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Boeses Spiel

Titel: Boeses Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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meine Religion. Das hat vorher noch nie jemand getan.«
    Es stimmte. Als ich hörte, dass Ravi Hindu ist, habe ich mich sofort zu Hause hingesetzt und im Internet Hinduismus gegoogelt, über die Lehre von der Wiedergeburt und vom Karma, das man in all seinen verschiedenen Leben mit sich trägt. Und bei dem nächsten Mittagessen hab ich ihm Fragen gestellt, die sich aus meiner Recherche ergeben hatten. Ich bin nun mal so. Ich will alles begreifen können.
    »Du machst außerdem nicht den ganzen Quatsch mit, den die anderen so treiben«, fügte Ravi hinzu.
    Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was er meinte. Denn von dem »Quatsch«, den die anderen trieben, erfuhr ich ja nichts.

    »Du hältst dich aus den ganzen Intrigen an der Schule raus«, sagte Ravi, »das find ich gut.«
    Sollte ich ihm sagen, dass ich mich nicht freiwillig raushielt, sondern von den anderen rausgehalten wurde?
    Und dass ich ein Opfer dieser Intrigen war?
    Lieber stellte ich mir vor, wie es sein müsste, mit einem Hollywoodregisseur in ein Restaurant zu gehen. Ich dachte an so eine Art Szene, wie es sie in diesen typischen amerikanischen Movies gibt. Ich sah großartig aus, Ravis Vater tat alles, um alle und jeden mit seinem Charme umzuhauen, und die Kellner sprangen nur so um uns herum …
    »Schön«, sagte ich betont gleichmütig. »Und du bist sicher, dass du mich...?«
    Ravi schaute mich an. »Ist doch klar, oder?«
    Ich zuckte die Achseln. Ich war das hässlichste Mädchen der Schule.
    »Ich möchte, dass du mitkommst«, sagte er.
    Ich konnte es immer noch nicht glauben und hab ein superblödes Gesicht gemacht, ich hab eine Grimasse geschnitten, bloß um nicht wie ein Pfannkuchen zu strahlen, er sollte nicht merken, dass dies das schönste Geschenk war, das mir jemand in den letzten Monaten gemacht hatte: Der tollste Junge der Schule hatte mich ausgewählt!
    Ich keuchte nur ein »Oh!« heraus.
    »Ich weiß«, sagte Ravi, »es ist nicht gerade eine Einladung für eine heiße Disconacht, aber wenn du meinen Vater näher kennenlernst, wirst du merken, dass er...«
    »Ich freu mich doch riesig«, rief ich. »Danke!« Und ich überlegte schon, was ich anziehen würde. Jedenfalls ganz bestimmt nicht das Kleid vom Maifest! Ich brauchte irgendwas Schlichtes, Edles.

    »Du checkst deine SMS wohl nie?«, fragte er jetzt.
    »Doch«, erwiderte ich. »Manchmal.«
    »Aber du guckst sie dir nicht immer an, oder?«
    »Doch«, sagte ich lahm. »Aber ich hab nicht immer Bock, nachzugucken.«
    Er lachte ungläubig.
    »Mann, andere Leute warten drauf, dass sie Nachrichten bekommen! Wir leben doch alle im medialen Zeitalter! Alles ist mit allem vernetzt, jeder ist ständig auf Empfang. Das ist spannend.«
    »Na ja«, sagte ich. Ich wollte das Thema wechseln, aber Ravi war einer von diesen Technikfreaks. Er fragte mich, ob er mein Handy mal sehen könnte, und ich Idiot gab es ihm einfach. - Das heißt, vielleicht wollte ich ja, dass er erfuhr, was für Nachrichten ich bekam… Was sieht aus wie ein Schwein, grunzt wie ein Schwein, stinkt wie ein Schwein...? Ich hatte viele SMS gelöscht. Diese und einige andere nicht.
    Wir saßen auf wackeligen Klappstühlen in dem Kopfsteinpflasterhof und aßen Crêpes mit Ahornsirup. Ravi hatte mich eingeladen. Ich schob mir gerade den letzten Bissen in den Mund, als er mein Handy untersuchte.
    Ich merkte, wie sein Lächeln erlosch. Wie er mich ansah und wieder auf das Display blickte, und dann, den Kopf schüttelnd, weiterzappte. Endlich legte er das Handy hin.
    »Na«, sagte ich, »hast du deine SMS gefunden?«
    Wortlos nickte er.
    Wir guckten beide irgendwohin. Ich schob mir den letzten Rest meines Crêpes in den Mund.
    »Wer schickt dir solchen Schrott?«, fragte er nach einer schier endlosen Pause.
    Ich lächelte schief. »Wenn ich das wüsste.«

    »Aber du hast einen Verdacht, oder?«
    Ich überlegte. Das heißt, nein, ich musste gar nicht überlegen. Natürlich waren es Leute aus meiner Klasse, das war klar. Und ich glaubte inzwischen, dass es nicht nur Mädchen waren. Zu Anfang hatte ich immer gedacht, dass Jungen so was nicht machten. Dass die nicht mit diesen psychischen Sachen mobbten. Bei Jungen gehe es eher um richtige Gewalt. Mädchen wären raffinierter. Aber ich glaubte nicht mehr, dass es so sein musste.
    Als ich nicht antwortete, hakte Ravi nach. »Gibt es jemanden in deiner Klasse, von dem du glaubst, dass er dich nicht mag?«
    »O ja.« Ich flüsterte es fast.
    »Und wer?«
    Ich dachte an Naddel, an

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