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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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ihm so nahe wie selten.
    Aber was, wenn ich es versaue? Was, wenn er nun mal schlichtweg kein Interesse hat? Vielleicht schreckt ihn auch mein Ruf als Schlampe ab? Sehr wahrscheinlich, dass er das Eine oder Andere von mir gehört hat. Das hat ihn für die Aufnahmen nie gestört, aber die waren auch Geschäft, der Rest ist schließlich privat.
    Normalerweise ist es mir ja schnurzpiepegal, was irgendjemand von mir denkt. Hinter meinem Rücken können sie tuscheln so lange sie wollen, ich weiß, wie sie mich nennen. Solange ich erfolgreich bin und genügend Geld auf meinem Konto landet, geht mir die Meinung irgendwelcher unbegabter Neider völlig an meinem knackigen Arsch vorbei. Nur bei Dirk …
    Was, wenn ich ernsthaft was versuche und er blockt ab? Wie soll ich danach weiter mit ihm zusammenarbeiten? Unmöglich. Wird er nicht dauernd denken, ich versuche, ihn nur ins Bett zu bekommen? Er ist keine Trophäe für mich, aber weiß er das?
    Oh Mann, alles scheiße kompliziert. Warum suche ich mir immer solche Typen aus? Ich höre Lisa noch ganz genau, die mir Punkt für Punkt aufgezählt hat, was für ein Arsch meine erste große Liebe war und wie er mich nach Strich und Faden ausgenutzt hat. Sie hatte so recht. Nur leider habe ich länger gebraucht, bis ich es kapiert habe.
    Um das Cabrio war es nicht schade, das ich ihm geschenkt hatte. Das Geld hatte ich rasch wieder verdient, aber ich wäre ziemlich abgesackt, wenn Lisa nicht gewesen wäre. Sie wurde ziemlich rigoros, als sie mitbekam, dass mein Alkoholkonsum zu hoch war und ich auch schon mit Koks experimentiert hatte. Im Nachhinein könnte ich mich dafür ohrfeigen, denn ich hätte mir um ein Haar das versaut, was mir wirklich etwas bedeutet: mein Job und mein gutes Aussehen. Die kleine, strichförmige Narbe am Handgelenk ist dank modernster Lasertechnik kaum noch zu sehen. Vielleicht lasse ich mir irgendwann noch ein Tattoo drüberstechen. Zum Glück war ich zu besoffen, um tief genug zu schneiden.
    Ich war damals echt down und noch einmal möchte ich das todsicher nicht durchmachen. Dann lieber weiterhin nur von ihm träumen, den Status quo nicht verändern. Nein, ich kann damit leben. Ihn zu verlieren wäre hingegen katastrophal.
    Egal, morgen ist morgen und vor mir liegt nur noch eine kurze Nacht.
    Viel zu kurz, denn es geht früh los. Gar nicht so einfach, mich unauffällig genug zu stylen, damit Dirk mir die unruhige Nacht nicht ansieht und ich seinem Anspruch an „ungeschminkt“ entspreche. Zu meinem Glück ist es bei ihm wie bei den meisten Männern, die nicht direkt im Modelgeschäft aktiv sind: sie haben schlichtweg keine Ahnung von den Möglichkeiten. Ich schon. Und so präsentiere ich mich ihm in dem natürlichen Look, den er haben wollte, aber so geschickt zurechtgemacht, dass ich mich im Spiegel ruhigen Gewissens anschauen kann.
    Auf geht es. Du kannst das.
    Ich kenne Dirk als jemanden, der ungern früh aufsteht und bei den Shootings vor 11 Uhr stets schlechte Laune hatte. Heute Morgen ist er gut gelaunt, voller Tatendrang und schlingt das Frühstück nur so hinab. Mein Hunger hält sich in Grenzen und draußen ist es auch noch dunkel. Die Sonne geht erst auf, als wir im Auto sitzen und unterwegs sind, die Rückbank vollgestopft mit seiner Kameraausrüstung.
    Dirk erzählt von dem Land und den Leuten, irgendwas über Politik, was mich nur interessiert, weil es ihn interessiert. Ich frage ihn, wie es seinen Freunden geht, vor allem Kai, diesem verrückten Triathleten.
    „Dieser Satanskerl hat wahrhaftig die Challenge gewonnen.“ Dirk schlägt begeistert auf das Lenkrad. „Unter 8 Stunden, und er hat alle geschockt, weil er mit seinem Freund Hand in Hand über die Ziellinie gelaufen ist und diesen geküsst hat. Hach, ich wäre zu gerne dabei gewesen und hätte Fotos gemacht. Das war sogar das Titelbild der „Triathlon aktuell“ und ist natürlich heftigst diskutiert worden.“ Er schnaubt und lacht gleich darauf. „Schwuler gewinnt die Challenge Roth und Deutsche Meisterschaft und macht im Ziel seinem Lebensgefährten einen Antrag.“
    Verblüfft höre ich zu. Schau an, Kai und dieses Landei. Schicker Bursche war das, nicht zu verachten. Furchtbar verklemmt. Also ist der doch noch aus dem Quark gekommen. Nicht schlecht.
    „Ziemlich kitschig, findest du nicht?“ Grinsend streicht Dirk sich eine Strähne zurück und klemmt sie sich hinter das Ohr. In seinem Ohrläppchen glitzert ein kleiner Ohrring auf.
    „Kommt wohl immer drauf an“, gebe ich

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