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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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rührend um ihn: Heiner führte Kurt aus, Mutter Margot versorgte ihn mit Zwieback, einer Wärmflasche und einer Kanne Tee. Und selbst sein störrischer Vater zeigte sich ungewöhnlich hilfsbereit und übernahm die Markteinkäufe, für die samstags normalerweise Tannenberg zuständig war.
    Am frühen Nachmittag meldete sich Dr. Hollerbach bei ihm. Er erkundigte sich nach dem Ermittlungsfortschritt in der ›hyperdelikaten Koisache‹ – wie er wörtlich sagte. Tannenberg erklärte, dass es heute von seiner Seite her überhaupt keinen Ermittlungsfortschritt gäbe, da er erkrankt sei. Die neugierige Nachfrage des Oberstaatsanwalts nach dem Grund seiner plötzlichen Unpässlichkeit beantwortete er in bewährter Manier: Er habe gestern Abend einen Koi verspeist und sich offensichtlich daran den Magen verdorben.
    Daraufhin teilte ihm der ranghöchste Vertreter der Kaiserslauterer Staatsanwaltschaft brüllend mit, dass er sich umgehend an den Kriminaldirektor wenden werde. Nur wenige Minuten später rief tatsächlich Eberle bei ihm an und forderte seinen provokanten Mitarbeiter zum wiederholten Male dazu auf, sich gegenüber dem Oberstaatsanwalt in Zukunft doch bitte kooperativer und vor allem weniger rüpelhaft zu gebärden.
    Vor etwa einer Stunde erschien Dr. Schönthaler an Tannenbergs Tür, zwecks Krankenbesuchs, wie er schmunzelnd betonte. Seine Mitbringsel hatte er – nach eigenem Bekunden gerecht – aufgesplittet: Für sich eine Flasche Barbera d’Alba und mehrere Päckchen Grissini, für seinen immer noch sichtlich angeschlagenen Freund eine Flasche Cola und ein großes Paket Salzbrezeln. Letztere Gastgeschenke bezeichnete der Rechtsmediziner als Kondolenzgaben für einen Schwerstkranken.
    Tannenbergs Appetit kehrte allmählich zurück. Der magenlädierte Kriminalbeamte schob sich gleich mehrere Grissinistangen auf einmal in den Mund. Er begann gerade damit, sie geräuschvoll zu zerkleinern, als sein Handy klingelte. Es lag auf dem Couchtisch in Reichweite des Rechtsmediziners.
    »Ich kann nicht. Komm, Rainer, geh du mal ran«, bat er schmatzend.
    Der tat, wie ihm geheißen. »Schönthaler. – Ja, ich bin’s, Sabrina. – Was ist los? – Das glaub ich nicht! Das Ofenrohr und der rote Zahnstocher? – Nein, sag’s ihm bitte selbst, er sitzt direkt neben mir.« Völlig perplex übergab er das Handy an Tannenberg und erhob sich kopfschüttelnd.
    »Ofenrohr und Zahnstocher?«, fragte Tannenberg mit gekrauster Stirn, wobei er gleichzeitig mit der Zunge in seinem Mund nach Grissiniresten fischte.
    »Genau, Wolf. Du kennst doch diese beiden Plastiken direkt vor der Pfalzgalerie«, sagte seine junge Mitarbeiterin.
    »Ach so, na klar kenne ich diese hässlichen Dinger. Das Ofenrohr hat doch früher vorm Rathaus gestanden. Irgendwann haben sie’s dann weggeschafft – wegen massiver Bürgerproteste. Verschandelung und …«
    »Und dort sind vor ein paar Minuten zwei Sprengsätze detoniert«, vollendete Sabrina Schauß. »Die Kunstwerke sind zerstört. Aber …«
    »Kunstwerke?«, warf Tannenberg ketzerisch ein. »Wo ist der Täter, ich möchte ihm gerne persönlich gratulieren.«
    »Du solltest besser keine Witze darüber machen.«
    »Wieso?«
    »Weil es einen Toten gegeben hat.«
    »Was?«
    »Ja. Du kennst ihn sicher: Es ist Dr. Winkelmann, der Landtagsabgeordnete.«
    »Ach, du dickes Ei! Wir sind schon unterwegs.«
     
    Der Gerichtsmediziner warf Tannenberg seine schwarze Lederjacke zu. Aber der zog sie nicht an, sondern legte sie nur über die Schulter. Die beiden Männer eilten hinunter in die Garage. Mit dem betagten BMW-Cabrio des Kriminalbeamten brausten sie die Breitscheidstraße entlang bis zur Marienkirche, schwenkten dann rechts in die Königstraße ein.
    Als kurz nach dem Fackelrondell linker Hand die Bruchsandsteinfassade der Fruchthalle mit ihren unzähligen hellerleuchteten Rundbogenfenstern auftauchte, dachte Tannenberg zum ersten Mal nach Sabrinas Anruf wieder an seine Familie, die in diesem Augenblick nur ein paar Meter Luftlinie von ihm entfernt hinter den dicken Sandsteinmauern des Prunkbaus saß und ihr Rateglück versuchte.
    »So ein verdammter Mist! Wieso muss dieses Bombenattentat ausgerechnet jetzt passieren?«, zischte Tannenberg frustriert vor sich hin.
    »Vielleicht sind wir schon schneller wieder zurück auf deiner Couch, als du denkst«, orakelte Dr. Schönthaler.
    »Wie kommst du denn auf so was?«
    »Ganz einfach. Sabrina hat garantiert inzwischen die Staatsschutzabteilungen beim LKA

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