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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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gehört.
    Wieder war er von einem Albtraum geweckt worden. Er hatte am Küchentisch gesessen und in die Dunkelheit gestarrt. Hatte nach den richtigen Worten gesucht. Nach Worten, mit denen er sich bedanken könnte. So wie jetzt.
    Danke. Danke, dass es auf der Welt so unfassbar viel Schönheit gibt.
    Es gibt auch Bosheit. Unfassbare Bosheit.
    Und Dunkelheit. Es gibt tatsächlich Dunkelheit. Überall, sie schlingt sich um mich, aber in ihrer Mitte leuchtet das Licht. Inmitten der Unendlichkeit des Universums und der Dunkelheit reflektiert jeder Mensch, jedes Lebewesen auf seine bescheidene Weise das Licht. Ist ein Teil von ihm.
    Auch diese Frau. Auch sie muss es haben ... Ich ahne das Licht in ihr. Eine Art von Licht.
    Eine Art von Schönheit.
    Die Frau aus dem Albtraum.
    Er hatte es nicht ahnen, die beiden Personen nicht miteinander in Verbindung bringen können. Diese Frau und die Frau vor der Tür. Die Frau, über deren nervöse Mails und ständigen Terminabsagen er sich nur ein bisschen gewundert hatte. Immerhin hatte er im Lauf der Jahre schon mehr von diesen ehrgeizigen Karrieremenschen, die vor lauter Druck kaum vorwärtskamen, erlebt. Manche waren schwer angeschlagen gewesen.
    So wie er alle möglichen unglücklichen Gestalten im Hinterzimmer des Ladens gesehen hatte, wie sie sich auf dem Plastikstuhl wanden, beim Warten auf die Polizei. Jedes Mal ein peinlicher Moment. Und es war nicht das erste Mal, dass da Mutter und Kind saßen.
    Aber nie war es so abgelaufen wie in diesem Fall. Nie zuvor hatte eine der tausenden Personen, die durch die Gänge des Ladens gegangen waren, den Weg in seine Träume gefunden. Nur diese Frau. Diese Mutter.
    Mit dem süßen kleinen Mädchen. Süß wie alle Kinder. Das mit großen Augen die Hand der Mutter umklammert hält. Vertrauensvoll.
    Ein Kind strahlt Licht aus, Schönheit. Direkt neben dem Schwarzen Loch. Hinter dem Albtraum.
    Schönheit als Schönheit zu erkennen setzt einen gewissen Abstand voraus, hatte einer am Morgen im Radio gesagt. Nach einigem Zögern, nachdem er nach Worten gesucht hatte.
    Das war unwahrscheinlich gut formuliert gewesen. Mehr hatte Erkki nicht mehr hören wollen, das hatte ihm gereicht. Er hatte das Radio ausschalten müssen.
    Schönheit setzt Licht voraus. Das hätte er selbst so ausdrücken können. Aber dass auch Entfernung notwendig war, hatte er nur geahnt.
    Jetzt hatte es jemand ausgesprochen Schönheit als Schönheit zu erkennen setzt einen gewissen Abstand voraus .
    Das war die unvermutet in wenige Worte gekleidete Begründung dafür, dass er lebte, dass er so lebte, wie er lebte. Der Mensch muss in einem gewissen Abstand zu allem leben. Zu all dem, was er für schön hält.
    Ein anderer Mensch ... kann schön sein. Wenn man richtig hinschaut, im richtigen Moment und im richtigen Licht. Aus der richtigen Entfernung. Ein bisschen im Geheimen.
    Denn der Mensch hat etwas von seinem Schöpfer.
    Manchmal kann es eine Freude sein, einen Menschen anzuschauen. Die Verkaufstheke und die Rolle des Kaufmanns boten dafür den passenden Abstand.
    Es klopfte an der Tür.
    Die Frau. Zu nahe. Viel zu nahe. Aber lieber Gott, die Welt ringsum ist unfassbar schön .
15
    Die Hand zitterte.
    So dumm. So scheißblöd.
    Tomi hielt das Handy weit von sich weg.
    Voll der Idiot.
    Mira ... bella. Oh Mann. Dein Helfer ist beknackt.
    Er hatte sich einfach nicht beherrschen können. Hatte wieder versucht, die neue Nummer, die Mira ihm gegeben hatte, anzurufen. Obwohl sie sich seit Tagen nicht unter der Nummer meldete.
    Jetzt hatte sich jemand gemeldet.
    Die alte Kobra ... die Scheißhexe ...
    Irgendwas ... so eine Kackpisse ... stimmt da nicht ... da stimmt was überhaupt nicht ...
    Aber der Doc haut sich rein ... er muss ...
    Hunger, auf einmal wahnsinniger Hunger. Bei Oma zu Hause gäbe es was zu essen.
    Aber traut er sich, zurückzukehren? Er wartete eine ganze Ewigkeit. So lange, bis die anderen mit Sicherheit keine Lust mehr hatten, ihm aufzulauern.
    Dann ging er zurück. Vorsichtig auf die Häuser zu.
    Falls niemand draußen wäre, könnte er einfach mal schnell zu Miras Tür rennen. Falls Mira nicht rauskäme, könnte er immerhin versuchen, durch den Briefschlitz mit ihr zu sprechen. Das hatte schon mal funktioniert.
    Tomi stieg den Hang hinauf und erreichte das Haus. Ganz vorsichtig spähte er um die Ecke in den Hof.
    Der Hof war leer. Vollkommen leer. Irgendwie kam ihm auch das nicht geheuer vor.
    Miras Fenster. Die Vorhänge zu. Kein Licht? Normalerweise

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