Bold, Emely
Melodie unter die Haut. Payton zupfte die Saiten der Gitarre im Takt meines Herzens und sein Blick hielt mich gefangen. Es war als wären wir allein. Die Welt um uns herum hatte aufgehört, sich zu drehen. Es gab nur ihn und mich und dieses alte Lied. Als er die letzten Töne ausklingen ließ, applaudierten die Zuhörer und der Musiker orderte einen bernsteinfarbenen Whisky für Payton. Die Leute lobten ihn und wollten ein weiteres Lied, doch er wehrte ab.
„Und jetzt du!“, forderte er mich auf und drückte mir schonungslos das Instrument in die Hand. Die Leute klatschten aufmunternd und so gab ich mich geschlagen. Ebenso ernst und nachdenklich ließ ich mich auf dem Hocker nieder. Ich verneigte mich leicht, in alle Richtungen, ehe ich kraftvoll in die Saiten schlug.
„No, woman, no cry;
no, woman, no cry; …“
Sofort waren alle Gäste bei mir. Sie lachten, hatten vermutlich etwas anderes erwartet, doch im Nu grölten alle mit. Was wirklich gut war, denn ich konnte zwar Gitarre spielen, aber singen war echt nicht mein Ding.
„…In this great future, you can’t forget your past …“
Ich suchte Paytons Blick. Er sang nicht mit, aber er lächelte. Na immerhin. Für die letzte Strophe legte ich mich noch einmal richtig ins Zeug und mein Letztes,
„… no, woman, no cry!“
… ging im Beifall unter. Lachend überreichte man auch mir einen Whisky. Ich bedankte mich. Payton und ich quetschten uns unter dem Jubel der Gäste zurück zu unserem Tisch.
„Das war lustig! Du warst wirklich super, da konnte ich mit was Ernstem unmöglich mithalten!“
Ich war noch ganz atemlos und mir war echt heiß. Kurzerhand wickelte ich das Halstuch ab und wischte mir den leichten Schweißfilm aus dem Nacken. Plötzlich erstarrte Payton. Er starrte mir in den Ausschnitt und wirkte regelrecht erschüttert. Die gelöste, lustige Atmosphäre war verschwunden. Stattdessen packte er mich grob am Arm. Er zog mich zu sich heran und nahm mein Medaillon in die Hand.
„Was ist das?“, seine Stimme war gefährlich leise. Er hielt meinen Arm wie in einem Schraubstock gefangen und sein kalter Blick bohrte sich in meine Augen.
„Nichts! Was soll das. Las mich los!“
Ich versuchte meinen Arm zu entwinden, doch er zog mich nur noch ein Stück näher.
„Sam,“, es klang beinahe wie eine Drohung, „du sagst mir jetzt sofort, woher du diesen Anhänger hast.“
Ich verstand überhaupt nicht, was hier los war. Sein Griff bohrte sich schmerzhaft in meine Haut und sein strahlendes Gesicht hatte sich verdunkelt. Paytons Wangenknochen traten vor Anspannung deutlich hervor und seine zusammengepressten Lippen waren blutleer.
„Lass mich los! Was soll denn das?“
Mit einem kräftigen Ruck zog ich meinen Arm weg und rieb mir über den roten Handabdruck. Solange ich keine Erklärung für sein bescheuertes Verhalten bekommen hatte, würde ich kein Wort mehr mit ihm reden. Ungeduldig trommelte ich mit den Fingernägeln auf die Tischplatte, doch anstatt mir zu antworten stand Payton einfach auf und verließ das Lokal. Unschlüssig blieb ich noch einen Moment sitzen. Unsere Bestellung war noch nicht einmal gekommen. Ich zog eine Zehn Pfund Note aus meinem Geldbeutel, legte sie auf den Tisch und ging meinem rätselhaften Begleiter hinterher.
Vor der Tür war er nicht. Ich überquerte die Straße und suchte den Parkplatz ab. Sein Auto war noch da. Unsicher ging ich hinüber. Payton lehnte am Heck des Wagens und beachtete mich nicht.
„Sag mir mal, was eigentlich mit dir los ist!“, schrie ich ihn an. Ich war wirklich wütend. Den Abend hatte ich mir aber ganz anders vorgestellt.
„Mit mir? Das fragst du?“
Ich zuckte zusammen. Auch Payton brüllte. Was sollte denn das? Dieser Psycho!
„Ja! Das frage ich! Was war denn das gerade für eine Nummer in der Kneipe? Ich hab langsam echt keinen Bock mehr auf deine ständig wechselnden Launen!“
„Ich habe keine Launen! Ich will einfach nur wissen, was das da ist!“
Angewidert deutete er auf meine Kette.
„Das nennt man Schmuck! Ein Erbstück, wenn du es genau wissen willst! Aber eigentlich wüsste ich nicht, was dich das angeht!“ Ich wickelte mein Halstuch so, dass meine Kette darunter verborgen wurde, und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ein Erbstück! Ein Cameron-Erbstück! Das erklärt zumindest so einiges!“
Oh Mann! Ich verstand die Welt nicht mehr! Warum lief denn immer nur alles schief, wenn ich vorhatte, einen Jungen zu küssen? Ich war den Tränen nahe. Vor
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