Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
Vom Netzwerk:
Brüste zu sprechen. Knaak konnte nicht anders. Ja, er hasste diesen Björn, mehr noch als Murk.
    «‹Wenn ich das richtig sehe, bist du wieder zu haben›, sage ich zu ihr. ‹Woher weißt du das?›, sagt sie. Du weißt ja, wie Mäuschen das um vier Uhr morgens im Gat so sagen.» Björn ahmte eine hohe Stimme nach. «‹Woher weißt du das?› – ‹Das merke ich an zwei Dingen›, sage ich. ‹Zwei steinharte Hinweise deuten darauf hin.›»
    Murk wieherte leise. Björn, der nur aus strategischen Gründen oder aus Schadenfreude lachte, machte ein ernstes Gesicht. Zu seiner Überraschung verspürte Aaron keine Eifersucht, weder den ihm von früher her bekannten Schluck Batteriesäure noch die explosive, kindische Wut wegen zweier Brustwarzen, die in den verkehrten Männerkörper stachen – nur Hass. Am liebsten hätte er den beiden erzählt, dass er Millionär war und mit welchen Titten er das zuwege gebracht hatte. Um genau das zu verhindern, um sich selbst im Zaum zu halten, packte er die breite Spitze von Björns Krawatte. Das blau-orange Ding war mit einem doppelten Windsor gebunden, Ian Flemming zufolge das Erkennungsmerkmal eines Schufts.
    «Schlips loslassen, knurr», sagte van der Doelen und tat so, als wollte er ihm eine Ohrfeige verpassen. Aaron beschloss, das Spiel mitzuspielen, und ließ los. Die Krawatten zeigten Außenstehenden, dass Knaak und van der Doelen im Vorstand des Studierendenausschusses waren, für die beiden die definitive Krönung ihrer Tubantia-Zeit. Vor allem Murk hatte die unangenehme Angewohnheit, geradezu staatsmännisch auf sein Studentendasein zurückzublicken, ein Dreiundzwanzigjähriger, der die Bilanz seines Lebens zieht und eine Zigarre aufisst. Natürlich hatte Sigerius ihnen diese Krone aufs Haupt gesetzt, immer wieder Sigerius. Drei Jahre zuvor musste plötzlich auf Teufel komm raus eine Organisation ins Leben gerufen werden, die alle «Studentenaktivitäten koordinieren» sollte. Ein Studierendenausschuss nach dem Vorbild der englischen und amerikanischen Students’ Unions. Er hatte beobachtet, wie Sigerius dem studentischen Leben in Enschede diese neue Verwaltungsebene übergestülpt hatte: ungefähr so, wie beim Konservenhersteller Hak ein Glas Erbsen eingeweckt wird. Insgeheim beabsichtigte er damit, die Abwanderung vom Campus zu stoppen. Die Situation war die, dass Studenten, die sich zunächst – meist mitgerissen von ihren Eltern – vom kompakten, beschaulichen, straff durchorganisierten Campusleben in Drienerlo locken ließen, immer häufiger in die Innenstadt von Enschede zogen, in WGs, in die Nähe der Kneipen und Verbindungshäuser am Oude Markt. Anno 2000 konnte man niederländische Kinder eben nicht mehr auf einer großen Wiese einsperren. Andererseits standen auf dieser Wiese Immobilien im Wert mehrerer hundert Millionen: Studentenwohnheime, Dozentenapartments, eine Mensa, ein Restaurant, ein Supermarkt, eine Hausarztpraxis, eine Zahnarztpraxis, ein Friseursalon, ein Schwimmbad, eine Bibliothek, Kneipen, Theater, Partykeller, Sportplätze, Kunstwerke – Tubantia war der Campus. Der Studierendenausschuss sollte das regeln. Sigerius stellte eine ordentliche Summe bereit. Und er heuerte Björk an, damit der die Leitung übernahm.
    «Komm mit, Bettnässer», sagte Murk. «Der Vater deiner Ex ist auch da.»
    Er schüttelte den Kopf.
    Björn lachte über irgendwas, aber das Geräusch wurde übertönt vom raumgreifenden Rauschen der unzähligen Blätter über ihnen. «Wieso nicht?», fragte er. «Seid ihr nicht dicke Freunde? Oder traust du dich nicht mehr.»
    Aaron wurde auf einmal glühend heiß, die Luft, die ihn umgab, schien aufgeheizt und kurz vor dem Aufflammen zu sein. Er schämte sich, empfand schlagartig explosive Scham. Aber weswegen? An den Visagen von Knaak und van der Doelen ließ sich ablesen, dass er seltsam aussah. Seine Scham hatte nichts mit Jonis Brüsten im Gat zu tun, er schämte sich auch nicht dafür, dass er sie mit ihrem Einverständnis weltweit zur Schau gestellt hatte, Titten, die noch jahrelang wie Wrackholz im Web treiben würden – er schämte sich, weil die beiden recht hatten: Er traute sich nicht mitzugehen.
    «Und, bringt er was, der Studierendenausschuss?», fragte er einfach drauflos. «Das hat so etwas Braves, finde ich. In Utrecht wäre daraus nie was geworden, in einer echten Studentenstadt würden sich die Studentenverbindungen von so einem Studierendenausschuss nichts sagen lassen. Ich dachte immer, gerade die

Weitere Kostenlose Bücher