Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
Vom Netzwerk:
über die Fingerkuppen zu streichen, so als wolle er sich dadurch versichern, dass die oberste Hautschicht inzwischen wieder nachgewachsen war.
    Zu seiner großen Überraschung war das Rolltor nicht verschlossen. Ja, es war noch nicht einmal verriegelt, denn der riesige Metallzapfen stand etwa fünf Zentimeter von seinem Gegenstück entfernt. Er fasste in den Spalt und drückte mit seinem Körpergewicht dagegen. Das Tor reagierte zwar mit einem quietschenden Rollgeräusch, aber es war bedeutend leiser, als er befürchtet hatte.
    Muss wohl vor kurzem geschmiert worden sein, dachte er. Er blickte sich ängstlich nach allen Seiten um. Vielleicht eine Falle?
    Er verscheuchte den Furcht einflößenden Gedanken und trat einen Schritt zurück. Mit eindeutigen Handzeichen forderte er seine Kollegen auf, zu ihm zu kommen. Um sie noch mals eindringlich zum Schweigen zu ermahnen, warf er seinen Zeigefinger vor den Mund. Er horchte angestrengt. Natürlich hörte er von seinem Standpunkt aus den schnell an- und abschwellenden Verkehrslärm. Er stammte von den auf der Bundesstraße vorbeirauschenden Autos. Aber da war auch noch ein anderes, diffuseres Geräusch. Er vermochte es allerdings nicht einzuordnen.
    Tannenberg zwängte sich als Erster durch den engen Torspalt. Die anderen Ermittler folgten ihm. Nach ein paar Schritten blieben sie stehen, blickten sich um. Direkt vor ihnen erstreckte sich das mächtige, von wabernden Dunstschleiern umwölkte Felsmassiv des Steinbruchs. Links davon lagen in wildem Durcheinander gesägte und unbearbeitete Felsbrocken herum. Viele waren verwittert und darüber hinaus zum Teil mit Ginsterbüschen und anderem Gewächs überwuchert. In diesem Teil des weitläufigen Areals befand sich zudem ein geröllhaldenähnlicher Lagerplatz, der vorwiegend aus Trockenmauersteinen bestand.
    Mehrere Bagger und Kipper sorgten für blassgelbe Farbtupfer in der ansonsten von rötlichen Farbtönen dominierten Umgebung. Überall auf dem Gelände zeugten sowohl abstrakte als auch gegenständliche Sandsteinskulpturen von ausgeprägten künstlerischen Aktivitäten.
    In östlicher Blickrichtung entdeckten die Eindringlinge hinter mehreren Rohblöcken und anscheinend frisch gesägten und aufeinander gestapelten Sandsteinquadern das Dach eines flachen Gebäudes. Mehr konnten sie von dieser Position aus nicht erkennen.
    »Wenn, dann ist er bestimmt da vorne drin«, hatte Mertel gerade geflüstert, als unweit von ihm entfernt zwei Eichelhäher laut krächzend in die Höhe stoben.
    Erschrocken fuhren alle zusammen, duckten sich und nahmen die Köpfe zwischen die Schultern. Doch der Spuk endete genauso plötzlich, wie er aufgetaucht war. Sie spitzten die Ohren, konnten jedoch keine akustischen Veränderungen wahrnehmen. Aber sicherheitshalber warteten sie noch ein paar Sekunden ab.
    Tannenberg gab das Startzeichen. Wieder führte er die Gruppe an. Während er im Zickzackkurs durch den Skulpturenpark aus urigen Felsblöcken hastete, suchte er nach Drähten oder sonstigen Auffälligkeiten. Jedes Mal, wenn er eine kurze Wegstreckte absolviert und eine gute Deckung gefunden hatte, winkte er den Nächsten herbei.
    Je näher die Ermittler dem vermeintlichen Domizil Gregor Michalskys kamen, umso deutlicher wurde das Geräusch, das Tannenberg zuvor nicht näher definieren konnte. Es handelte sich dabei unzweifelhaft um eine Schleifmaschine, wie Mertel mit dem Fachwissen eines altgedienten Kriminaltechnikers lapidar feststellte. Unterlegt von Musik, wie er zudem anmerkte.
    »Dann ist der werte Herr Künstler anscheinend gerade bei der Arbeit. Und das am heiligen Sonntag«, wisperte Dr. Schönthaler, mit dem Rücken an eine glatt gesägte, kalte Sandsteinwand gelehnt.
    Im Gegensatz zu seinen Gefährten merkte man ihm eine psychische Belastung kaum an. Er schien sogar sichtlich Gefallen an diesem indianerspielartigen Szenario zu finden. Seinen Humor hatte er allem Anschein nach auch noch nicht gänzlich verloren, denn schmunzelnd ergänzte er: »Mich wundert überhaupt nichts mehr. Der Besitzer eines pfälzischen Steinbruchs, der akzentfreies Hochdeutsch spricht. Sachen gibt’s heutzutage.«
    Tannenberg nahm diesen Einwurf lediglich als peripheres Rauschen wahr. Seine Sinne waren auf etwas ganz anderes konzentriert. Er stand hinter einem vergleichsweise großen Steinquader und lugte vorsichtig daran vorbei. Er blickte auf die teilverglaste Front eines lagerhallenähnlichen Schuppens. Hinter der beleuchteten, milchigtrüben Glasfläche

Weitere Kostenlose Bücher