Bony und der Bumerang
Hintergründe der Tat Bescheid wußte, ohne deshalb ein Komplice des Mörders sein zu müssen. Auf jeden Fall aber mußte diese Person bereits vor zwanzig Jahren auf Barrakee gelebt haben.
Bony zog die Liste aus der Tasche und setzte einen Punkt vor die Namen – lediglich drei ließ er noch offen. Er schloß die Augen und überlegte. Plötzlich machte er auch vor den Namen von Mrs. Thornton einen Punkt, und fünf Sekunden später vor den ihres Mannes. Nun blieb nur noch ein Name offen.
»Martha!« murmelte er. »Martha war bereits vor zwanzig Jahren auf Barrakee. Zweifellos war sie gerade im Speisezimmer, als der Sergeant mit den beiden Frauen sprach, und hörte auf diese Weise, was er vorhatte. Martha ist eine Eingeborene – genau wie König Henry.«
Bony schob Liste und Bleistift wieder in die Tasche, erhob sich und setzte seine Wanderung fort. Die Sonne stand tief am Horizont, die Luft wurde merklich kühler. Und da auch die Erde abkühlte, begannen die Ameisen ihr geschäftiges Treiben.
Eine halbe Stunde später – die Sonnenscheibe berührte nun schon die Mulgabüsche – blieb Bony plötzlich stehen, stellte den Wasserbeutel ab, nahm einen Zweig und stieß eine rote Ameise an. Diese Ameise schleppte ein weißes Körnchen. Sie gab sich alle Mühe, es nicht zu verlieren, aber schließlich mußte sie es doch fallen lassen. Bony hob das weiße Körnchen mit der Spitze seines Taschenmessers auf und legte es auf die Handfläche. Es war ein Körnchen weißer Zucker. Clair hatte es aus seinem Verpflegungssack verloren – und nun war es ihm zum Verhängnis geworden.
Es war Sonntag. Henry McIntosh war damit beschäftigt, seine Baumwollhose unter reichlicher Verwendung von Ätznatron auszukochen. Auf diese Weise ersparte er sich mühevolles Rubbeln. Frederick Blair las aus einer Wochenzeitung genüßlich die Einzelheiten eines Sittenskandals vor. Er trug ein makelloses Unterhemd und eine weiße Moleskinhose.
Plötzlich näherten sich – hoch zu Roß – Sergeant Knowles und Bony.
»Guten Morgen, Blair«, grüßte der Polizeibeamte freundlich.
»Als nun die Ehefrau ihren Mann mit der Lebedame unter dem Maulbeerbaum überraschte ... Henry, du hörst ja gar nicht mehr zu?«
Blair blickte über den Rand seiner Brille hinweg zu Henry McIntosh, dann drehte er langsam den Kopf und starrte den Sergeanten an. Langsam legte er die Zeitung weg, nahm die Brille ab und legte sie auf die Zeitung.
»Guten Tag«, sagte er kühl.
»Guten Morgen«, wiederholte Knowles.
»Henry, binde das Pferd des Sergeanten da drüben an den Baum. Und gib ihm etwas Futter«, fügte Blair großzügig hinzu. »Und noch etwas, Henry: Falls ich mit dem Sergeanten Streit bekomme, misch dich bitte nicht ein.«
Henry grinste, nahm das Pferd des Sergeanten und band es an einen Baum, während Bony sein Pferd an einem anderen Baum festmachte. Dann schlurfte Henry zu einem Stapel von Säcken. Sie enthielten Häcksel und Kleie. Er klemmte sich zwei Säcke unter die Arme und brachte sie den Pferden.
Blair deutete mit dem Pfeifenstiel auf den dampfenden Teekessel. »Trinken Sie einen Schluck mit uns, Sergeant. Und essen Sie auch etwas Kuchen. Sie werden Ihre ganze Kraft nötig haben.« Seine Stimme wurde freundlicher. »Guten Tag, Bony. Seit wann sind Sie die rechte Hand eines Bullen?«
»Seit gestern, Fred«, erwiderte Bony ruhig. »Bill Clair entzog sich gestern der Verhaftung, und nun hat man mich als Spurensucher engagiert.«
»Ach! Und was hat Bill ausgefressen? Nehmen Sie sich ordentlich Zucker, Sergeant. Davon wird man schön dick. Also – was hat Clair verbrochen?«
»Er wird wegen Mordes gesucht«, antwortete Knowles. »Wo ist der Kuchen, von dem Sie gesprochen haben?«
Der Sergeant fühlte sich im Lager des Ochsentreibers genauso zu Hause wie im Herrenhaus eines reichen Schafzüchters. Mit einem Aluminiumbecher voll Tee und einer Scheibe Kuchen setzte er sich neben Blair.
»Henry«, rief Blair. »Nach dem Sittenskandal gibt's nun auch noch einen Mord. Sehr passende Themen für einen Sonntagmorgen. Wie war doch gleich der Name des Ermordeten, Sergeant?«
»Ich kann mich nicht erinnern, den Namen erwähnt zu haben.«
»Mr. Knowles, Sie werden von Tag zu Tag raffinierter«, meinte Blair ruhig. »Nun ja –« Er setzte die Brille auf und legte die Zeitung auf seine Knie. Seine Gäste beachtete er nicht weiter. »Henry, wir waren vorhin gerade an der Stelle, wo die Ehefrau ihren Mann mit der Lebedame überraschte, als ich auf unhöfliche
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