betrogen hatte und meine Fotokünste nicht mochte«, erzählte ich. »Er hat mich mit einem Jagdmesser angegriffen, nachdem ich bei seiner Scheidung gegen ihn ausgesagt hatte.«
»Hat er Sie auch in den Bauch geschossen?«, fragte die Schwester. Rechts von meinem Bauchnabel gab es eine kleine, runde Narbe.
»Nein, das war eine Frau. Sie hatte mich engagiert, um Beweise für die Untreue ihres Mannes zu finden, und als ich das getan hatte, warf sie mir vor, ich hätte ihre Ehe zerstört. Zu meinem Glück war ihre Pistole so klein, dass sie in ihre Handtasche passte.«
»Die Narbe da links sieht ebenfalls nach einer Schusswunde aus.«
|145| »Das Geschenk eines Scharfschützen in Teheran.«
»Wo bist du während der Belagerung getroffen worden?«, fragte Benny.
»Du meinst, als ich dir das Leben gerettet habe? Am Arsch.«
»Vielleicht sollten Sie da einmal nachschauen«, sagte Benny.
Sie beachtete ihn nicht und betastete meinen Brustkorb mit den Fingern. Ich versuchte, nicht zusammenzuzucken. »Sie haben zwei Rippen gebrochen, aber beide sind in der richtigen Position geblieben. In Anbetracht der Umstände geht es Ihnen ziemlich gut. Ich würde Ihnen vorschlagen, nach Hause zu gehen und sich mindestens zwei Wochen auszuruhen. Sie können sich selbst an der Rezeption abmelden, wenn Sie so weit sind.«
Ich bedankte mich, aber sie schien es nicht zu hören.
Auf dem Weg nach draußen blieb die Schwester stehen, um Benny niederzustarren. »Was Sie betrifft«, sagte sie, »rufen Sie Ihre Mutter an.«
Ich versuchte, nicht zu lachen, weil das höllisch wehtat.
»Nimmst du ihren Rat an und ruhst dich aus?«, fragte Benny.
»Isaac ist noch immer verschwunden.«
»Hab mir gedacht, dass du das sagen würdest. Bist du irgendwie weitergekommen?«
»Ein Stück«, sagte ich, »aber viel ist es nicht.«
»Sind die Ältesten oder ihre Anhänger von der Erweckungsbewegung mit im Spiel?«
»Bisher noch nicht.« Ich hatte keinerlei Beweis für Campbells Verwicklung und so war es nur eine halbe Lüge. Ich wollte nicht, dass Benny Magengeschwüre bekam, bevor ich etwas Konkretes hatte.
»Ich muss dich fairerweise warnen«, sagte Benny. »Dir bleibt vielleicht nicht mehr viel Zeit, um die Sache in trockene |146| Tücher zu bringen. In der Stimmung, in der der Direktor im Moment ist, steckt er dich vielleicht wieder in Schutzhaft, wenn er von dem hier hört.«
»Ich gehe nicht wieder in dieses Motel.«
»Es wäre diesmal eine dauerhaftere Lösung.«
»Mir egal. Das FBI wird mich in eine Vorstadt in Arizona verbannen und da verfaulen lassen. Was soll ich dort tun, Benny, für den Rest meines Lebens Shuffleboard spielen?«
»Wenigstens wärst du dann am Leben.« Benny griff nach seinem Hut und ging zur Tür. »Deine Kleider sind im Schrank und deine Pistole liegt vorn bei der Rezeption. Das FBI hat dich als einen Mr Charles Fox aufnehmen lassen, vergiss das also nicht, wenn du dich abmeldest.«
»Ich bin Scalia über den Weg gelaufen, bevor die Roller aufgetaucht sind«, erzählte ich.
»Wem?«
»Judge.«
»Das ist Judges richtiger Name?« Benny stieß einen Pfiff aus. »Wie geht es ihm denn?«
»Er hat Angst.«
»Tja, da geht es ihm wie vielen.«
Benny ging, damit ich mich anziehen konnte. Meine Rippen beschwerten sich bei jeder Bewegung und es war schon eine Qual, nur meine Beine in die Hose zu manövrieren. Im Korridor hörte ich meinen Bewacher schnarchen.
Wieder in meinem Büro befolgte ich die Anweisung der Krankenschwester und verhielt mich ruhig. Bewegen war schwierig, aber ich hatte alle Zeit der Welt zum Nachdenken. Es nutzte nicht viel. Dem, was Judge mir gesagt hatte, würde ich erst in ein paar Tagen nachgehen können: Meine Rippen machten jede Treppe zu einer Qual.
Es klopfte an meine Bürotür. Meine Pistole lag auf dem Schreibtisch, sie war dieser Tage nie weit von mir. Die Außenkamera |147| zeigte, dass Faye vor meiner Tür stand, in der Hand eine in Folie eingeschlagene Schüssel. Sie war allein.
Ich wünschte, ich hätte mir damals, beim Kauf der
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