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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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Wand.
    Zessi Mirabella. Prinzessin ... Rate, wer kommt ... Viuhh.
16
    Die äußersten Mittel zuerst. Und dann zu den konkreten Beispielen. Aber zuvor das Prinzip der behutsamen ersten Maßnahme. Das muss betont werden!
    Katri nahm den ausgedruckten Text aus ihrer Handtasche, stützte sich auf das Regal mit den Eishockeyhelmen und schrieb an den Rand des Blattes.
    Die Maßnahme muss so gewählt werden, dass dabei möglichst wenig in das Selbstbestimmungsrecht von Familie und Kind eingegriffen wird.
    Katri blickte auf.
    »Weg mit dem Buch!«, rief sie fast automatisch.
    Marja hatte wieder das Buch hervorgekramt, das sie in der Tasche mit sich herumtrug, und keine Anstalten gemacht, die Schlittschuhe anzuprobieren, die Katri ihr hingestellt hatte.
    Als Antwort kam ein Brummen.
    Die Pubertät könnte gern noch ein bisschen auf sich warten lassen, dachte Katri. Ich war mit zwölf jedenfalls noch brav und folgsam. Allerdings gab es damals noch kein Internet, wo man unter der Anleitung größerer Mädchen schon mit zehn auf Pornoseiten kam.
    Saara probierte bereits das Paar an, das sie sich selbst ausgesucht hatte. Es waren Spitzenschlittschuhe, fast neu. Der Preis war entsprechend.
    Also gut, wenn noch ein bisschen Luft vorne ist, dann gehen sie nächstes Jahr auch noch, sagte sich Katri, außerdem haben wir keine Zeit, ewig zu suchen.
    Sie sah, dass Marja schon wieder das Buch aufgeschlagen hatte.
    Die äußersten Mittel.
    Katri riss Marja das Buch aus der Hand.
    Marja protestierte lautstark, alle Köpfe drehten sich in ihre Richtung, wegen der Skiferien war der Laden für gebrauchte Sportsachen mitten am Tag voller Leute.
    Katri erinnerte ihre Tochter daran, dass sie nur deshalb hier waren, weil jemand am Tag zuvor vom Wochenendhaus der Großeltern aus angerufen und sich beklagt hatte, die Schlittschuhe wären zu klein. Auf dem See dort war eine Eisbahn freigeräumt worden, wo die Mädchen übermorgen wieder laufen könnten.
    »Falls noch Interesse besteht.«
    Marja murmelte irgendwelche Widerworte, ging aber dazu über, die Schlittschuhe anzuprobieren.
    Als Nächstes werde ich einige konkrete Beispiele vorstellen.
    »Kommst du dann einen Tag später nach?«, wollte Saara wissen.
    »Natürlich«, antwortete Katri, es war wunderbar, dass es die Neunjährige in der Familie gab, die mit Mutters Gesellschaft noch etwas anfangen konnte.
    »Ganz bestimmt?«
    »Ganz bestimmt«, sagte sie und spürte einen Stich.
    Den wohlbekannten Stich.
    Wenn man sich mit der Nadel in den Finger sticht, tut es bestimmt weh.
    »Ganz bestimmt.«
    Die ultimative Antwort.
    Sie klang nach. Vier Jahre fast, und noch immer hallten die Worte nach. Auch in der Vorlesung nächste Woche. Aber kontrolliert, im Sachzusammenhang vorgetragen.
    Ganz bestimmt, sagte ich zu dem kleinen Jungen, den ich nicht kannte. Ganz bestimmt kommt dich die Mama holen.
    Sie war dem Jungen, der sich im Kleiderschrank versteckt hatte, zum ersten Mal begegnet und kannte nur seinen Namen. Und die Situation, die sie vor Augen hatte, mit der sie dort konfrontiert worden war.
    Aber obwohl sie den Jungen nicht gekannt hatte, war er ihr doch auch vertraut gewesen. So wie jedes Kind. Die unverstellten Gesten eines kleinen Menschen, wenn seine Not am größten ist.
    Die Polizei machte die Tür auf. Dunkle Wohnung. Keine einzige unbeschädigte Lampe, aber ein Licht. Das Licht aus dem Kühlschrank, dessen Tür jemand herausgerissen hatte.
     
    Auch in unserem Fallbeispiel nahmen wir zunächst eine Bestandsaufnahme vor, setzten die einzelnen Informationssplitter zusammen. Der vierjährige Matti wurde im Kleiderschrank gefunden, wo er sich versteckt hatte. Auf dem Balkon versuchte die Polizei mit der Mutter zu reden, die jedoch infolge von Drogen, Alkohol und Misshandlung praktisch stumm war. Ihr Freund hatte sie ans Balkongeländer gefesselt und geschlagen. Als erste Maßnahme musste die sofortige Inobhutnahme des Kindes in die Wege geleitet werden. Ein Prozess, der zur dauerhaften Unterbringung führte, stand möglicherweise bevor.
    Halten wir an dieser Stelle kurz inne. Warum hat sich niemand früher bei uns gemeldet? Die Nachbarn. Die Verwandten. Die Schwelle für eine Fremdmeldung ist oft erstaunlich hoch. Allerdings hatte in unserem Fall ein Großelternteil sogar zweimal angerufen. Aber der Mutter war es trotz ihrer verzweifelten Lage jedes Mal gelungen, innerhalb der wenigen Stunden bis zum Besuch der ASD-Mitarbeiterin eine Kulisse zu errichten. Die Angst, das eigene Kind zu

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