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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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meinen …«
    Â»Hören Sie«, sagte Orphan, worauf die Frau vor ihm zurückwich, als
hätte er sie gebissen. »Ich weiß zwar nicht, wer Sie sind, aber ich will Ihnen
nichts Böses. Ich bin … ich fürchte, ich bin ein bisschen durcheinander.«
    Â»Gehörst du zu Moriartys Mannschaft?«, fragte die Alte, die jedoch
mehr mit sich selbst als mit ihm zu sprechen schien. »Nein, das kann nicht
sein. Bist du Soldat? Der zu desertieren versucht?«
    Orphan wusste nicht recht, was er darauf erwidern sollte, aber die
Frau fuhr ohnehin mit ihren laut geäußerten Spekulationen fort. »Nein,
außerhalb der Peripherie hättest du nicht überlebt. Und dennoch …« Plötzlich
schoss sie auf ihn zu, um mit überraschend festem Griff seinen Arm zu packen
und genau zu untersuchen. Als sie die Einstiche des Insekts entdeckte, riss sie
die Augen weit auf.
    Â»Das ist unmöglich.«
    Â»Ich verstehe nicht …«, sagte Orphan.
    Â»Ist das ein Trick?«, fragte die Frau. »Wer hat dich hierher
geschickt?«
    Orphan hielt es für besser, den Bookman nicht zu erwähnen. »Ich
komme aus dem Empire«, erklärte er. »Ich habe allerlei Geschichten über
Calibans Insel gehört. Ich … ich bin ein Abenteurer.«
    Â»Siehst du?«, rief Elizabeth. »Ich hab’s dir ja gesagt!«
    Â»Ich hab dir doch verboten, diesen Ausdruck zu benutzen«, murmelte
die alte Frau. Ohne Orphans Arm loszulassen, sah sie ihn eine Weile aufmerksam
an. Die Zuschauer rührten sich nicht von der Stelle und sagten nach wie vor
kein Wort. Die sind wie Pilze, dachte Orphan. »Also hör auf, so naseweis zu
sein.«
    Orphan konnte Elizabeths Gesicht zwar nicht sehen, doch das
Geräusch, das sie von sich gab, ließ ihn vermuten, dass sie ihrer Großmutter
die Zunge rausgestreckt hatte.
    Â»Deine Mutter«, fuhr die Alte mit bewegter Stimme fort. Wieder
betastete sie sein Gesicht, und Orphan stellte überrascht fest, dass ihre
Finger zitterten. »Wer war sie?«
    Orphan kam plötzlich zu Bewusstsein, wie absurd es war, hier im
Dreck zu knien, in einer nach Pilzen stinkenden Höhle, und über seine Herkunft
ausgefragt zu werden.
    Â»Das weiß ich nicht.«
    Â»Du hast ein Gesicht wie einer von uns«, sagte die Frau. »Folglich
muss auch unser Blut …«
    Â»Mutter, das ist nicht möglich«, warf in diesem Augenblick jemand
ein.
    Der Sprecher trat vor – ein kleiner, kahlköpfiger Mann mit dünnem
Haarkranz. Nachdem er Orphan eindringlich beäugt hatte, schüttelte er den Kopf.
»Er kann keiner von uns sein.«
    Â»Das Blut lügt nicht«, erwiderte die Frau, während sie Orphans Arm
hob, damit alle die Einstiche sehen konnten. »Warum ist er nicht tot?«
    Â»Vielleicht haben die Maschinen einen Fehler gemacht«, vermutete der
Mann, der jedoch auf einmal unsicher klang. »Eine Funktionsstörung in den
Abwehrmechanismen …«
    Die alte Frau schnaubte verächtlich. »Funktionsstörung!«
    Eine große blasse Frau trat vor, um ebenfalls Orphans Gesicht zu
betrachten. Er kam sich vor wie ein Ausstellungsstück in der Egyptian Hall, ein
Automat, dessen einzige Funktion darin bestand, angeguckt und durchgehechelt zu
werden. »Edward kann ja mal nach draußen gehen und versuchen, die Insel zu
verlassen«, sagte sie. »Wenn die Maschinen tatsächlich versagt haben …« Sie
grinste den Kahlköpfigen an, der zurückwich, als jagten ihm ihre Worte Angst ein.
    Â»Die Maschinen haben nicht versagt«, verkündete die alte Frau, deren
Augen jetzt leuchteten, als hätte sie ein Wunder gesehen. »Sie haben in
vierhundert Jahren nicht versagt, und jetzt, da Moriartys Kanone kurz vor der
Vollendung steht, um die Pläne der Echsen in die Tat umzusetzen, werden sie
erst recht nicht versagen!« Sie trat ein Stück zurück und richtete sich zu
voller Größe auf. »Erhebe dich!«
    Nachdem er aufgestanden war, schloss sich der Ring der Zuschauer so
eng um ihn, dass er am liebsten davongerannt wäre. Was dann erfolgte,
überraschte ihn aufs Höchste: Sie fingen an, ihn zu betasten. Hände strichen
über sein Haar, sein Gesicht, seine Schultern. Zahlreiche Finger untersuchten
die Einstiche in seinem Arm. All das ging schweigend vor sich. Während er
reglos dastand, um diese seltsamen unterirdischen Kreaturen nicht zu
erschrecken,

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