Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
Vom Netzwerk:
war.
    «In San Francisco habe ich allerdings eine Weile mit Boudewijn Stol zusammengewohnt», schrieb sie, «vielleicht erinnerst du dich an ihn.»
    Boudewijn Stol – mit diesem Angeber war sie also zusammen gewesen. Hinter dem Schock, den Sigerius’ Selbstmord ihm verpasst hatte, juckte jetzt etwas anderes. Bestimmt war es ein alter Reflex, aber er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Joni ihm mit diesem «vielleicht erinnerst du dich an ihn» einen Stich versetzen wollte. Natürlich hatte er Stol nicht vergessen. Die beiden hatten also zusammengelebt. Sobald er sich das ausmalte, Joni mit diesem arroganten Fettsack unter einem Dach, zerbrach irgendwo in seinen Adern eine Ampulle. Das Gift, das unabänderlich mit dieser Zeit verbunden war! Es erstaunte ihn, wie leicht er in seinen Liebeskrampf zurückkatapultiert wurde, ein Echo zwar, aber dennoch: Nervenschmerzen, die er seit Jahren nicht verspürt hatte. Die Geschichte von ihm und Joni war auch eine Geschichte von vier Jahre währender krankhafter Eifersucht. Seiner Eifersucht. Die fortdauernde Angst, dass sie ihn verlassen könnte. Die Angst, verstoßen zu werden. Dass ein anderer seinen Platz einnehmen könnte. Im Bauernhaus. Hinter dem Fotoapparat. (Er: «Wissen Sie, ich habe auch deshalb weitergemacht, weil ich wusste, dass ich ersetzbar war.» Haitink: «Sie meinen, Sie haben sich nicht getraut aufzuhören, weil Sie Angst hatten, sie würde mit einem anderen weitermachen?» Er: «Ja.» Haitink: «War das realistisch, was denken Sie?» Er: «Das erschien mir damals so sicher wie das Amen in der Kirche.»)
    Die Erinnerung an die Hochzeit von Etienne Vaessen überrumpelte ihn, die verhängnisvolle Mattigkeit fuhr ihm erneut in die Knochen, sein lautstarker Übermut, die Erniedrigung – alles kam wieder. Die schreckliche Eifersucht, von der er bei dem Abendessen, das ihn am 13. Mai 2000 von Roombeek ferngehalten hatte, zusammengefaltet worden war.
     
    Sie hatten in ihrem Hotelzimmer zu lange ferngesehen, mussten sich dann beeilen. Also waren sie, während die apokalyptischen Reiter durch sein Viertel galoppierten, mit Tempo hundertvierzig zum Landgut Groeneweide gerast, zu spät. Joni nestelte an seiner schief gebundenen Krawatte, er dachte missgelaunt an die protzige Maßlosigkeit, die ihnen bevorstand. Sie parkten den Alfa neben einem riesigen Weiher, auf dem Schwäne schwammen. «Wir sollten keine Panik verbreiten», legte er Joni ans Herz, als sie die breite Marmortreppe hinaufrannten. Junge Männer in Livree hießen sie höflich willkommen, einer von ihnen hastete voraus durch das kühle Vestibül mit vergoldeten Friesen und mannshohen Ölgemälden an den Wänden. In Nebenräumen trafen andere Lakaien Vorbereitungen für das Fest später am Abend, und irgendwo in den Tiefen des Landhauses probte ein Orchester klezmerartige Musik. Sie machten vor zwei mit Samt beschlagenen Türen halt, die der junge Livrierte behutsam öffnete. Dahinter lag ein Speisesaal, der so hoch und weitläufig war, dass die Gesellschaft in der Ferne aussah wie eine zu Mittag essende Kindergartengruppe. Die Dekoration war noch ein bisschen übertriebener, als er es erwartet hatte. Amphoren mit langstieligen Sonnenblumen, auch hier Porträts und Jagdszenen in Öl, Stuck, Vorhänge mit blaugoldenen Regimentsstreifen, der Boden ein geometrisches Mosaik aus unterschiedlichen Holzarten, über das Kellner mal hierhin, mal dorthin schwebten.
    Mindestens zwanzig Minuten waren ihre Louis-seize-Stühle leer geblieben, störend leer, und als wollte Joni die Verspätung wiedergutmachen, stöckelte sie eilig vor ihm her über den glatten Fußboden und nahm lächelnd hinter einem der unberührten Gedecke Platz. Er selbst knarrte mit wegrutschenden Sohlen um das Karree aus gedeckten Tischen, wobei sein Blick über die Rücken der speisenden Gäste glitt – schwarz und nackt, immer abwechselnd –, aufs rote Ohr des Bräutigams zu, in das hinein er ihr Alibi flüsterte, kurz, euphemistisch: Da herrscht irgendwie ein Durcheinander in Enschede, iss ruhig weiter, alles in Ordnung. Als er, an der anderen Seite des Karrees entlang, zu seinem Platz ging, sah er zu seiner Zufriedenheit, dass die Nachricht über die Feuerwerksfabrik eingeschlagen hatte wie ein Kieselstein in die Brandung: Vaessen lachte schon wieder schallend.
    Joni war, wie sich herausstellte, mit einem älteren Mann in weißem Jackett ins Gespräch gekommen. Er erzählte irgendwas, über das sie lachen musste, «… und

Weitere Kostenlose Bücher