Bonita Avenue (German Edition)
Anschein nach gelöst, «dann muss ich nur ihn hier fragen. Aaron weiß alles über Unternehmensberater.» Wie Joni seine Hinrichtung vollziehen würde, wusste er nicht, aber dass er exekutiert werden sollte, das stand fest. Seine verheerende Eifersucht hatte eine verheerende Wirkung auf sie. Wenn er doch nur von hier verschwinden könnte . «Für ihn hier», fuhr Joni fort, «steht es zum Beispiel außer Frage, dass McKinsey nicht unabhängig ist. Ihr seid korrupt. Laut Aaron fabriziert McKinsey Gutachten auf Bestellung.» Er spürte ihre Hand auf seiner Schulter, sie wollte noch etwas sagen, doch schräg hinter ihm rief eine Stimme seinen Nachnamen.
Alle vier schauten sie nach rechts und sahen, dass der baumlange Bräutigam aufgestanden war und sich hinter seinen speisenden und eifrig redenden Gästen auf sie zubewegte. An Vaessens Ohr klebte ein Telefon, kein schlankes Handy, sondern ein schnurloses Festnetztelefon mit einer kurzen Gummiantenne, er deutete mit seinem zufriedenen Kinn am blonden Kopf auf Aaron. Idiot, dachte der, den Chef zur Hochzeit einladen, Schleimer, Arschkriecher. «Ja, der sitzt hier … Momentchen», sagte Vaessen. «Bever, für dich.» Vaessen reichte ihm das Telefon über den Tisch, hockte sich dann zwischen Stol und Brigitte und begann mit den beiden ein Gespräch.
«Hallo?»
«Mensch, Aaron, du bist nicht erreichbar.»
Er musste kurz nachdenken, bevor er wusste, dass es Thijmen Akkerman war. Thijmen, sein Leibarzt, hatte in Utrecht Medizin studiert, arbeitete aber als Vertriebschef bei einer Firma, die Hightech-Prothesen – computergesteuerte Gliedmaßen, Hüften aus Playmobil-Plastik – herstellte. Thijmen verschrieb ihm schon seit Jahren Schlaftabletten auf den Rezeptvordrucken seines Vaters, der sich sehr wohl Hausarzt nennen durfte. Er klang, als ob er an einem Deltaflieger hinge.
«Thijmen», sagte er, «du musst deutlicher sprechen, ich höre dich kaum. Ich bin auf einer Hochzeit. Wie hast du mich gefunden?»
«Mann, ich hab bei dir zu Hause angerufen», schrie Thijmen, «aber da ging keiner ran. Dann hab ich mich auf die Suche nach dir gemacht, ich steh gar nicht mal so weit von deinem Haus entfernt. Erst dann fiel mir ein, dass ihr ja nach Groeneweide seid.» Das stimmte, Aaron hatte ihm von der Hochzeit erzählt, Thijmen hatte, wie sich herausstellte, dort als Student in der Spülküche gearbeitet. «Dein ganzes Viertel steht in Flammen», fuhr Thijmen fort. «Es ist unglaublich, was hier passiert.»
«Was ist mit meinem Haus?» Vaessen war, fiel ihm jetzt auf, schon wieder abgezogen. Stol und Brigitte sahen aufmerksam zu ihm herüber, Joni aß unbeirrt weiter. Gerade deswegen, gerade weil sie so provokativ weiterfutterte, wusste er, wie er es anpacken musste. Er wusste es.
«Hier brennt es», schrie Thijmen. «Gegenüber von deinem Haus. Ein Flammenmeer, ungelogen. Aber es kann nicht überspringen, heißt es. Die Feuerwehr meint, dass der Wind günstig steht. Ich ruf dich eigentlich nur an, um dich zu beruhigen. Ihr müsst nervlich ja ziemlich am Ende sein.»
«Also überall Feuer», sagte er. «Mein Gott. Und mein Haus?» Er hörte Sirenen im Hintergrund und Gedröhn. «Thijmen, bist du noch dran?»
«Ja, ja, sorry, ein paar Löschwagen mussten vorbei. Moment. Dein Haus steht noch, aber die Glaswand ist kaputt, du weißt schon, die …»
«Die Schiebetür?»
«Ja, genau, die liegt in Scherben. Warte. Man schickt mich weg. Alle Scheiben sind kaputt. Überall. Unglaublich, Mann.»
Er drehte sich zu Joni um und senkte den Daumen nach unten. Er legte die Hand aufs Mikrophon und sagte: «Ich glaube, wir müssen zurück», woraufhin er sich einen Finger ins Ohr steckte und auf Thijmen einzureden begann. «Thijmen, immer mit der Ruhe. Keine Sorge, Joni und ich sind hier in Zaltbommel. Uns geht es gut. Wir essen Kalbfleisch. Wir freuen uns aber, dass du angerufen hast. Ja, ganz schrecklich. Ja. Ja – wir sind in der Nähe. Mit dem Auto sind wir in weniger als einer Stunde da.»
Thijmen hatte schweigend zugehört. «Aaron?» In seiner Stimme war Befremden zu hören. «Du kannst hier nichts machen, Mann. Bleib, wo du bist. Seid froh, dass ihr nicht hier seid. Feiert schön. Ich leg auf, Mann, ich will hier weg.»
«Verstanden, Thijmen, alles klar. Du hast vollkommen recht. Machen wir. Sieh zu, dass du da wegkommst. Bis dann.»
Mit einem Knacken unterbrach Thijmen die Verbindung.
«Was sagst du?», fragte Aaron das Freizeichen. Er schaute einen Moment lang
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