Bondage (German Edition)
Sterne da draußen, während die anderen schlafen. Eines der Kamele scheint mich bemerkt zu haben und scheut.
„Schlaf schön und süße Träume“, wünsche ich ihm, und es verstummt, anscheinend hat es gespürt, dass heute keine Gefahr von mir ausgeht – und dass ich anders bin als meine Kinder, die auf die Wüste achtgeben.
Das weiße Kleid steht mir gut, denn ich möchte ihn nicht erschrecken. Selbst wenn er stark ist, wird er um den Verstand kommen, wenn er mich unverhofft sieht. Man begegnet selten Augen, die einen Durchmesser von etwas über einem Meter haben und aus der Dunkelheit heraus grün leuchten – vor allem, wenn diese Dunkelheit aus einer Höhle mit diesen Dimensionen besteht.
Kapitel Fünfundzwanzig
Shahin
„Sei mir gegrüßt, du, dessen Herz so hell leuchtet wie das Feuer Sachmedias“, spricht mich jemand von der Seite an. Ich erschrecke, zucke zusammen, fange mich allerdings wieder, als ich sehe, dass neben mir nur eine Frau in einem weißen Kleid steht, die nicht einmal bewaffnet ist. Sie ist alt, sehr alt, das sieht man an den Runzeln ihrer Haut und vor allem in ihren Augen. Sie hat viel erlebt in ihrem Leben. Trotzdem dauert es einen Moment, bis ich mich soweit sammeln kann, dass ich ihren Gruß erwidere.
„Sei mir gegrüßt“, flüstere ich, um die anderen nicht zu wecken, denn meine Gabe sagt mir außer einem totalen Gefühlschaos nur noch, dass uns keine Gefahr droht ... zumindest keine akute.
Die alte Frau lächelt und dann bekomme ich ein geistiges Bild von ihr. Keine Worte, keine Sätze, sondern ein Bild. Eine alte Frau in einem weißen Kleid in einer Höhle, eine Eremitin, die den alten Riten folgt. Oder so ähnlich, ich weiß es nicht genau. Das ist auch nicht wirklich wichtig, sagt mir mein Unterbewusstsein, und ich will es gar nicht so genau wissen, stelle ich fest. Ich beschließe, Sachmedia bei passender Gelegenheit nach der Alten zu fragen und ansonsten höflich zu sein. Schließlich sind wir ohne ihre Erlaubnis auf ihren Grund eingedrungen und werden es wohl noch ein zweites Mal tun müssen, vorausgesetzt, es gelingt uns, Brix zu befreien.
Die alte Frau nickt und hält mir fünf Amulette entgegen. Ich habe nicht gesehen, dass sie die Amulette aus einer Tasche gezogen hat, aber auch das ist mir gleich. Eins ist für Brix, fällt mir ein, eins für Nora, eins für Lars und eines für Sven. Das für mich hängt sie mir direkt um den Hals, dann mustert sie mich einen Augenblick, nickt zufrieden, dreht sich um und geht ein paar Schritte den Pfad hinab.
Dunkel, wie es ist, kann ich sie nicht mehr sehen, und ich habe im Moment auch Wichtigeres zu tun.
„Wacht auf“, zische ich leise.
Sven schreckt hoch und schaut auf seine Digitaluhr. „Was ist passiert?“, fragt er mich, leicht unwillig über die Störung seines Schlafs. „Lars ist jetzt dran, ich hab erst in zwei Stunden Wache.“
Ich schüttele Nora und Lars am Arm. „Ich muss euch etwas zeigen.“
Nora öffnet die Augen, und es scheint für einen Moment, als wollte sie mir eine garstige Erwiderung geben, als sie ihre Augen plötzlich ganz aufreißt und mich fassungslos anschaut.
„Wo hast du das her?“, fragt sie mich.
Ich weiß erst nicht, was sie meint, bis Nora mir eines der Amulette aus der Hand nimmt und es mehr als nur erschrocken anschaut.
„Eine alte Einsiedlerin war bei uns und hat sie mir für euch gegeben. Ihr sollt sie umhängen.“
Nora hängt das Amulett sofort um ihren Hals und verbirgt es unter ihrer Bluse. Dann drückt sie Sven und Lars jeweils auch eines in die Hand und rappelt sich auf.
„Wir müssen sofort weiter!“
„Aber es ist dunkel“, gibt Lars zurück.
„Willst du lieber um dein Leben kämpfen?“, fährt Nora ihn an. „Ich habe große Gefahr für uns gespürt, wenn wir weiter hier bleiben. Also los!!!“, fordert sie die beiden auf, die sich tatsächlich vom Boden erheben und ihr zu den Kamelen folgen, diese losbinden, bepacken, und uns dann weiter den schmalen Steig hinab folgen.
Es ist immer noch Nacht, und wir verbringen zwei Stunden damit, unsere Kamele am Stolpern und uns am Herabfallen vom Berg zu hindern. Nach einer Weile kommen wir erneut zu einem kleinen Felsvorsprung.
„Hier können wir den Rest der Nacht ruhen“, flüstert Nora leise. „Hier droht uns keine Gefahr, ich bin mir ganz sicher. Schlaft, ich werde wachen“, sagt sie noch, mehr zu sich selbst als zu uns, und dann schlafen wir endlich ein.
Es macht mir nicht wirklich etwas aus,
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