Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall
Notwendige, die delikaten Details verschwieg er ebenso wie mögliche diplomatische Komplikationen.
»Ach so, ich verstehe. Dann bitten wir doch am besten gleich mal unseren Einsatzleiter, den Herrn Sievers, zu uns. Der kann Ihnen im Gegensatz zu mir in dieser Angelegenheit bestimmt weiterhelfen.«
Er führte ein kurzes Telefongespräch mit seinem Mitarbeiter, der offensichtlich eine ausgeprägte Verweigerungshaltung an den Tag legte. Erst eine deftige Drohung fruchtete. Etwa fünf Minuten später erschien der Einsatzleiter im Büro. Er war augenscheinlich ziemlich im Stress, denn er machte einen sehr gehetzten Eindruck.
»Chef, ich hab’s Ihnen ja schon am Telefon gesagt«, begann der muskelbepackte, glatzköpfige Bodyguardtyp, dessen äußeres Erscheinungsbild nun endlich Tannenbergs Vorstellung von einem richtigen Security-Mitarbeiter entsprach. »Ich hab überhaupt keine Zeit«, stieß er hechelnd hervor. »Ich muss dringend nach Kaiserslautern, da gibt’s gewaltige Probleme mit diesen komischen Fernsehfuzzis.« Nervös kratzte er sich auf seinem linken, mit einem Flammenschwert tätowierten Handrücken herum. Anschließend rieb er kurz sein Ohrläppchen, an dem ein großer, goldener Ring baumelte.
»Welche Probleme?«, wollte der Leiter des K 1 neugierig wissen.
Sievers warf dem Geschäftsführer einen fragenden Blick zu, der ihm sogleich zunickte. Nachdem er auf diese Weise die Erlaubnis eingeholt hatte, schimpfte der Einsatzleiter gestenreich los: »Ach, diese aufgeblasenen Typen vom Fernsehen haben sie doch nicht mehr alle! Denen kann man’s nie recht machen. Die wissen immer alles besser – verdammt und zugenäht.«
»Sind Sie und Ihre Leute etwa für die Quizshow morgen in der Fruchthalle zuständig?«
»Ja, klar. Das ist vielleicht eine Schrotthalle! Aus Sicherheitsgründen dürften dort überhaupt keine Großveranstaltungen stattfinden.«
»Wieso?«
»Warum interessiert Sie das denn? Bei uns brennt die Hütte und Sie fragen mich Dinge, die Sie überhaupt nichts angehen«, bellte Sievers aggressiv zurück. »Sind Sie nicht wegen etwas ganz anderem hier?«
»Doch, doch, natürlich.« Tannenberg räusperte sich.
»Wegen dieser blöden Fische, hat der Chef gesagt.«
»Genau.«
»Okay. Also: Ich hab eben in unseren Einsatzplänen nachgeschaut. Die beiden Kollegen, die dort heute Nacht auf Streife waren, hab ich gerade angerufen. Sie haben mir gesagt, dass sie den Japanischen Garten wie immer zu den festgelegten Zeiten überprüft hätten. Und zwar um 23 Uhr, um 1 Uhr 30 und um 4 Uhr. Ihnen sei dabei nichts Ungewöhnliches aufgefallen. War’s das?«
»Ja, im Augenblick schon. Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass wir zwei uns demnächst noch mal über den Weg laufen.«
»Hoffentlich bei Nacht und Nebel. Ich kann Bullen nämlich auf den Tod nicht ausstehen.«
5
Dr. Schönthaler staunte nicht schlecht, als Tannenberg ihn von Saarbrücken aus anrief und ihm mitteilte, dass er ihn gerne in einer Dreiviertelstunde zum Essen abholen würde. Der Rechtsmediziner willigte ohne Zögern ein, denn das überraschende Angebot erschien ihm überaus verlockend.
Zum einen deshalb, weil Tannenberg sich entgegen sonstiger Gewohnheit freiwillig dazu bereit erklärt hatte, die Restaurantkosten zu übernehmen. Und zum anderen, weil sein alter Freund verkündet hatte, ihn ausführlich über seinen spektakulären neuen Fall zu informieren. Als leidenschaftlicher Hobbykriminalist konnte er seine Neugierde nun natürlich nicht mehr zügeln.
Von gespannter Vorfreude erfüllt verließ er die tristen Katakomben und begab sich an die frische Luft. Zuerst wanderte er ungeduldig eine Zeit lang auf dem breiten Bürgersteig vor dem Haupteingang des Westpfalz-Klinikums auf und ab. Dann schlenderte er die Hellmut-Hartert-Straße entlang, bis zu der Stelle, an der diese in die Pariser Straße einmündet.
Knapp eine Viertelstunde später erschien endlich Tannenbergs feuerrotes BMW-Cabrio. Dr. Schönthaler hechtete geradezu ins Auto. Kaum hatte er darin Platz genommen, schon bedrängte er den Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission mit bohrenden Fragen. Aber der weigerte sich strikt, dem wissbegierigen Rechtsmediziner irgendwelche Auskünfte zu erteilen. Er müsse sich aufs Autofahren konzentrieren, behauptete er. Selbstverständlich war diese Begründung nur vorgeschoben.
Der wahre Grund lag vielmehr darin, dass er seinen besten Freund noch ein wenig auf die Folter spannen und in seiner Unwissenheit
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