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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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plötzlich muss ich lachen. Da stehe ich irgendwo am Arsch der Welt in einem kläglichen Wasserrinnsal, friere mir die Eier und Schwanz ab und grinse auch noch. Hoffentlich hält Dirk die Kamera nicht auf meine zusammengeschrumpfte Männlichkeit. Zu meinem Glück weiß er, dass die sonst ganz andere Ausmaße hat.
    Wo ist er überhaupt? Blinzelnd versuche ich ihn auszumachen und streiche mir meine Haare zurück. Ah, da oben ist er und fotografiert. Ich winke ihm zu. Die Kälte macht mich übermütig.
    „Traumhaft. Solltest du auch mal probieren. Eine gratis Kneippkur. Entweder kriege ich jetzt nie mehr Rheuma oder ich liege morgen mit einem Mega-Schnupfen flach.“ Vermutlich Letzteres. Ist mir egal, denn Dirk lacht und knipst und lacht und knipst. Und sein Anblick dürfte durchaus verhindern, dass mein Schwanz völlig in der Kälte verschrumpelt.
    „Komm besser da raus. Bei dem Wind holst du dir wirklich noch was weg, und krank nützt du mir nichts“, ruft er mir zu, während er hinabklettert. Seine Worte ernüchtern mich und rasch entsteige ich meinem Wasserfall. Oh ja, der Wind ist eisig und lässt mich sofort frieren. Was für eine hirnrissige Idee.
    Meine Finger sind so klamm, dass ich kaum meine Unterhose anziehen kann und in die Jeans komme ich erst im zweiten Anlauf.
    „Du bist ein Spinner, Joschi“, brummt Dirk und lächelt dabei. Ein ganz besonderes Lächeln, finde ich. Aber vermutlich bilde ich mir was ein, mein Hirn ist irgendwann auch eingefroren.
    „Da.“ Plötzlich legt sich etwas Schweres um mich. Seine Jacke. Er streift sie mir über. Sie riecht intensiv nach ihm, sperrt die Kälte aus. „Komm. Lass uns zügig zum Auto zurückgehen, da habe ich noch eine Decke drin. Für heute habe ich genug Aufnahmen.“
    Er lächelt noch immer, schaut zu dem Wasserfall hin und zurück zu mir. Er sagt nichts, aber die Art, wie er mich anguckt …
    Ja, mein Verstand ist heute nicht wirklich zuverlässig, allerdings finde ich, Dirk schaut zufrieden aus. Als ob er bekommen hätte, was er haben wollte.

    17 In Großaufnahme

    Fröhlich summt er vor sich hin, die langen Finger klopfen den Takt, begleiten die Musik aus dem Autoradio.
    Mir ist noch immer ein wenig kalt und ich kuschle mich, trotz der Wolldecke, vor allem in seine Jacke. Sie duftet so wundervoll nach ihm. Er hat sie nicht zurückverlangt. Kunststück, sie ist ja auch nass geworden, was sollte er damit? Ich werde sie trocknen und ihm schweren Herzens zurückgeben müssen. Später.
    „Ich hoffe, wir haben morgen noch einmal gutes Wetter. Ich möchte zu den Höhlen und dort noch ein paar Fotos machen“, erklärt Dirk. „Jetzt gehen wir erstmal was essen und dann mache ich mich an die Bearbeitung der Fotos. Da sind Großartige bei. Du bist echt ein Profi, das merkt man immer wieder. Da macht die Zusammenarbeit wirklich Spaß.“ Er wirft mir ein anerkennendes Lächeln zu. Ich erwidere es und nicke gedankenverloren. Ja und mehr ist sein Kompliment eben leider auch nicht. Gute Zusammenarbeit, ein gutes Team. Nicht einmal gute Kumpel.
    Mein Hals fühlt sich rau an, als ich mich aus den Klamotten schäle, seine Jacke sorgfältig auf das Bett lege und mich unter die vorsintflutliche Dusche wage. Im Gegensatz zu dem Wasserfall ist das Wasser warm. Über mehr will ich nicht nachdenken.
    Was für ein Vormittag. Ob ich noch so einen durchstehen kann? Es war ein Fehler sich auf diese Arbeit mit Dirk alleine einzulassen. Ein echter Fehler. Ich muss es eingestehen: Ich bin nicht gut genug darin, mich komplett zu verstellen, zu oft droht mir ein Ausdruck zu missraten, entweicht die Sehnsucht in meinen Blick.
    Verdammt, dieser Mann zieht mir den Boden unter den Füßen weg, raubt mir die Sicherheit, die ich über Jahre aufgebaut habe: Joschi, das perfekte Model, der Profi, der Vielschichtige, der alles darstellen kann. In seiner Nähe werde ich viel zu leicht zu Joschi, der sabbernde, verliebte Vollidiot. Peinlich.
    Ich sammle Kraft vor dem Spiegel, mache mich sorgfältig zurecht, wähle meine Kleidung für das Mittagessen mit ihm mit Bedacht. Im Grunde habe ich keinen Hunger, würde mich viel lieber mit seiner Jacke unter die Bettdecke verziehen, mir einbilden, der Geruch käme nicht von dem Stoff, sondern dem Mann, der neben mir liegt. Erbärmlich. Ich hasse mich, ich hasse meine Gefühle, meine Hilflosigkeit. Meine Schwäche. Und kann dennoch nichts daran ändern.
    Dirk sollte mich besser nie so sehen. Was würde er sonst von mir denken? Da wäre nichts von dem

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