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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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eigene dumme Idee. Ich bereute es schon, als ich über die ersten Kieselsteine musste und mein Lächeln beibehielt, obwohl es wehtat.
    Schmerzen? Stell dich nicht so an. Gegen das Laufen in High Heels, mit Blasen an allen Zehen und am Hacken ist das nichts. Wäre ja noch schöner, wenn man mir etwas anmerken würde. Ich bin kein Weichei.
    Und die Kälte? Blödsinn, du hast schon viel Schlimmeres erlebt. Fotoaufnahmen im Schnee in Sankt Moritz. Sehr sexy und sehr leicht bekleidet. Die Stylistin damals war großartig und schaffte es sogar, die blau gefrorenen Lippen zu überschminken. Viel schwieriger war es, das Zähneklappern zu verbergen.
    Heute ist es lange nicht so kalt und deswegen hoffe ich sehr, dass meine Lippen nicht blau aussehen. Und das bisschen Gänsehaut fällt hoffentlich auch nicht auf.
    Der Wind ist ziemlich scharf. Andauernd bläst er mir die Haare ins Gesicht und ich verfluche sie, weil sie so lang sind. Ob ich die jemals wieder entfilzt kriege? Vorhin habe ich mich spontan einen Moment lang in den Windschatten eines Felsvorsprungs gestellt und Dirk war hellauf begeistert. „Ganz genau so. Sei einfach natürlich.“
    Natürlich.
    Natürlicherweise würde ich gar nicht hier sein. Ich bin ein Stadtmensch, nicht geboren für so einen Ort. Natürlich ... Zumindest würde ich mich gerne - ganz natürlich, wie ein Urmensch - in ein warmes Fell kuscheln oder wahlweise an meinen Fotografen. Da würde mir sehr schnell sehr warm werden. Ihm auch. Das Fell würden wir natürlich drunterlegen und uns ganz natürlich dort drüben in der Steinhöhle lieben, bis wir schweißbedeckt wären. Wenn er wüsste, was ihm gerade entgeht …
    Seufzend schaue ich mich um. So schwer ist es eigentlich gar nicht, geeignete Plätze zu finden, wenn ich mir vorstelle, was Dirk haben will. Zugegeben: diese Landschaft hat schon was. Nun ist mein Ziel ein kleiner Wasserfall, eigentlich eher ein Rinnsal. Dort muss er bestimmt fantastische Aufnahmen hinbekommen. Die Steine ringsum glänzen feucht oder sind vermoost, das Wasser verbreitet sprühend funkelnde Tropfen. Todsicher kriegt Dirk dort richtig tolle Fotos hin. Da ist sogar so etwas wie eine kleine Grotte.
    Es riecht nach Algen und Pilzen. Eigentlich ein eher unangenehmer Geruch. In der frischen Morgenluft und im Anblick dieses Wasserfalls, dessen Wassertropfen wie Perlen auf den Blättern einer kleinen Birke liegen, wandelt es sich in einen überaus passenden Duft. Natur. Pur und echt und ja, das finde ich auch beeindruckend. Ein bisschen verrückt, denn im Grunde ja nicht mehr, als ein Teil des Bachlaufs, der kaum breiter als zwei Füße nebeneinander ist. Probeweise teste ich, wie kalt das Wasser ist, setze mich an den Rand des Miniteiches, dort, wo der Bach weiterfließt. Stimmt. Zwei Fußbreit und nicht ganz so kalt, wie erwartet. Eher erfrischend.
    Hinter mir plätschert der Wasserfall. Meine Füße prickeln und ich bewege die Zehen durch die Algen auf den Steinen. Fühlt sich ein wenig schmierig an, etwas wie Haare und sie bewegen sich auch so im Wasser. Hah, mir kommt eine tolle Idee und schmunzelnd streife ich mir die Jeans und Unterhose ab.
    Mal schauen … Ganz natürlich will er mich haben. Und was gibt es Natürlicheres, als sich nackt in einem Wasserfall zu waschen?
    Bringen wir doch mal die Kamera zum Glühen. Oder dich. Ich weiß, dass ich schön bin, einen wundervollen Körper habe und den werde ich dir jetzt zeigen.
    Ich lasse das klare Wasser über meine Finger laufen. Vermutlich ist es sogar reiner als jenes in der Dusche in meinem Hotel, halt nur sehr kalt. Silbrig fließt es über meine Hände und Unterarme, an denen sich sofort Gänsehaut bildet. Feinste Tropfen sprühen umher, setzen sich in mein Haar wie Diamantenstaub. Hat was. Lächelnd hebe ich das Gesicht und schließe die Augen, während mehr und mehr von diesem feinen Sprühregen auf mich niedergeht, Tropfen bildet, die mir über die Stirn und Wange fließen.
    Schaudernd mache ich einen Schritt nach vorne, halb in das Rinnsal hinein. Dieser Wasserfall hat zum Glück die richtige Höhe, um sich reinzustellen. Zischend hole ich Luft, als mich die Kälte umfängt. Oh ja. Sehr kalt und unglaublich erfrischend. Ich recke die Arme nach oben, empfange das Wasser mit den Fingerspitzen, lasse es über meine Arme und Schultern, den Rücken und Hintern hinabfließen. Wie ein kühles Gewand aus silbrigem, durchsichtigem Stoff umfängt es mich.
    Das macht irgendwie Spaß, ist völlig durchgeknallt und

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