Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall
sonderlich hatte beeindrucken lassen.
Sie hastete in ihr Arbeitszimmer und schaltete den Computer ein. Während der PC hochfuhr, erschien sie noch mals bei ihren Kollegen und erläuterte ihre neuerliche Eingebung. »Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich vor kurzem irgendwo etwas über den Moderator dieser Ratesendung gelesen. Im Zusammenhang mit finanziellen Problemen … oder einem Strafverfahren gegen ihn.«
»Was?«, zeigte sich Tannenberg sehr verwundert. »Gegen diesen Marco Kern?«
»Ja. So heißt der doch, oder?«
Ihr Vorgesetzter nickte.
»Ich schau schnell mal im Internet nach«, versetzte Sabrina, schon auf dem Weg zurück in ihr Arbeitszimmer.
Kaum mehr als eine Minute später traf sie wieder bei ihren Kollegen ein. Sie hielt ein Blatt in der Hand und strahlte über das ganze Gesicht. »Ich hab’s doch gewusst. Hier steht’s: Starmoderator in der Klemme. Marco Kern hat sich mit der von ihm gegründeten Produktionsgesellschaft finanziell übernommen. Laut eines glaubwürdigen Informanten steht das Unternehmen kurz vor der Insolvenz.«
»Das ist ja wirklich interessant«, erklärte Tannenberg, während ein schadenfrohes Lächeln seine Lippen umspielte. »Anscheinend gelingt diesen dauersmilenden Showfuzzis auch nicht immer alles.«
»Dann könnte es doch auch durchaus sein, dass ein Komplize des Moderators die Taten begangen hat, oder?«, fragte Dr. Schönthaler mit gekrauster Stirnpartie.
»Warum eigentlich nicht?«, erwiderte der Kriminaltechniker. »Ich frage mich schon die ganze Zeit über, wie ein Externer es geschafft haben sollte, an die Telefonnummer dieses Regisseurs zu kommen. Es war ja nicht seine private Festnetznummer, sondern die Gespräche liefen über den Apparat im Übertragungswagen. Und diese Nummer steht garantiert nicht im Telefonbuch.«
»Damit versetzt ihr natürlich meiner Hypothese mit dem ortsansässigen Einzeltäter einen Todesstoß«, seufzte Tannenberg.
»Oder auch nicht«, bemerkte der Rechtsmediziner. »Mit der kriminellen Energie, über die der Täter ja zweifelsohne verfügt …«
»Ja, theoretisch möglich ist es schon für einen Externen, an diese Nummer heranzukommen«, fiel ihm Mertel ins Wort. »Aber es birgt für den Täter eben auch das enorme Risiko in sich, aufzufallen. Und gerade das wollte er garantiert nicht.«
Dr. Schönthalers Miene verfinsterte sich. Er war wohl verschnupft darüber, dass Mertel ihn so brutal abgewürgt hatte. Er schwieg jedoch und hörte weiter konzentriert zu.
»Aber noch mal zurück zum Moderator«, fuhr der Kriminaltechniker fort. » Der kannte diese Telefonnummer. Und er wusste laut Aussage des Regisseurs nichts davon, dass in den Koffern kein Geld war. Das wussten nach unserem bisherigen Kenntnisstand nur Lottner und sein Chef.«
»Was, so ganz nebenbei bemerkt, logischerweise diesen Gero Lottner als potentiell Verdächtigen völlig ausschließt. Denn warum sollte er zwei wertlose Koffer stehlen lassen?«, warf Tannenberg ein.
»Stimmt!«, pflichtete ihm Mertel bei. »Ganz im Gegensatz zu Kern, der ja davon ausging, dass sich in diesen goldenen Koffern 10 … Millionen … Euro befanden.«
»Gut, Karl, wir behalten diese interessante These im Hinterkopf«, verkündete der Leiter des K 1. »Aber lasst uns jetzt mal darüber nachdenken, wer überhaupt relativ problemlos in den Besitz dieser Telefonnummer gelangen konnte.«
»Natürlich alle Event-TV -Mitarbeiter«, antwortete Sabrina als Erste.
»Die Leute von diesem Sicherheitsdienst«, ergänzte Mertel.
»Die angeblich auch nichts davon wussten, dass kein Geld in den Koffern war. Das jedenfalls hat dieser Lottner behauptet«, versetzte Tannenberg.
»Aber, ob das auch wirklich stimmt, Wolf?«, wandte Dr. Schönthaler ein. »Ich traue keinem dieser Fernsehleute über den Weg. Schließlich sind das alles wahre Meister der Illusion. Vielleicht will man uns nur an der Nase herumführen und das Motiv für diesen ganzen Albtraum liegt ganz wo anders verborgen.«
Die anderen drei bombardierten den Rechtsmediziner mit fragenden, ungläubigen Blicken.
»Vielleicht hat der ermordete Politiker ja einem dieser mächtigen Medienmogule kräftig auf die Füße getreten«, setzte er seine Ausführungen fort. »Und der hat ihn sich nun vom Hals schaffen lassen. Vielleicht war alles andere nur ein makabres Ablenkungsmanöver. Eines, das vielleicht noch nicht einmal der Mörder selbst durchschaut hat.«
Tannenberg blies die Backen auf und ließ aufstöhnend die Luft entweichen.
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