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Bone 02 - Das Ende des Himmels

Bone 02 - Das Ende des Himmels

Titel: Bone 02 - Das Ende des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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tun hatte.
    Er suchte zwischen den Knochen nach einer behelfsmäßigen Waffe, um die zu ersetzen, die er während des Sturzes verloren hatte. Die meisten waren angekaut oder aufgebrochen, um ans Mark zu gelangen. Doch dann fand er einen, der offenbar übersehen worden war, einen langen Schaft mit einer schweren Keule am Ende.
    »Hiresh?«, rief er. Jetzt hatte es keinen Sinn mehr, sich zu verbergen, da er bereits zu viel Lärm verursacht hatte. Er bekam keine Antwort. Vielleicht war sein einziger Freund im Dach gar nicht mehr am Leben.
    Er schlich durch den Raum, wobei er versuchte, nach Möglichkeit die Wand im Rücken zu haben. Meistens standen ihm Käfige im Weg, und einmal wäre er fast in ein Loch getreten, das ein Schleimrinnsal in den Boden geschnitten hatte. Auch die funkensprühenden Drähte gefielen ihm nicht. Sie waren wie etwas Lebendes, das wütend um sich schlug. Sein Instinkt riet ihm, sich davon fernzuhalten.
    Als er den Raum etwa zur Hälfte umrundet hatte, bemerkte er in einem Käfig eine Gestalt. Sie lag im Schatten und ragte so hoch auf, dass er sie im ersten Moment mit einem der großen Metallklötze verwechselte, die mitten im Raum standen. Doch dann bewegte sie sich, und die Haut glitzerte im matten Licht.
    Stolperzunge blieb wie angewurzelt stehen. Das Wesen schien viel zu riesig, um real sein zu können. Es musste dreimal so schwer wie ein Mensch sein. Er sah, wie sich die Silhouette drehte. Eine handgroße bewegliche Nase hob sich vorsichtig in die Luft, bevor sie sich in Stolperzunges Richtung schlängelte und wie ein tadelnd erhobener Finger innehielt. Dann stapfte der gesamte riesige Körper aus dem Käfig und kam auf ihn zu. Stolperzunge konnte nur tatenlos zusehen und sich nicht von der Stelle rühren. Knochen knackten und zersplitterten unter den Schritten der Bestie. Wie war es die Treppe heruntergekommen, die unter Stolperzunges Gewicht zusammengebrochen war? Er konnte es sich nicht vorstellen. Als das Wesen näher kam, erkannte er mehr Einzelheiten: winzige Augen, kleine fingergroße Ohren, die oben auf dem Kopf flach anlagen, und unter der forschenden Nase schwere Kiefer, deren Größe zu den Ausmaßen des übrigen Körpers passten. Das Wesen hätte Stolperzunges Schädel mit einem Biss zerquetschen können.
    Ein kräftiger Arm hob sich über den Kopf.
    Beweg dich! , dachte Stolperzunge. Endlich gehorchte sein Körper. Er ließ den mickrigen Knochen fallen, den er in der Hand gehalten hatte, wirbelte herum und rannte los, ohne auf die scharfen Knochensplitter zu achten, die in seine Füße schnitten.
    Etwas pfiff an seinem Kopf vorbei und zerbrach an der nächsten Wand. Die Kraft des Wesens entsprach seiner Körpergröße. Stolperzunge rannte um den halben Raum herum und blieb dann stehen. Trotz all der anderen Geräusche dröhnte ihm sein eigener Atem am lautesten in den Ohren.
    Das Wesen war stehen geblieben, vielleicht in der Hoffnung, dass sein Opfer dumm genug war, einmal im Kreis und ihm in die wartenden Arme zu laufen.
    Stolperzunge kroch in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Er sah keine Möglichkeit, einen so starken Gegner zu überwinden. Vielleicht gelang es ihm, wenn er das Wesen beobachtete. Das war eine Weisheit, die er seinem Bruder zu verdanken hatte, demselben Bruder, der ihm alles andere genommen hatte.
    Er lugte um die großen Metallklötze herum, die sich im Zentrum des Raums aneinanderdrängten, und sah das Wesen, das wie ein Wächter vor dem Käfig stand, den es kurz zuvor verlassen hatte. Der Jäger fluchte, aber wenigstens konnte er sich nun denken, wo Hiresh war. Und das Monster wusste auch, wo er zu finden war, denn die Nase zeigte weiterhin unfehlbar in Stolperzunges Richtung.
    Wie konnte er etwas ausrichten? Wie nur? Vielleicht mit den feuerspuckenden Stricken? Doch er wusste nicht genug über sie, und er hatte keine Zeit, damit herumzuexperimentieren.
    Er fragte sich, ob ein so schweres Wesen nur zu langsamen Bewegungen fähig war. Wenn ja, konnte er es vielleicht weit genug vom Käfig weglocken, um nachzusehen, ob sein Freund noch lebte. Doch eine solche Strategie wäre sinnlos, wenn es wie vorhin Dinge nach ihm werfen konnte. Stolperzunge blickte sich um, auf der Suche nach einer Idee, ohne dass ihm der rettende Einfall kam.
    Er seufzte. Er durfte nicht das Risiko eingehen, hier zu sterben, wenn er Indrani so nahe war und seinem Stamm nur noch wenige Tage bis zur Auslöschung blieben. Hiresh war ohnehin schon tot. Er musste tot

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