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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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dunkel. Außer Orphans Schritten war nicht das Geringste zu hören.
    Er trat ins Geschäft. Auf den Regalen dösten unzählige alte Bücher im
Dunkeln vor sich hin. Als sie seine Anwesenheit spürten, schienen sie ihm
verschlafen etwas zuzumurmeln. Ihm fiel die Bibel im Krankenhaus ein, deren
Anblick Irene Adler beunruhigt und zum Verstummen gebracht hatte.
    Die Bücher haben Ohren, dachte er kichernd bei sich.
    Sein Kichern wurde von all dem Papier ringsum verschluckt. Es gibt
nichts Traurigeres als einen Buchladen ohne Kunden, überlegte er. All die Bände
voller Worte, Ideen und Geschichten, Illustrationen und an den Rand
geschriebenen Anmerkungen existierten nur dann, wenn jemand sie in der Hand
hielt, sie aufschlug, in ihnen las und sie dergestalt zum Leben erweckte, wie
kurz auch immer das sein mochte.
    Aus alter Gewohnheit ging er in sein Zimmer. Sein Bett stand
unbenutzt unter dem vollen Bücherregal. Der Tisch war leer. Da sich seine Augen
inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, unterließ er es, den auf einer
Untertasse stehenden Kerzenstummel anzuzünden. Dunkelheit ist besser, dachte
er. Seine Tage voller Sonnenschein und Licht waren vorüber, der Rhythmus, dem
sein Körper folgte, war gewaltsam verändert worden. Obwohl er die Nacht nicht
liebte, war er jetzt gezwungen, in ihr zu leben. Das werde ich auch noch ein
Weilchen so halten, überlegte er und verließ sein Zimmer, um in den Laden zurückzukehren.
    Dort ging er auf die Souterraintür zu und drückte mit der Hand
dagegen. Die Tür öffnete sich.
    Eine ausgetretene Steintreppe führte nach unten in die Dunkelheit.
Vorsichtig stieg Orphan Stufe für Stufe hinab.
    Am Fuße der Treppe befand sich eine weitere Tür. Aus der unteren
Türritze drang ein schwacher Lichtschein. Ein kleines Schild an der Tür trug
die Aufschrift BIBLIOTHECA LIBRORUM IMAGINARIORUM .
    Unschlüssig blieb er einen Moment stehen. Hinter der Tür war kein
Laut zu vernehmen. Er meinte, den Türken sprechen zu hören. Du bist ein Bauer,
sagte die in seinem Kopf ertönende Stimme und lachte. Bauern können nie
zurückgehen. Sie können sich nur vorwärtsbewegen. Um andere Figuren zu schlagen
oder geschlagen zu werden.
    Das ist keine Schachpartie, wollte Orphan erwidern, doch der Türke
war bereits verstummt. Genau genommen hatte er sich die Stimme nur eingebildet.
    Er drückte die Klinke nieder und öffnete die Tür.
    Im Souterrain war es anheimelnd und behaglich. Wie im Laden säumten
auch hier Bücherregale die Wände. Auf der einen Seite stand ein altes Sofa,
das, soweit Orphan wusste, Jack als Bett diente, obwohl er seinen Freund nie
hatte schlafen sehen. Die Ecken wurden von Tischen eingenommen, auf denen sich
Bücher stapelten. Eine türlose Öffnung führte in einen zweiten, größeren Raum.
    Dort befand sich Jack.
    Er saß vornübergebeugt an einem Tisch und hatte Kopfhörer auf, die
seinen Kopf nahezu vollständig bedeckten. Auch in diesem Raum standen
Bücherregale, ergänzt durch einen kleinen Ofen und eine ziemlich große Kommode.
    Â»Jack«, sagte Orphan.
    Jack reagierte nicht. Er lauschte Geräuschen, die Orphan nicht hören
konnte, und machte sich auf einem Block eifrig Notizen.
    Â»Jack!«
    Orphan trat zu seinem Freund und tippte ihm auf die Schulter.
    Doch nichts geschah. Jack schien Orphans Anwesenheit überhaupt nicht
zu bemerken und fuhr fort, sich Notizen zu machen. Erst nach einer Weile legte
er seinen Federhalter auf den Tisch, richtete sich auf und nahm die Kopfhörer
ab.
    Â»Was ist denn los, Orphan?« Offenbar verstimmte es ihn, dass Orphan
in seine Privatsphäre eingedrungen war. »Seit gestern Abend hast du dich nicht
blicken lassen. Geht es dir gut?«
    Â»Nein«, erwiderte Orphan leise.
    Â»Nein?«
    Â»Nein, mir geht es nicht gut.«
    Jack blickte irritiert drein und rieb sich mit den Händen übers
Gesicht. »Es ist schon spät«, sagte er.
    Â»Oder auch früh«, entgegnete Orphan. »Kommt ganz auf den Blickwinkel
an.«
    Â»Wovon redest du eigentlich? Hör mal, wolltest du was von mir? Ich
bin nämlich sehr beschäftigt, und wenn die Sache bis morgen warten kann …«
    Â»Nein, kann sie nicht«, sagte Orphan, zückte den Revolver und
richtete ihn auf Jack.
    Jack stand erschrocken auf und machte eine beschwichtigende Geste.
»Was zum Teufel soll das? Und wo hast

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