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Bombay Smiles

Bombay Smiles

Titel: Bombay Smiles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Sanllorente
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so, dass man selbst sein Alter nicht mehr bestimmen konnte.
    Immer häufiger besuchte ich Leprastationen. Teilweise mit Besuchern aus Barcelona, wie dem Fotomodell Veronica Blume, einer eifrigen Unterstützerin unsers Projekts. Die Situation in der Leprastation erschütterte sie sehr.
    In den folgenden Monaten beschäftigte ich mich intensiv mit dieser Krankheit, setzte mich mit Spezialisten in Verbindung, verbrachte viel Zeit in Bibliotheken und Buchhandlungen. Bei diesen ersten
Erkundungen stellte ich fest, dass die Lepra selbst unter Medizinern als eine ausgerottete Krankheit galt. Tatsache ist aber, dass sie nach wie vor äußerst häufig vorkommt und die Zahl der Fälle, bei denen sie erst sehr spät erkannt wird, alarmierend hoch ist.
    In meinem Kopf formte sich die Idee für ein neues Projekt, zuerst nur sehr vage. Als es Realität wurde, erhielt das Projekt den Namen Rückkehr ins Leben - es setzte sich ein für die Wiedereingliederung von Leprakranken sowie deren Kindern in schulische wie berufliche Laufbahnen.
    Um dieses neue Projekt zu gründen, musste der bestehende Rahmen unserer Organisation erweitert werden, denn bislang war lediglich die Ausbildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen unser Ziel gewesen. Jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, wie schwierig sich der Entwurf dieses Projekts gestaltete, lief mir wie zufällig ein Leprakranker über den Weg. Ich begann, diese Menschen zu beobachten, versuchte ihnen näher zu kommen, sie in den Arm zu nehmen, sie zu berühren - damit sie sich wenigstens für einen Augenblick nicht verachtenswert fühlten. Es wohnte ihnen doch eine Schönheit inne, die leider niemand zu bemerken schien.
    Tagelang dachte ich über Kunals Schicksal nach. Was erwartete ihn außerhalb des düsteren Krankenhauszimmers, sobald die Ärzte ihn für genesen erklärten?
Würde er sein Leben selbst in die Hand nehmen können? Wie könnte sich in dieser Gesellschaft, die ihn - mit dem Brandmal eines Leprakranken - immerfort ablehnen würde, ein Lebensweg für ihn öffnen?
    Ja, vielerorts bleibt in Indien der Kranke, selbst nach erfolgter Heilung, stigmatisiert, wird verteufelt. Die grausam entstellten Menschen werden selbst von den eigenen Familien abgelehnt, nur sehr selten finden sie einen Arbeitsplatz. Ihnen bleibt kaum eine andere Wahl, als bis an ihr Lebensende bettelnd auf der Straße zu leben und verachtende Blicke zu ertragen. Es gibt da zusätzlich noch unzählige Mitbetroffene, meistens Kinder der Leprakranken, die vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, weil man eine Ansteckung befürchtet, was eine unbegründete Furcht und zweifelsohne eine Ausgeburt von Unwissenheit ist.
    Kunal musste ins Leben zurückkehren, endlich die Vorhölle verlassen, in der er sich lange genug befand. Er sollte die Möglichkeit bekommen, dieser Welt, die ihn wie Unkraut behandelte, zu zeigen, wie stark er war.
    Die Projektplanungen waren fast abgeschlossen, bald hätte es losgehen können. Doch dann fingen die Probleme erst richtig an. Ich war überrascht über die Lawine von Vorurteilen, mit denen ich zu kämpfen hatte, wo doch 70 Prozent aller Leprakranken in Indien leben. Selbst einige meiner eigenen
Mitarbeiter verhehlten ihre Abscheu gegenüber den Erkrankten nicht und kündigten an, sie würden die Organisation verlassen, wenn diese Menschen in irgendeiner Form unterstützt werden sollten. Und die Nachbarn kündigten an, dass sie Leprakranke in ihrer Nähe nicht dulden würden. Auf Schritt und Tritt ernteten wir vorwurfsvolle Blicke und Beleidigungen.
    Ich hatte inzwischen bei der Durchführung einiger Projekte von Sonrisas de Bombay gelernt, dass allen Hindernissen zum Trotz nichts unmöglich ist, wenn man fest an seine Sache glaubt, anderen unbedingt helfen will. Der Gedanke, Kunal eine Arbeit zu beschaffen, bei der er nützlich und produktiv sein konnte, gab mir die Kraft, die ich brauchte, um den Plan weiter zu verfolgen.
    Mitten in dieser turbulenten Zeit ließ mich das Los die Bekanntschaft von Dr. Ramaswami Ganapati machen, dem Vizepräsidenten der Gesellschaft zur Ausrottung der Lepra. Er ist Gründer des Bombay Leprosy Project und genießt in Indien wegen seiner tadellosen beruflichen Laufbahn hohes Ansehen.
    Ich hatte mich entschlossen, ihn anzurufen, denn ich war begeistert von seinen Programmen zur Früherkennung der Krankheit gerade in ländlichen Gebieten. Zahlreiche Nachbarn hatten dagegen protestiert, dass Ganapatis Organisation, die eigentlich in einem anderen

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