Bold, Emely
einer Stunde war alles super gewesen und jetzt standen wir uns wie zwei Feinde gegenüber und ich wusste noch nicht einmal, warum! Ich wollte auf keinen Fall, dass es so zwischen uns enden würde. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach ihm aus.
„Payton, bitte. Sag doch, was los ist. Ich verstehe überhaupt nicht, warum du so wütend bist.“
Eine einzelne Träne rollte meine Wange hinab. Doch er schien wie aus Stein. Er rührte sich nicht und gab mir auch weiterhin keine Antwort.
„Payton!“, schrie ich noch einmal. Am liebsten wollte ich ihn schlagen oder schütteln, nur damit ich eine Reaktion von ihm bekommen würde. Er schüttelte den Kopf, fuhr sich durchs Haar und senkte den Blick.
„Ich muss gehen. Wir sollten uns nicht mehr treffen.“
Ohne mich noch einmal anzusehen, stieg er in den Wagen und startete den Motor. Ich zitterte. Hilflos schaute ich zu, wie er davonfuhr. Nun liefen mir die Tränen in Strömen übers Gesicht, doch ich merkte es nicht, denn ich schaute immer noch den kleiner werdenden Rücklichtern seines Wagens nach.
Eine Handvoll Leute kam lachend aus dem Pub und verschwand die Straße hinunter. Ich stand wie angewurzelt da. Ich konnte einfach nicht begreifen, wie es dazu hatte kommen können! Voller Wut, Schmerz und Verzweiflung über Paytons Verhalten hätte ich am liebsten laut geschrien. Doch stattdessen wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und machte mich auf den Heimweg. Zum Glück waren wir in Aviemore geblieben. Nach nur zehn Minuten war ich zu Hause. Ich ging hinein, durchquerte den Flur und verschwand die Treppe hinauf in mein Zimmer. Alisons fragender Blick interessierte mich nicht und sie besaß die Höflichkeit, mir keine Fragen zu stellen. Oben schlug ich die Tür hinter mir zu und warf mich aufs Bett. Ich schluchzte in die Kissen, bis ich nur noch krampfartig Luft holen konnte. Ich hasste Payton! Und Schottland! Ich hasste meinen Lehrer, weil er mir das eingebrockt hatte und meine Eltern, weil sie mich unbedingt hierher schicken wollten! Und am allermeisten hasste ich dieses beschissene Amulett! Wütend riss ich mir die Kette vom Hals und feuerte sie davon. Sie schlitterte über den Holzboden und wickelte sich um ein Tischbein. Mir war das egal! Ich würde dieses Ding nie wieder anfassen! Oh Payton! Da begegnete ich endlich einem Jungen, der mir gefiel – und dann so was! Anscheinend zog ich nur Psychotypen an! Mein Heulen drohte sich wieder zu steigern. Daher beschloss ich, dass ich unbedingt mit Kim sprechen musste. Ihr konnte ich mein Herz ausschütten. In Delaware war es jetzt gerade erst halb fünf Uhr am Abend und ich hoffte, Kim würde zuhause sein. Und tatsächlich. Bereits nach dem dritten Klingeln meldete sich die vertraute Stimme. Ich war so froh, dass ich vor lauter Tränen kein Wort hervor brachte.
„Sam? Bist du das? Was ist denn los?“, fragte Kim besorgt.
„Oh Gott, Kim! Alles ist schrecklich!“, schluchzte ich und schniefte in mein Handy.
„Hey Süße! Soll ich rüber fliegen und den ganzen Engländern mal so richtig in den Arsch treten?“
„Schotten! Ich bin in Schottland Kim.“, doch ihre Frage hatte meine Stimmung etwas gebessert und so war ich zumindest in der Lage einen verständlichen Satz zu bilden. Ich erzählte ihr von Payton, wie sehr ich ihn mochte und wie rätselhaft er war. Sein komisches Verhalten am Abend besprachen wir in allen Einzelheiten und schließlich sagte Kim:
„Ich habe keine Ahnung, wie ich dir helfen soll. Dein Traumprinz scheint verrückt zu sein. Vergiss ihn doch einfach!“
Wütend schnaubte ich. Das war typisch Kim. Ständig verliebte sie sich Hals über Kopf. Doch wenn nichts daraus wurde, ließ sie sich nicht groß hängen, sondern fand schnell Ersatz. Ich war ganz anders. Ich war zum ersten Mal verliebt. Und zwar so richtig. Schmetterlinge im Bauch, weiche Knie und Herzklopfen. Die ganze Palette. Und ich wusste, so einen Menschen würde ich nie wieder finden. Payton war so besonders. Alles war so wundervoll, wenn ich mit ihm zusammen war. Nein, ich wollte und würde ihn niemals vergessen!
„Ach Kim! Du verstehst echt gar nichts! Ich liebe ihn!“
Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung.
„Aber in zwei Wochen ist dein Austausch vorbei und du kommst nach Hause. Da ist es sowieso etwas hinderlich, einen Schotten am anderen Ende der Welt zu lieben.“
Das war eben Kim. Praktisch veranlagt und direkt.
„Oh mein Gott, ich glaube ich werde sterben, wenn ich ihn nicht wieder sehen kann!“,
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