Bombenbrut
unserer Bundeswehr und den Ministerien zusammen, also machen Sie sich nichts zu eigen, was uns ein kleiner Journalist einflüstern will.«
»Man müsste diesen Herrn Stocks in Berlin beschatten, dann wüssten wir, ob Herr Dold uns Märchen auftischt oder ob er Zeuge eines sich anbahnenden Bestechungsversuchs wurde.«
»Herr Sibold!« Möhrles Stimme wird laut und energisch. »Denken Sie, wir leben in einer Bananenrepublik? Dass ein Schweizer Geschäftsmann mit einem Koffer voller Geld in einem Ministerium in Berlin aufkreuzen kann und schon werden dort andere Entscheidungen gefällt? Das können Sie nicht ernsthaft glauben.«
»Ich habe mich ausführlich über diesen Holger Stocks informiert. Der Mann ist nicht einfach so ein Schweizer. Er ist deutscher Staatsbürger und sogar Mitglied der Regierungspartei. Und jetzt halten Sie sich fest: Er war Jurist am Landgericht in Freiburg und danach persönlicher Berater unseres ehemaligen Bundeskanzlers. Im Staatsministerium gehörte er einem engen Mitarbeiterkreis an. Wie Sie so schön sagen: Ein hervorragender Leumund.«
Fridolin Möhrles Augen werden finster, er nestelt nervös an seiner Fliege. Dann nimmt er seine Goldrandbrille von der Nase, angelt aus seiner Tasche ein blütenweißes, seidenes Tüchlein, haucht die Brillengläser an und putzt sie gründlich.
Sibold bleibt ungerührt sitzen. Er sieht zu deutlich, wie die Schilderungen des Überlinger Journalisten zu der Karriere dieses undurchsichtigen Herrn Stocks passen könnten. Für ihn ist klar, wenn es Bestechungsversuche in den Ministerien gibt, geschieht das über Mittelsmänner, die in den Ministerien ein und aus gehen, wie eben dieser Herr Stocks. Und dazu kommt, dass alles, was er über die aktuelle Tätigkeit dieses ehemaligen Polit-Karrierejuristen herausgefunden hat, äußerst widersprüchlich ist.
Da gibt es die Adresse einer Anwaltssozietät in Freiburg, zu der Stocks gehört, gleichzeitig ist er Berater verschiedener angesehener Firmen, die fast alle im Rüstungsgeschäft tätig sind: Angefangen von der Daimler-Benz AG bis zur Thyssen AG. Und das Überzeugendste für Sibold ist: Der Mann war laut seiner offiziellen Vita bereits selbst Staatssekretär im Verteidigungsministerium.
»Herr Sibold«, ermahnt der Regierungsdirektor seinen Untergebenen mit gedämpfter Stimme zur Aufmerksamkeit, »ich weiß, dass Sie mit Volljuristen im höheren Dienst Ihre Probleme haben. Aber nun sind Sie wirklich zu weit gegangen. Ohne uns, das kann ich Ihnen sagen, ohne uns Juristen stünde dieser Staat nicht auf solch sicheren Füßen, auf denen Sie ihn heute als besten Rechtsstaat, den es jemals auf deutschem Boden gab, erleben dürfen. – Und jetzt gehen Sie bitte und machen Sie Ihre Arbeit.«
Sibold schaut zu seinem Chef auf, sieht das ernste Gesicht und die Entschlossenheit des überzeugten Regierungsdirektors, schluckt trocken, steht auf und geht grußlos aus dem Zimmer.
Er schreibt wie aufgetragen in aller Kürze ein Protokoll, zitiert darin die wesentlichen Teile der Aussagen von Leon Dold und lässt es, mit einem Aktenzeichen versehen, zu seinem Chef bringen. Die Mühlen der Polizei mahlen langsam, das hat er gerade diesem Journalisten gegenüber zugegeben, aber er glaubt noch immer daran: Sie mahlen! Und er hält mit diesem neuerlichen Aktenzeichen das Räderwerk der Behörde allen Widrigkeiten zum Trotz am Laufen. Ein Aktenzeichen geht in jedem deutschen Amt seinen Gang, dem kann sich auch kein aufgeblasener Regierungsdirektor in den Weg stellen.
Sibold schlurft nach seiner Schreibarbeit über den Flur auf die Toilette, klatscht sich kaltes Wasser ins Gesicht, schnappt sich danach sein abgetragenes Sakko vom Kleiderhaken und verlässt das Präsidium. Er setzt sich in seinen giftgrünen Opel Omega und fährt Richtung Friedrichshafen.
Nichts tun, das geht für ihn nicht. Leon Dolds Geschichte klingt zu plausibel. Sie gibt dem Tod Kluges einen Sinn und erst recht der mysteriösen Motorbootexplosion. Es gibt keine anderen Anhaltspunkte. Sollte hinter all dem tatsächlich ein ausländischer Geheimdienst, gar der Mossad, stehen, ist auch Sibold klar, dass er dann nichts, aber auch gar nichts wird aufklären können. Jedoch, die andere Geschichte ist der Waffenverkauf von Defensive-Systems in den Iran, dazu die geplante Bestechung der Ausfuhrkontrollbehörde oder besser einiger Funktionsträger im Verteidigungsministerium. Er muss Schwanke auf den Zahn fühlen. Er wird ihn in die Mangel nehmen. Aber zuvor
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