Bombay Smiles
führen können.
18
Der Preis der Liebe
Wenn wir zu leben verstehen, ist der Tod dem
Leben sehr ähnlich.
Man kann nicht leben, ohne gleichzeitig auch zu sterben. Man kann nicht leben, ohne auf psychologischer Ebene in jeder Minute auch zu sterben.
KRISHNAMURTI
Auf jeden Triumph folgte eine Niederlage. Die Nachbarn des Waisenhauses sahen es nicht gerne, dass in ihrer Siedlung immer mehr Kinder von Unberührbaren lebten. Schon bald begannen sie, uns dafür verantwortlich zu machen, dass es nach Abwasser stank, und behaupteten, dass sich die hygienischen Zustände im Viertel verschlechtert hätten. Wer allerdings unsere Kinder kennt, weiß, dass sie so ordentlich, sauber und wohlerzogen sind, wie man sich nur vorstellen kann.
Die Diskussionen oder Streitigkeiten zwischen einigen Mitgliedern der örtlichen Vereine machten
mir deutlich, dass es effizienter war, eine Dachorganisation mit dem Namen Bombay Smiles zu gründen, in der die einzelnen Projekte zusammengeführt wurden.
Das bedeutete wieder vor Behörden Schlange zu stehen, hohe bürokratische Hürden zu überwinden und viele andere Hindernisse zu meistern, die sich in wenigen Worten unmöglich zusammenfassen lassen.
Unsere Pläne zur Neustrukturierung wurden dadurch erschwert, dass es Anzeichen von undurchschaubaren Geld-Transaktionen gab, und ich dadurch mit gewissen Schwächen einiger Menschen aus unserem Umfeld konfrontiert wurde, denen ich bis dahin vertraut hatte. Glücklicherweise erwies sich der Verdacht als nur teilweise begründet; noch rechtzeitig konnte ich die aufkeimende Korruption und auch die nicht ganz korrekten Abläufe aufdecken. Im Sinne der Menschen, die das Projekt finanziell unterstützen, aber ebenso für mein eigenes Seelenheil, muss eine absolute Tadellosigkeit bei Geldangelegenheiten das höchste Ziel sein.
»Raub lieber eine Bank aus«, habe ich einmal zu einem Angestellten gesagt, bei dem nicht ganz klar war, was er im Schilde führte, »aber keine kleinen Kinder, die nichts zu beißen haben.«
Trotz dieser unangenehmen Zwischenfälle wurden jede Enttäuschung und jede Anstrengung mit der Befriedigung und der Freude über erzielte Erfolge
belohnt. Unser Projekt wurde in Indien immer bekannter, besonders in Bombay. Es gab Leute, die es in den höchsten Tönen lobten, während es andere mit großem Unwillen sahen, weil es eine Gefahr für ihre zwielichtigen Geschäfte war.
Immer mehr Kinder fanden Schutz bei uns. Viele von ihnen kamen aus Kamathipura. Und weil wir sie aus den Bordellen freikauften, brachten wir die Mafia der Stadt, die sie ja ausbeuten wollte, um ihre Einnahmequelle. Dasselbe traf auf erpresserische Netzwerke in Dharavi oder andere Gauner zu, deren Drohgebärden unsere Aktivitäten begleiteten.
So kam es etwa zu einem Brandanschlag auf unsere Büros. Immer häufiger gab es auch anonyme Drohungen gegen meine Person. Eines Tages kam Sharmila aufgeregt ins Büro und rief:
»Die Polizei ist am Telefon. Schnell, bitte!«
Die Polizei? Was können die denn wollen? dachte ich noch.
Ohne weitere Erklärungen wurde ich auf das Revier in Andheri bestellt. Da ich sowieso schon seit Längerem mit der Polizei sprechen wollte, besonders über Schutzgeld-Erpressungen in Kamathipur, war ich zu einem Treffen nur zu gern bereit.
Die Beamten waren erstaunlich freundlich. Als ich in Andheri eintraf, baten mich zwei Polizisten, deren Namen ich aus Sicherheitsgründen besser ausspare, in ein heruntergekommenes Büro, in dem nicht die geringste Fröhlichkeit zu spüren war.
»Es geht um eine delikate Angelegenheit, Sir.«
»Nur Mut, Inspektor.«
»Vergangene Woche haben wir Razzien in zwei Wohnungen in der Grant Road durchgeführt. Sie gehören Herrn X, der etliche kriminelle Netzwerke in Dharavi und Kamathipura kontrolliert.«
»X ist ein stadtbekannter Zuhälter. Was hat er mit mir zu tun? Ich …«
»Sie sind in Gefahr, Sir. Ihr Name taucht mehrfach in den Unterlagen auf, die wir sicherstellen konnten.«
»Kann ich mir vorstellen. Solche Leute finden unsere Arbeit bestimmt nicht toll. Und deshalb haben Sie mich herbestellt? Nur aus diesem Grund?«
Ich fühlte mich wie in einem Krimi. Die Polizisten schienen ihre helle Freude daran zu haben, mich auf die Folter zu spannen. Dabei lag auf meinem Schreibtisch so viel Arbeit, dass ich keine Zeit zu verlieren hatte. Mir ging die Situation auf die Nerven. Der Inspektor sprach weiter:
»Ihr Leben ist in Gefahr, soviel ist sicher. Sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder,
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