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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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den Bettrand, an die Stelle neben dem Knie, wo sich die Decke etwas hob. Klopfte mit der flachen Hand leicht auf die Matratze.
    »Wiedersehen«, sagte er.
    Tomi trat ganz dicht ans Bett heran, legte die Hand auf die Bettdecke, fast in die Mitte, klopfte leicht.
    »Wiedersehen«, sagte er.
    Dann streckte er die Hand zu der Stelle an den Schultern aus, wo die Decke endete. Dort ließ er sie sinken und hob sie wieder. Drehte sich um und rannte, ohne auf Ari zu warten, aus der Tür.
    Wie einer, der weiß, wie man Abschied nimmt, wenn es zu sehr wehtut, würde Ari in seinem Roman schreiben.
19
    Alles bewegte sich auf sie zu und dann wieder von ihr weg. Sonderbar. Riesige weiße Flecken, Placken. Es kam ihr wunderbar vor, weich.
    Schneller!
    Platsch, platsch ...
    Sie lachte, kicherte, konnte sich nicht beherrschen. Es ging ihr gut, besser, die Räder drehten sich. Vorne ein Schneepflug, macht nichts, Blinker setzen und vorbei. Schneematsch spritzte gegen die Windschutzscheibe. Einen Moment lang sah man nichts. Noch ein bisschen mehr Gas, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, die Scheibenwischer wischten um ihr Leben, keine Panik, liebe Wischer, gleich sieht man die Straße wieder.
    Der Rausch des Fahrens. Paula trat noch mehr aufs Gas. Was für ein irrer Schneefall!
    »Du kennst ... Strecke?«, war Amirs Stimme neben ihr zu hören, irgendwie ängstlich.
    »Ja, ja«, erwiderte Paula, »über den Ring und dann ...«
    Sie blickte in den Spiegel. Der Junge schien sich bei der Geschwindigkeit wohler zu fühlen als sein Vater, er war in seiner eigenen Welt versunken, hatte Kopfhörer auf.
    Müsste sie sich mit dem Herrn Papa unterhalten? Beruhigenden Smalltalk machen?
    »Ich hab übrigens meine Tochter in ihrem Zimmer eingeschlossen«, fing Paula an.
    »Du? Was?« Amir schien nicht zu verstehen.
    »Genau, und gerade hab ich gemerkt, dass ...«, fuhr Paula fort, warf dann aber einen Blick auf den verwirrten Amir. »Schon gut ... Mit Kindern ist es halt manchmal so.«
    Unnötig zu quatschen. Eins nach dem anderen. Zuerst diese Fahrt hier.
    Auf dem Weg nach Hause. Auf dem Weg nach Irgendwo. Ans Ziel.
    Es kam ihr weich vor, so mitten im Schnee, in der harten Welt, sie fühlte sich entspannt. Hier könnte man einschlafen, während der Schnee fällt. Durch dieses Weiß hindurch komme ich. Kleine Mirja. Nach Hause, zu dir. Dann schlafen wir, nebeneinander schlafen wir, wir schlafen einfach nur.
    »Achtuuung!«, rief Amir.
    Paula machte eine schnelle Lenkbewegung, vom Schneewall am Straßenrand spritzten kleine Brocken auf, ein kurzes Schlingern.
    »Oops«, sagte Paula. »Tschuldigung, ich war in Gedan-ken ... auf einem anderen Planeten.«
    Amir sagte etwas zu seinem Sohn, in seiner Stimme klang Angst durch, aber der Junge reagierte nicht.
    Das ist mir ein cooler Typ, dachte Paula, den interessiert das alles überhaupt nicht. Oder doch? Aber er macht keinen Aufstand. Keinen Stress. Macht sich nicht zum Clown. So geht es dem Schicksal entgegen. Nicht bremsen. Einfach immer weiter.
    Paula überholte einen Bus.
    »He, weißt du ... war das ...«, sagte Amir schrill mit Blick zur Seite. »Jetzt ... sind wir glaub ich ... vorbei.«
    Er hatte Recht. Da wäre die Abzweigung gewesen.
    »Kein Problem«, sagte Paula. Scharfes Einscheren vor dem Bus und ...
    »Hoppala ...«
    Amir schrie auf, hielt die Hände vors Gesicht. Das Auto hüpfte über einen kleinen Kieshaufen, streifte haarscharf eine Verkehrsinsel.
    »Fuchtel nicht so rum, Mann, sonst komm ich noch von der Straße ab«, lachte Paula. Sie sah in den Spiegel. Der Junge war aufgewacht. Wohin war denn die ganze Farbe aus seinem Gesicht verschwunden?
    Vor ihnen lag eine lange, flache Kurve.
    Man soll Spaß haben, so lange man lebt, dachte Paula und erhöhte die Geschwindigkeit.
    Ein Handy klingelte.
    Paula brauchte eine Weile, bevor sie begriff, dass es ihres war.
    Mit einer schnellen Bewegung riss sie es aus der Handtasche neben dem Schaltknüppel.
    Pentti.
    Lass es klingeln.
    Nein, ich nehme ab. Man bleibt leichter wach, wenn man ein bisschen frech wird.
    »Ja ... Ach ja ... Schon unterwegs ... Ich besorg mir ein Annäherungsverbot für dich ... Wo? Na, auf dem Weg nach Afghanistan.«
    Paula lachte. Es war großartig, zu reden, wie einem der Schnabel gewachsen war.
    »Halt dich fern, du Scheißkerl ...«
    »He ... pass ... pass auf!« Das war Amir.
    Das Auto streifte den Rand, Paula versuchte gegenzulenken, zu spät, das Heck rutschte weg, Paula kurbelte am Lenkrad, aber das Auto geriet ins

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