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Boeses Spiel

Titel: Boeses Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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Speck im Mund.
    Ravi hob das Päckchen hoch und wog es in der Hand. »Was ist das?«, fragte er.
    »Pack es ja nicht aus!«, rief ich erschrocken. »Das ist nicht für dich.«
    Ravi lachte gutmütig. Er legte das Päckchen zurück und sagte: »Schade. Ich bekomm für mein Leben gern Geschenke. Ich bin ganz groß im Michfreuen.«
    Ich setzte mich wieder und legte das Geschenk auf meinen Schoß. Ravis Neugier war geweckt. Er wollte unbedingt wissen, für wen es war.
    Ich erzählte ihm also, dass es ein Geburtstagsgeschenk für eine Klassenkameradin sei.
    »Für wen?«, fragte er.
    »Für Marcia.«
    Ich weiß noch, dass wir beide wie auf Kommando zu ihr hinschauten und sie genau in dem Augenblick auch auf uns blickte. Ich glaube, ich wurde rot. Sie schaute schnell wieder weg.
    Ich war so aufgeregt, dass ich kaum etwas essen konnte.
Aber weil ich diesen Dienst hatte und noch einmal die Suppenschüssel füllen lassen musste, verpasste ich dann doch den Augenblick, als an Marcias Tisch alle aufstanden und weggingen.
    Ich ließ alles stehen und liegen und rannte ihr nach.
    »Marcia! Warte einen Augenblick!«, rief ich.
    Sie stoppte. Die anderen warfen ihr einen gleichmütigen Blick zu und gingen weiter. Ich drückte Marcia mein Päckchen in die Hand.
    »Für dich«, sagte ich nur.
    Marcia schaute erst mich verwundert an, dann das Geschenk. Es war leicht und biegsam, sie konnte sich sicher nicht vorstellen, was es war. »Für mich?«, fragte sie verblüfft. »Von dir?«
    »Ja, du hast doch morgen Geburtstag«, sagte ich. »Es ist ein Geburtstagsgeschenk.«
    Marcia lachte ungläubig. »Und da schenkst du mir was?«
    »Ja«, sagte ich. Ich fühlte mich gut. Ich war glücklich. Wir standen vor dem Speisesaal, die Leute drängten sich um uns herum, wir waren wie eine Insel, Marcia, das Geschenk und ich.
    »Wir dachten, du hättest davon gar nichts mitbekommen«, sagte Marcia.
    »Wovon?«, fragte ich.
    »Na, von dem Geburtstag.«
    »Natürlich weiß ich das«, sagte ich. »Du machst doch morgen Abend die Fete.«
    Marcia hob den Kopf. Sie schaute mich an. »Ja«, sagte sie zögernd, »stimmt; das weißt du also auch?«
    »Wie sollte ich es nicht wissen. Wenn ihr von nichts anderem redet.«

    Marcia nickte, ich spürte, dass es in ihr arbeitete. Auf ihrer Stirn bildete sich eine steile Falte. Plötzlich holte sie tief Luft und sagte: »Ich glaube, ich will das Geschenk lieber nicht.« Sie drückte es mir wieder in die Hand.
    Es war wie ein Schlag. »Wieso willst du mein Geschenk nicht?«, fragte ich.
    »Das möchte ich dir nicht sagen, um dich nicht zu kränken«, erwiderte sie. Doch das kränkte mich erst richtig.
    Sie wandte sich von mir ab. Sie wollte weglaufen, mich loswerden. Aber ich ließ mich nicht abschütteln. Ich lief neben ihr her und versuchte immerzu, ihr das Päckchen aufzudrängen, so lange, bis sie schließlich, die Arme vor der Brust verschränkt, vor mir stehen blieb.
    »Wenn ich es annehme«, sagte sie, »dann muss ich dich auch einladen, logisch, oder?«
    Mein Gesicht glühte, meine Knie waren weich. Ich lächelte hilflos. Ich nickte wahrscheinlich.
    »Aber sie... wir wollen dich nicht dabeihaben.« Marcia hatte einen Kloß im Hals, als sie das sagte. Ich spürte, es war nicht wirklich ihre eigene Meinung. Doch sie stand da mit verschränkten Armen, ganz abweisend, dass ich mir vorkam wie ein Idiot, der gegen eine Wand anrennt. »Es ist ein Muff«, flüsterte ich. Ich glaube, ich sagte das russische Wort, das so ähnlich klingt: »Mufta.«
    Sie zuckte mit den Achseln.
    »Er ist aus Weißfuchsfell!« Ich spürte, wie mir die Tränen kamen.
    »Gib dir keine Mühe«, sagte Marcia leise, »du siehst doch, dass es zwecklos ist.«
    »Aber wieso denn?«, rief ich verzweifelt. »Was mach ich denn falsch?«

    Sie runzelte die Stirn, ihre Lippen wurden ganz schmal.
    Diese direkte Frage war ihr unangenehm. Dann aber sagte sie: »Hast du das immer noch nicht gemerkt?« Sie räusperte sich. »Du passt nicht dazu.«
    Ich passte nicht zu ihnen! Aber wieso nicht?
    Sie drehte sich weg, aber ich wollte nicht, dass sie mich einfach so stehen ließ. Ich riss das Papier auf und hielt das Päckchen hoch. »Das hier«, rief ich, »das wollte ich dir schenken! Es ist das Schönste, was ich je besessen habe.«
    Das Papier segelte auf den Boden. Marcia schaute auf das glänzende Fell in meiner Hand, und für eine Sekunde dachte ich: Sie überlegt es sich noch einmal. Es war so ein Glanz in ihren Augen. Sie wollte schon danach greifen,

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