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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Steuer, Tannenberg sprang auf den Beifahrersitz.
    Mertel hatte einen Anruf aus der Zentrale erhalten. Als sein Kollege das Wort ›Steinbruch‹ verlauten ließ, machte es in seinem Kopf ›klick‹ und in seinem Gehirn tauchte die Assoziation ›Sprengstoff‹ auf.
    Der Kriminaltechniker lehnte sich nach vorne und las aus seinem Notizblock vor: »Gregor Michalsky, wohnhaft auf der Eselsfürth, Steinbruchbesitzer und Künstler. Ledig, Vater vor einem Jahr verstorben, Mutter lebt in den USA. Eine Vorstrafe wegen illegalen Rauchgiftbesitzes.«
    »Woran ist der Vater gestorben?«, sprudelte es aus Tannenberg heraus.
    »Weiß ich nicht, versuch ich aber nachher noch abzuklären.«
    »Ist ja auch nicht so wichtig«, murmelte der Leiter des K 1 kopfschüttelnd. Er haderte mit sich, weil er eben diese völlig nebensächliche Frage gestellt hatte. Dann schlug er sich an die Stirn.
    »Wieso bin ich denn nicht selbst auf diese Idee gekommen? Ist doch eigentlich sonnenklar: Steinbruch«, schnaubte er verächtlich. » Die besitzen natürlich Sprengstoff – sogar ganz legal. Und die Eselsfürth gehört zum selben Schulbezirk wie das Grübentälchen. Das weiß ich doch eigentlich alles.«
    »Na, ja, alter Junge, nimm’s nicht so tragisch. Wir waren ja wohl alle gleich dusselig, wenn ich das mal so locker flockig sagen darf«, versetzte der Rechtsmediziner.
    Aber Tannenberg ließ sich nicht trösten, er ärgerte sich maßlos über sein Unvermögen. Du verdammter Idiot! Du hättest darauf kommen müssen !, bombardierte er sich mit weiteren Selbstvorwürfen.
    An der Donnersbergstraße bremste Sabrina scharf ab. Die Ampel zeigte rot. Sie warf das Blaulicht aufs Dach und schaltete es ein. Da die beiden Autos vor ihr nicht gleich eine Gasse bildeten, fuhr sie hupend über den Bürgersteig. Der Lärm riss Tannenberg aus seinen düsteren Gedanken. Plötzlich war er wieder hellwach und hoch konzentriert. Sein hektischer Blick hakte sich auf einem der Klassenfotos fest, die er trotz des überhasteten Aufbruchs reflexartig zusammengeschoben und mitgenommen hatte. Seine Augen bohrten sich geradezu in das Gesicht des etwa zehn Jahre alten Gregor Michalsky, der ihm mit einer für dieses Alter ungewöhnlich selbstbewussten Mimik entgegenblickte.
    »Verdammt, ich kenne ihn!«, stieß er mit einem Mal hervor.
    »Wieso denn das?«, fragte Dr. Schönthaler hinter seinem Rücken.
    Tannenberg klatschte sich erneut an die Stirn und schloss die Augen. »Natürlich kenne ich ihn. Jetzt hab ich das Bild genau vor mir: Es ist vielleicht zehn, fünfzehn Jahre her. Mein Vater wollte unseren Hof und die Treppen erneuern. Wir sind auf die Eselsfürth zu diesem Steinbruch gefahren. Da war so ein kleiner Junge, der uns ein paarmal fotografiert hat. Außerdem hat er ganz konfuses Zeug erzählt und uns Löcher in den Bauch gefragt. Daraufhin hat ihn sein Vater weggescheucht. Aber dieser kleine Knirps ist immer wieder zu uns zurückgekehrt. – Das muss dieser Michalsky gewesen sein.«
    Ohne dass es ihm bewusst war, strich er mit den Daumen mehrmals über seine Fingerkuppen hinweg. So wie er es damals getan hatte, und zwar wochenlang. Diese Angewohnheit hatte sich zu einer regelrechten Zwangshandlung entwickelt, die er sich nur mit Leas Hilfe wieder abgewöhnen konnte.
    Ein paar Tage nach dem Besuch des Steinbruchs war die vereinbarte Lieferung in der Beethovenstraße eingetroffen. Da Heiner nicht zu Hause war, mussten er und sein Vater die schweren Platten und Sandsteinstufen ganz alleine abladen. Er hatte nicht einmal eine Sekunde daran gedacht, Handschuhe anzuziehen. Mit dem Ergebnis, dass sich die oberste Hautschicht seiner Fingerkuppen abgelöst hatte, so als sei sie mit feinem Sandpapier abgeschmirgelt worden. Erst nach dem Abladen hatte er dann eine extreme Überempfindlichkeit registriert. Jede noch so kleine Berührung mit den rosaroten Fingerspitzen verursachte höchst unangenehme Schmerzen. Selbst nachts wurde er andauernd wach, nur weil er beim Umbetten den Stoff gestreift hatte.
    Das Zivilfahrzeug passierte den am östlichen Rand der Stadt gelegenen Technologiepark. Unmittelbar neben der Mainzer Straße leuchtete den Ermittlern die Glasfront eines Fitnesscenters entgegen.
    »Wolf, das wär doch mal was für dich. Ich glaub, ich schenk dir zu Weihnachten einen Gutschein. Dann setzt du dich neben diese verschwitzten Menschen aufs Fahrrad und strampelst dir mal ordentlich deine Aggressionen aus dem Leib.«
    »Mist, wo geht’s denn hier zur B 40?«,

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