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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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von Karpfen. Wohin er auch blickte, überall sah er nur gierig aufgesperrte Fischmäuler, starre Glotzaugen und dicke, wulstige Fischleiber, die sich besonders um die Boote herum dicht aneinanderdrängten, sich dabei übereinanderschoben und an diesen Stellen die aufgewühlte Wasseroberfläche regelrecht brodeln ließen.
    Zutiefst angewidert schüttelte sich Wolfram Tannenberg wie ein nasser Braunbär. Doch kurz darauf ging ein heftiger Ruck durch seinen Körper und er setzte sich wieder in Bewegung. Noch bevor er die Empfangsdame nach dem für die Bewachung des Japanischen Gartens zuständigen Mitarbeiter fragte, bat er die apart gekleidete Mittdreißigerin, ihm doch bitte die Bedeutung ihres Firmennamens zu erläutern. Bereitwillig klärte sie ihn darüber auf, dass SIOK die Abkürzung für ›Sicherheitsdienste – Individuallösungen – Objekt– und Klientenschutz‹ sei. Anschließend begleitete sie ihn zu dem eine Etage höher gelegenen Büro des Geschäftsführers.
    ›Klientenschutz‹, wie sich das anhört, amüsierte er sich, während er gemächlich neben der dezent parfümierten Frau die Treppenstufen emporstieg. Klingt richtig seriös, so als ob man sich hier in einer Anwaltskanzlei befände. Security – blöde Fremdsprachenbegriffe! Früher hieß das einfach ›Wach- und Schließgesellschaft‹.
    Der Mann, der dem Leiter des K 1 wenig später freundlich die Hand entgegenstreckte, wollte so gar nicht dem Bild entsprechen, das sich Tannenberg bislang von einem Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes gemacht hatte. Der ungefähr 30-jährige Geschäftsführer hatte weder einen kahl geschorenen Schädel, noch trug er eine Sonnenbrille, hinter der er mit grimmiger Miene hervorblickte, noch wies er das Gardemaß eines wandernden Kleiderschrankes auf. Nein, er sah eher aus wie ein leitender Bankangestellter oder wie ein selbstbewusster Jungunternehmer: sportliche Figur, mit einem geschmackvollen, dunklen Anzug bekleidet, akkurat geschnittenes, kurzes Haar, leicht gebräunt, glatt rasiert.
    »Sagen Sie mal, wirtschaftlich scheint es Ihrer Firma ja prächtig zu ergehen«, versetzte Tannenberg, während er seinen Dienstausweis präsentierte. »Und das in diesen schwierigen Zeiten.«
    »Ja, ja, ich weiß, das erscheint vielen auf den ersten Blick hin als paradox. Aber gerade in dieser Epoche des gesellschaftlichen Umbruchs, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft, wird das Sicherheitsbedürfnis der wohlhabenden Bevölkerungskreise zusehends ausgeprägter.«
    Er ging ein paar Schritte durch den lichtdurchfluteten Raum. Vor einem direkt an der Wand aufgestellten großen Tisch, auf dem in Miniaturformat eine Unzahl Häuser, Bäume und Zäune aufgebaut waren, blieb er stehen und wies mit seinem ausgestreckten Arm darauf.
    Als Tannenberg dieses Modell sah, dachte er sofort an eine mittelalterliche Stadtbefestigung.
    »Schauen Sie sich doch bitte nur mal unsere Security-Siedlung hier an«, begann der von sich und seinen Produkten extrem überzeugte Geschäftsführer zu erläutern. »Sie werden es nicht glauben, aber alle Häuser dieser exklusiven Wohnanlage sind bereits verkauft.« Er hob die Augenbrauen, warf Tannenberg einen scharfen Blick zu. »Und ich kann Ihnen versichern, dass diese Immobilien nicht gerade billig sind.«
    »Das glaub ich Ihnen aufs Wort«, entgegnete der Kriminalbeamte. »Aber irgendwie erinnert mich diese Festungsanlage sehr an einen Hochsicherheitstrakt.«
    Der Mann lachte auf. »Genau das soll es ja auch sein, Herr Hauptkommissar: Streifendienste, Videoüberwachung, Sicherheitszäune usw. – eben die gesamte Palette dessen, was wir unseren hochsolventen Klienten bieten können!«
    »Also ich möchte in diesem Gefängnis nicht leben.«
    »Gefängnis?«, schnaubte der Geschäftsführer, dem anscheinend schlagartig klar wurde, dass sein Gegenüber für dieses Projekt offenbar nicht zu begeistern war. Er brummte, kratzte sich nachdenklich am Hals. »Hab ich das eben auf Ihrem Dienstausweis richtig gelesen? Sie sind von der Mordkommission?«, beendete er seinen geradezu leidenschaftlich vorgetragenen Exkurs in die Welt der modernen Sicherheitstechnik.
    »Ja, ja, aber machen Sie sich mal keine Gedanken«, beschwichtigte Tannenberg. »Es geht nicht um ein Kapitalverbrechen, sondern um etwas ganz anderes.« Mit wenigen Sätzen erläuterte er ihm den Grund, der ihn hierher geführt hatte. Allerdings beschränkte er sich bei seinen Äußerungen auf das

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