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Boeses Spiel

Titel: Boeses Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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und mein Pa, auf die kleine Seele ihrer Kinder noch Rücksicht nehmen.«
    ROSENSTOLZ war offenbar in der letzten Zeit in einem heftigen Dialog mit jemandem, der sich den Namen PRINZ EISENHERZ gegeben hatte. Der versuchte, ihm Mut zu machen. Er - oder sie - schrieb zum Beispiel: »Weißt du, warum es gut ist, kein heiles Elternhaus zu haben? Warum man sich freuen soll, wenn zu Hause das reine Gefühlschaos herrscht? Weil das abhärtet! Weil man so viel besser auf das wirkliche Leben vorbereitet wird. Das wirkliche Leben ist hart und grausam. Und nimmt keine Rücksicht, auf niemanden. Im wirklichen Leben gilt das gnadenlose Recht des Stärkeren. Deshalb brauchst du einen Panzer. Eine Ritterrüstung, verstehst du? Du musst unverwundbar werden. Nichts darf mehr an dich rankommen. Du darfst nicht mal weinen, wenn dein Lieblingskaninchen stirbt. Ich hab das geschafft. Du kannst das auch, wenn du hart an dir arbeitest.«
    ROSENSTOLZ schrieb zurück: »Okay. Ich hab verstanden. Ich will’s versuchen.« Aber ein paar Tage später: »Apropos Ritterrüstung! Als meine Ma heute anrief, um zu sagen, dass sie die Scheidung eingereicht hat und dass Pa seit einem Jahr für eine Geliebte die Wohnung finanziert, hatte meine Rüstung schon wieder Löcher wie ein Schweizer Käse. Meine Mutter ist durch Zufall dahintergekommen. Sie hat die beiden im Bett erwischt.

    Ist das nicht fies? Und ich musste mir das alles am Telefon anhören. O Gott. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich gefühlt hab? Das ist alles so... schmierig. Ich dachte immer, mein Pa ist der wunderbarste Vater der Welt. Ich dachte, so was passiert nur anderen. Jedenfalls kann ich in den großen Ferien dieses Mal nicht nach Hause. Ich würde da todkrank werden.«
    Es war merkwürdig, so etwas zu lesen und sich vorzustellen, dass jemand es geschrieben hat, dem du jeden Tag in den Pausen begegnest, der vielleicht sogar in deiner Klasse ist oder in deiner AG.
    ROSENSTOLZ tat mir richtig leid, ich hätte sie oder ihn gerne getröstet; ich hätte gern ein paar Zeilen dazugetan, aber ich wusste nicht, wie. Ich konnte nur die Gästeliste ansehen und was geschrieben worden war, aber mich nicht beteiligen. Da musste es noch irgendein anderes Passwort geben oder einen Trick, den ich nicht kannte. Ich nahm mir vor, Tilly am nächsten Tag zu fragen.
    Dann gab es ein weiteres Unterforum, in dem Feten und Partys organisiert wurden.
    Offenbar hatte es im letzten Jahr ein Mitsommernachtsfest gegeben, unter dem Thema »Unser blauer Planet«. Jeder Schüler hatte ein brennendes Teelicht in einer Pergamenttüte auf dem Chiquita-See ausgesetzt, und jedes Licht bedeutete eine gute Tat, die der Schüler sich vorgenommen hatte. Es muss ziemlich emotional gewesen sein, jedenfalls drehten sich immer noch viele Einträge um dieses Ereignis und dass man es vielleicht wiederholen könnte, solch ein Fest.
    Das nächste Forum hatte den Titel: »We are Celebrities! - das Klatschmagazin«. Das fand ich spannend. Da würde ich
vielleicht etwas mehr darüber erfahren, wie die auf dem Erlenhof tickten.
    Wie nicht anders zu erwarten, verzeichnete dieses Forum die meisten Einträge. Noch mehr als »Waisenhaus«. Im Durchschnitt mindestes acht pro Tag. Beim Durchklicken sah ich, dass hier Meinungen über Filme und Klamotten ausgetauscht wurden, über Liebeskummer und Ferienpläne, über Paparazzifotos von Britney Spears, der Pop-Ikone, die ohne Slip in einer New Yorker Diskothek aufgetaucht war … und ob sich nicht jemand bei einer Casting-Show bewerben sollte, damit der Erlenhof mehr Aufmerksamkeit bekäme. »Wir hungern doch nicht, nur um den Lehrern und den pickeligen Jungs aus unserer Schule zu gefallen! Wir hungern, damit die Welt uns bewundert!«, schrieb zum Beispiel eine ELFE.
    Ich scrollte vor bis zum Februar - und da setzte mein Herz aus: Sofort sprang mir der Name SVETLANA entgegen. In Großbuchstaben.
    Ein FÜRST DER FINSTERNIS schrieb: »Wir haben einen Neuzugang zu vermelden. Uns wurde ein Kuckucksei ins Nest gelegt. Sie heißt Svetlana, kommt aus Russland oder von sonst wo aus dem Osten. Was will sie hier?«
    Ein paar Tage später schreibt LULU: »Apropos Kuckucksei: Jeder Auftritt von ihr ein neuer Schock.«
    PICASSO: »Klamotten aus der Altkleidersammlung.«
    LULU: »Hey. Nicht gewusst? Das nennt man Bolschewiken-Chic. Ha.Ha.«
    FÜRST DER FINSTERNIS: »Mein Opa hat immer gewarnt: Die Russen kommen! Jetzt sind sie da. UIIIIIH!«
    SCHMETTERLING (vier Tage später): »Leute. Wir sind uns doch

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