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Boeses Spiel

Titel: Boeses Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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einig, sie ist einfach unerträglich, oder?«

    SITTING BULL: »Ich dachte, Pommerland ist abgebrannt. Wieso sie nicht gleich mit?«
    SEX PISTOL: »Für mich gehört Strebertum zu den widerwärtigsten menschlichen Eigenschaften. Wie kann sie sich bei den Lehrern so anschleimen und sich trotzdem noch im Spiegel angucken? Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.«
    Ich zitterte am ganzen Körper. Ich hockte so verkrampft, dass ich nachher Mühe hatte, meinen Kopf zu bewegen. Mein Verstand sagte mir, dass ich aufhören sollte, zu lesen, dass ich sofort dies Forum verlassen und nie wieder einen Blick darauf werfen sollte.
    Aber im Ernst: Wer hat so viel Disziplin? Ich schaffte es nicht. Ich starrte auf diesen Bildschirm wie das Kaninchen auf die Schlange, von der es gleich verschlungen wird. Das Kaninchen ist vor Schreck wie gelähmt, kann nicht mehr weglaufen. Wartet sehenden Auges darauf, gefressen zu werden. Ich heulte Rotz und Wasser, ich war mit meinen Nerven völlig am Ende, aber ich konnte nicht aufhören, immer noch eine Gemeinheit mehr über mich zu lesen. Und noch eine. Seit Wochen schon hatten einige Leute sich auf mich eingeschossen.
    SEX PISTOL hatte geschrieben: »Wenn Svetlana in die Klasse kommt, riecht es sofort nach Kohlsuppe. Habt ihr das auch schon gemerkt?«
    »Kohlsuppe mit Kutteln.«
    »Was sind Kutteln?«
    »Das ist schwammiges, schlabberiges Kuheuter.«
    »Halleluja! Schwammiges, schlabberiges Kuheuter ist richtig schön. Das passt.«
    Mir war speiübel.

    Wer waren diese Leute? SITTING BULL, wer war das? Wer aus meiner Klasse war SEX PISTOL und wer der FÜRST DER FINSTERNIS?
    Es war, als zöge mich jemand in die Unterwelt, in ein Moor, es war, als reichte mir die braune, schlammige Brühe schon bis zum Hals, als würde sie mir gleich in den Mund fließen, als würde ich jeden Augenblick ersticken.
    Ich schaffte es endlich, den Rechner auszuschalten.
    Ich bin aufgesprungen und durch unsere Wohnung getigert. Auf und ab. Auf und ab.
    Und obwohl es wirklich verrückt war, habe ich meinen Kleiderschrank geöffnet und meine Nase in die Klamotten gesteckt. Ich schwöre, es hat nicht nach Kohl gerochen. Ich bin trotzdem nach draußen gegangen, auf die Straße, hab tief durchgeatmet und bin wieder reingegangen: Die Wohnung hat höchstens nach dem Spray gerochen, das meine Mutter immer im Bad benutzt.
    Nicht der geringste Kohlsuppengeruch. Wie denn auch: Wir essen nie so etwas. Kohl ist zwar Papas Leibgericht, und früher haben wir es wirklich oft gegessen, aber der Arzt hat es ihm verboten, wegen seiner Nieren. Er bekommt leicht Koliken. Das letzte Mal, dass es bei uns Kohl gab, lag mindestens ein Jahr zurück …
    Ich warf mich heulend aufs Sofa und presste mir ein Kissen aufs Gesicht. Ich hätte schreien können.
    Was habt ihr gegen mich?
    Warum hasst ihr mich so?
    Warum wollt ihr mich unbedingt fertigmachen?
    Was habt ihr davon?
    Ich schleppte mich hinüber ins Bad, ließ warmes Wasser in die Badewanne und tauchte unter, sodass nur meine Nase
rausragte. Ich versuchte zu entspannen. Normalerweise klappte das immer. Aber dieses Mal nicht. Ich seifte mich ein, von Kopf bis Fuß, spülte die Seife ab, roch an meiner Haut, als gehörte sie nicht zu mir. Und dachte: Sie riecht nicht nach Kohl, aber sie riecht auch nicht gut. Ich konnte mich selber nicht mehr riechen. Also begann ich mit der Einseiferei von vorn. Ich fühlte mich so schmutzig. Aber ich bekam den Schmutz nicht weg.
    Hatte nicht jemand erzählt, dass schon einmal eine Externe so gemobbt wurde, dass sie die Schule freiwillig wieder verließ? Wer hatte das erzählt? Und wieso hatte mich das nicht alarmiert?
    Ich fragte mich zum ersten Mal, ob die Lehrer wohl wussten, was an ihrer Schule so vorging. Ob sie es wussten, aber einfach die Augen zumachten. Nach dem Motto. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Ob sie sich überhaupt Gedanken machten über das Leben der Schüler? Vielleicht waren sie einfach nur gleichgültig? Und bequem? Oder eine andere Möglichkeit, die eigentlich die Schlimmste war: Hatten sie Angst vor den eigenen Schülern? Dass sie, die Lehrer, eventuell selber zu Mobbing-Opfern werden könnten?
    Machte es dann irgendeinen Sinn, einen Lehrer ins Vertrauen zu ziehen? Würde jemand mir helfen? Mir glauben?

    Am nächsten Morgen blieb ich im Bett. Auf meinem ganzen Körper kribbelte es, als hätte ich Läuse. Oder die Krätze. Irgendeine Allergie. Ich dachte, meine Haut müsste feuerrot sein, aber es war

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